Status: beantwortet

Teilantwort des Bildungsreferats aus dem Bildungsausschuss vom 08.02.24

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,

aktuelle existenzielle Problemlagen wie die Klimakrise, der Verlust von Biodiversität und fruchtbaren Böden, Krieg und Armut lassen sich nur lösen bzw. kontrollieren, wenn es uns gelingt, eine ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltige Lebensweise zu etablieren und inter- sowie intragenerationelle Gerechtigkeit zum leitenden Handlungsprinzip zu erheben. Ohne Bildung ist der dafür notwendige Kurswechsel nicht denkbar, denn die Menschen müssen dessen Notwendigkeit begreifen, um erforderliche Maßnahmen und Limitationen mitzutragen, und sie müssen Gestaltungskompetenzen erwerben, um tatsächlich nachhaltige Handlungsentscheidungen treffen zu können. Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) muss vor diesem Hintergrund priorisiert werden.

Eine zentrale Rolle für die Implementierung von BNE in alle Bildungsbereiche spielt das derzeit im Aufbau befindliche Augsburger Netzwerk “Bildung für nachhaltige Entwicklung”. Auch mit der Inbetriebnahme des Augsburger Umweltbildungszentrums (UBZ) im April 2023, das u.a. als Plattform zur Vernetzung von Akteur*innen aus den Bereichen Bildung, Naturschutz und Nachhaltigkeit dient, eröffnen sich neue Gestaltungsspielräume für die BNE-Arbeit vor Ort. BNE erhält dadurch mehr Gewicht und Sichtbarkeit in Augsburg sowie über die Stadtgrenzen hinaus.

Um diese Entwicklung zu unterstützen und BNE in Augsburg in allen relevanten Strukturen fest zu verankern, stellt die Stadtratsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN folgenden Antrag:

  1. Das Augsburger Netzwerk “Bildung für nachhaltige Entwicklung” soll zur Erweiterung seines Handlungsspielraums perspektivisch mit einem Budget ausgestattet werden. Die Stadtverwaltung soll Möglichkeiten prüfen, ein solches BNE-Budget dauerhaft zu finanzieren.
  2. Um die Orientierung angesichts unterschiedlicher Ansätze und Anbieter*innen zu erleichtern, Angebote zu bündeln und sichtbar zu machen und innovative BNE-Zugänge zu ermöglichen, soll die Stadtverwaltung ein Konzept für eine interaktive BNE-Plattform im Sinne einer analog-digital vernetzten Bildungslandschaft entwickeln. Für dessen Umsetzung sollen geeignete Fördermöglichkeiten geprüft werden.
  3. Die Stadtverwaltung soll ein geeignetes Label entwickeln, um die Augsburger BNE-Arbeit als Marke zu etablieren. Wording und Design sollen mit bereits vorhandenen “Marken” in relevanten Kontexten korrespondieren.
  4. Die Stadtverwaltung soll die Weiterentwicklung ausgewählter Bildungsorte im Sinne einer kritisch-emanzipatorischen BNE auf den Weg bringen – beginnend mit dem Zoo Augsburg.
  5. Die Stadtverwaltung soll prüfen, ob sich die Freifläche östlich des Umweltbildungszentrums als Standort für einen Waldkindergarten mit Bauwagen eignet, um dort Synergieeffekte zwischen den Einrichtungen zu fördern.

Begründung:

Zu 1.: Das Augsburger Netzwerk “Bildung für nachhaltige Entwicklung” hat durch eine vielfältige Zusammensetzung das Potenzial, das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung in die Stadtgesellschaft zu tragen. Für viele denkbare Aktivitäten (Pilotprojekte, Publikationen, Einzelveranstaltungen oder regelmäßige Veranstaltungsformate) sind finanzielle Mittel erforderlich. Damit nicht für jedes einzelne Vorhaben zunächst Mittel akquiriert werden müssen, was zu Verzögerungen oder sogar zum Scheitern vielversprechender Ideen führen kann, sollen Möglichkeiten einer Regelfinanzierung geprüft werden, wie sie beispielsweise das Netzwerk “BenE München e.V.” von der Stadt München für seine Unterstützung bei der Umsetzung, Verankerung und Weiterentwicklung von BNE erhält.

