Status: erledigt | Gesamtkonzept der Stadt Augsburg zur Verbesserung der Situation von Prostituierten (pdf) | Resolution an den Deutschen Bundestag und den Bayerischen Landtag zum Thema Prostitution (pdf)

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

am 25.10.2012 hat der Stadtrat der Stadt Augsburg gegen unsere Stimmen das Verbot der Straßenprostitution beschlossen, welches nun seit Mitte Januar diesen Jahres gilt. Die Fraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN hatte in der damaligen Debatte darauf hingewiesen, dass die Problematik Zwangsprostitution und Menschenhandel auf diese Weise nicht gelöst werde und dass das Thema Prostitution nicht umfassend, sondern nur ordnungsrechtlich angegangen werde. Ein Fachgespräch unserer Fraktion im Dezember 2012 bestätigte diese Einschätzung und die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes.

Nach 10 Jahren Prostitutionsgesetz ist es nun Zeit, Bilanz zu ziehen. Mittlerweile haben im Auftrag des Bundesfrauenministeriums mehrere Evaluationen des Prostitutionsgesetzes stattgefunden. Im Bundesrat und im Bundestag gab es bereits einige Initiativen, um das Prostitutionsgesetz weiterzuentwickeln. So fehlt zum Beispiel die Harmonisierung mit anderen Rechtsbereichen, wie Bau-, Wohnungs- oder Gewerberecht. Eine Möglichkeit wäre zudem, Prostitution als Gewerbe zu behandeln und damit auch unter das Gewerberecht zu ziehen. Auch aus unserer Sicht sind somit Verbesserungen und Weiterentwicklungen notwendig. Das Gesetz insgesamt ist aber nicht in Frage zu stellen.

Um die Situation der Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter in Augsburg zu verbessern, sehen wir – ergänzend zu der bereits von uns beantragten Entwicklung einer Informationsbroschüre – die Notwendigkeit folgender weiterer kommunaler Maßnahmen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellt daher folgenden

Antrag:

  1. Das Gesundheitsamt soll im Rahmen der aufsuchenden Gesundheitsvorsorge tätig werden.
  2. Die Stadt richtet einen Runden Tisch „Sexuelle Dienstleistungen“ ein, um in Zusammenarbeit zwischen Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern, beratender und betreuender Einrichtungen, VertreterInnen von Fachämtern der Stadt und Polizei ein umfassenderes Konzept im Kontext des Prostitutionsgesetzes zu entwickeln, präventive Maßnahmen und niederschwellige Ausstiegshilfen sowie die Verhinderung und Bekämpfung krimineller Handlungen und Einflüsse zu diskutieren.

Begründung:

Auch auf kommunaler Ebene gibt es zahlreiche Möglichkeiten das Thema Prostitution nicht nur ordnungspolitisch zu behandeln:

Zu 1.:

Andere Städte haben vorgemacht, dass aufsuchende Gesundheitsarbeit dazu beiträgt, die Arbeitsstands für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter insbesondere im Bereich des Infektionsschutzes und sexuell übertragbarer Krankheiten zu verbessern. Zusätzlich besteht gerade in nicht eindeutigen Bereichen der freiwilligen Prostitution die Möglichkeit ein „Vertrauensverhältnis“ aufzubauen. Dabei ist es teilweise notwendig auch andere Sprachen zu beherrschen.

Praktisch könnte dies wie folgt umgesetzt werden:

  •  aufsuchende Arbeit an Orten der Prostitution.
  • Erstellung und Verbreitung mehrsprachiger Informationsmaterialien zu Übertragungsmöglichkeiten von Infektionskrankheiten sowie zu gesetzlichen Vorgaben
  • Zusammenarbeit und Schulung mit interkulturellen Mediatorinnen, um Aufklärungs- und Beratungsarbeit auch bei Prostituierten mit Migrationshintergrund abzudecken
  • Hinweise auf Deutschkurse für Prostituierte mit Migrationshintergrund zur besseren Durchsetzung ihrer Interessen gegenüber Kunden
  • Engagement für das Verbot von Werbung für ungeschützte sexuelle Dienstleistungen.

Die Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter nehmen häufig aufgrund ihrer teilweise negativen Erfahrung mit öffentlichen Stellen und der Angst vor Stigmatisierung und Diskriminierung deren freiwillige Beratungsangebote oft nicht an. Durch die langjährige Erfahrung im Prostitutionsbereich und die niedrigschwellige, aufsuchende Arbeit findet ein leichterer Zugang zu Prostituierten und Betreibern und Betreiberinnen von Prostituiertenbetrieben statt.

Zu 2.:

Ein Runder Tisch „Sexuelle Dienstleistungen“ gibt den Betroffenen und mit dem Thema Befassten die Möglichkeit auf gleicher Augenhöhe ihre Anliegen zu formulieren und sich auszutauschen. Die Schwierigkeit, dass nur ein bestimmter Teil von den betroffenen Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern teilnehmen kann, ist der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sehr wohl bewusst. Dennoch halten wir dies als ersten Schritt für eine Diskussion auf Augenhöhe und die Entwicklung von Maßnahmen notwendig.

Mit freundlichen Grüßen

Martina Wild                                              Verena von Mutius
stellv. Fraktionsvorsitzende                Stadträtin

Beteiligte Personen