Zu 2.: Die BNE-Arbeit in Augsburg kann durch ein konzeptionell und inhaltlich überzeugendes Onlineportal neue Dimensionen erreichen. Als interaktive Plattform soll es für Orientierung, Sichtbarkeit und innovative Zugänge sorgen. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, sollte ein Augsburger BNE-Portal die Integration bereits existierender Angebote erlauben, mit hochwertigen, teils augsburgspezifischen Bildungsmaterialien (für Lehrkräfte und andere Bildungsakteur*innen) befüllt werden, innovative Bildungsformate anbieten und virtuelle Räume zur Verfügung stellen. Zu prüfen wäre außerdem, inwiefern der Augsburger Digitalrat in den Entwicklungsprozess einbezogen werden kann.

Zu 3.: Ein Label für die Augsburger BNE-Arbeit erhöht den Wiedererkennungswert und demonstriert damit das breite Spektrum an BNE-Aktivitäten, denn BNE spielt in zahlreichen Kontexten eine Rolle. Insofern kann ein Label auch dazu beitragen, BNE-Angebote und -Initiativen von unterschiedlichen städtischen und nicht-städtischen Akteur*innen (Kitas, Schulen, Zoo, Botanischer Garten, UBZ / Umweltstation, Stadtakademie, VHS, unter dem Dach “Blue City”, im Kontext Welterbe etc.) zu kennzeichnen und so die Orientierung zu erleichtern. Auch für Kampagnen ist ein etabliertes Label hilfreich. Um den Mehrwert zu maximieren, sollte ein Augsburger BNE-Label im Hinblick auf Wording und Design an bereits vorhandene Marken anknüpfen. Naheliegend wäre z.B. aus dem UBZ-Label (“UMWELTBILDUNGSZENTRUM AUGSBURG – Zukunft nachhaltig gestalten”) den Dreiklang “Zukunft nachhaltig gestalten” zu übernehmen.

Zu 4.: Augsburg hat zahlreiche explizite und implizite Bildungsorte mit großem Entwicklungspotenzial für die BNE-Arbeit. Einer davon ist der Zoo Augsburg, der als größter Besuchermagnet der Region (rund 600.000 Besuche pro Jahr) eine beachtliche Reichweite hat. Pandemiebedingt ist die Weiterentwicklung des BNE-Angebots in den letzten Jahren ins Stocken geraten. Umso wichtiger ist es, hier nun gezielt anzusetzen. Durch eine Modernisierung des pädagogischen Konzepts im Sinne einer kritisch-emanzipatorischen Nachhaltigkeitsbildung kann die Augsburger BNE-Landschaft maßgeblich bereichert werden.

Eine kritisch-emanzipatorische BNE zielt (im Gegensatz zu einer instrumentellen BNE) u.a. darauf ab, Lernende zur Teilhabe an kontroversen Diskursen zu befähigen, sie in die Lage zu versetzen autonome Entscheidungen zu treffen und die Selbstreflexionsfähigkeit zu stärken. Eine kritisch-emanzipatorische BNE kann transformatives Lernen fördern.

Zu 5.: Die Ansiedlung eines Waldkindergartens in unmittelbarer Nachbarschaft zum UBZ kann wechselseitige Vorteile haben. Einerseits können die Kindergartenkinder sowie das pädagogische Fachpersonal von den BNE-Angeboten des UBZ profitieren, andererseits können die Akteur*innen des UBZ ihre Ideen im Kindergarten niederschwellig umsetzen und weiterentwickeln und ausgereifte Konzepte für die frühkindliche BNE-Bildung erarbeiten. Vorbildhaft kann hier beispielsweise der Naturkindergarten am Biberhof in Sonthofen sein, der direkt an die neue Umweltstation angegliedert ist. Die Umweltstation dort hat bereits unterschiedliche Veranstaltungsformate für Kita-Kinder sowie Fortbildungen für pädagogisches Personal entwickelt. Die Kooperation mit dem Amt für Kindertagesbetreuung soll weiter intensiviert und ggf. ein gemeinsames BNE-Konzept entwickelt werden, um die eingesetzten Ressourcen für BNE-Angebote sinnvoll zu bündeln.

Mit freundlichen Grüßen

Verena von Mutius-Bartholy

Peter Rauscher

Marie Rechthaler

Beteiligte Personen