Status: in großen Teilen angenommen | Nicht-öffentliche Beschlussvorlage wurde dahingehend geändert, dass eine ergebnisoffene Prüfung einer Fusion und auch einer strategischen Kooperation stattfindet | ExpertInnen-Anhörung wird stattfinden | Energie(wende)konzept wird von den Stadtwerken erarbeitet | Formate für Bürgerinformation werden entwickelt | Schriftliche Antwort auf unseren Fragenkatalog (pdf)

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

im Juli diesen Jahres haben der Wirtschaftsausschuss sowie die Aufsichtsräte der Stadtwerke Energie sowie Holding beschlossen, ergebnisoffen mögliche Kooperationsmodelle zwischen den Stadtwerken Augsburg und Erdgas Schwaben zu prüfen. Dem Stadtrat liegt nun der Abschlussbericht einer Machbarkeitsstudie über Kooperationsvarianten vor. Die Machbarkeitsstudie wurde durch die Unternehmensberatung A.T.Kearney erstellt und hat folgende drei Modelle der Zusammenarbeit geprüft: eine strategische Kooperation, ein Joint Venture und eine Fusion.

In der Stadtratssitzung am 20. November soll nun per Grundsatzbeschluss festgelegt werden, ob es eine Zusammenarbeit geben soll und welche Form der Zusammenarbeit gegebenenfalls bis zum nächsten Frühjahr konkret vorbereitet und im Detail ausgearbeitet werden soll. Die Beschlussvorlage sieht als weiter zu verfolgende Kooperationsvariante die Fusion vor. Über diese Fusion mit all ihren Details soll dann im April oder Mai 2015 endgültig im Stadtrat abgestimmt werden.

Die Abstimmung über die zukünftige Form der Zusammenarbeit zwischen den Stadtwerken Augsburg und Erdgas Schwaben ist für die Augsburger GRÜNEN eine der zentralen und wichtigsten Abstimmungen in der aktuellen Stadtratsperiode. Bis auf eine sehr knappe Meldung auf der Internetseite der Stadt Augsburg gibt es allerdings keine öffentlichen Informationen und Details zur geplanten Zusammenarbeit. Dies ist der Dimension und Tragweite dieser Stadtratsentscheidung aus unserer Sicht überhaupt nicht angemessen.

Wir sind der Meinung, dass auf Basis der bisher vorliegenden Informationen noch keine Grundsatzentscheidung im Stadtrat getroffen werden kann.

Vor einer Abstimmung über das weitere Vorgehen müssen zuerst die BürgerInnen ausreichend informiert und beteiligt, ein Energiekonzept erstellt und die Zusammenarbeitsvarianten neutral geprüft werden.
 
1. Transparenz und Öffentlichkeitsbeteiligung

Die Augsburgerinnen und Augsburger haben ein Recht darauf, über die Veränderungen „ihres“ Stadtwerks informiert zu werden und darüber auch ausreichend mitdiskutieren zu können. Deshalb ist es notwendig vor jeglicher Grundsatzentscheidung und/oder Stadtratsabstimmung umfassend zu informieren und die Öffentlichkeit sowie Verbände und Initiativen mit einzubinden. Es ist nicht verständlich, warum die erst vor kurzer Zeit aufgekommene Frage der Zusammenarbeit nun innerhalb einer kurzen Zeitspanne entschieden werden muss. Zudem muss insbesondere und erst recht gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern erklärt werden, warum überhaupt Formen einer Zusammenarbeit geprüft werden sollten. Mehr Zeit für eine Öffentlichkeitsbeteiligung ist daher dringend notwendig.

2. Erstellung eines Energiekonzeptes

Eine der zentralen Herausforderungen für die Stadtwerke ist die Unterstützung der Energiewende und ihre Umsetzung vor Ort (lokale Projekte der Energiewende wie Windkraftanlagen, Blockheizkraftwerke, intelligente Netze, Contracting, Energieberatung, Solardachausbau). Bisher ist nicht ersichtlich, was eine Zusammenarbeit der Stadtwerke Augsburg und Erdgas Schwaben an Verbesserungen und konkreten Maßnahmen in den Bereichen Erneuerbare Energien, Energiesparen und Energieeffizienz für die Stadt Augsburg sowie für die Stadtwerke Augsburg mit sich bringt. In den bisher veröffentlichten Angaben wird ein konkretes Energiewende-Konzept nicht erwähnt.

3. Neutrale Prüfung der Auswirkungen einer Zusammenarbeit

Die Stadtwerke Augsburg sind zu 100 Prozent in der Hand der Stadt Augsburg. Wenn es zu einer Fusion der Stadtwerke Augsburg mit Erdgas Schwaben kommt, gilt dieser Grundsatz nicht mehr. Einen Anteil an den Stadtwerken Augsburg hätte dann die Thüga AG mit Sitz in München. Eine Fusion soll nach den derzeit vorliegenden Informationen der Unternehmensberatung „Einsparungen“ von 9,5 bis 11,3 Millionen Euro bringen. Dabei wird im Detail überhaupt nicht erklärt, worin diese „Einsparungen“ konkret bestehen. Der Stadtrat soll nicht auf der Basis einer einzigen Machbarkeitsstudie einer Unternehmensberatung entscheiden.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellt daher folgenden

Antrag:

  1. Der Tagesordnungspunkt 3 der nicht-öffentlichen Sitzung des Stadtrats vom 20.11.2014 wird abgesetzt.
  2. Die Stadt Augsburg und die Stadtwerke Augsburg führen Informationsveranstaltung durch, bei der die Stadt, die Stadtwerke und Erdgas Schwaben detailliert informieren und Fragen zu Kooperationsmöglichkeiten beantworten.
  3. Die Stadt Augsburg und die Stadtwerke Augsburg führen eine öffentliche ExpertInnenanhörung durch. Alle Fraktionen im Stadtrat können ExpertInnen für die Anhörung benennen. Organisationen und Initiativen wie attac, die Wasserallianz und die Lokale Agenda werden ebenfalls eingebunden.
  4. Stadtwerke und Erdgas Schwaben sollen ein Energiekonzept inklusive der Planungen und konkreten Maßnahmen für die Umsetzung der Energiewende vor Ort erstellen. Dieses Konzept muss Bedingung sein für eine Entscheidung über eine Zusammenarbeit und vor einem Beschluss im Stadtrat vorliegen.
  5. Eine neutrale Vergleichsstudie, in der die möglichen Arten der Zusammenarbeit auf die betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Fragen hin überprüft werden, sollte erstellt werden.

Außerdem müssen folgende Fragen im Vorfeld einer Entscheidung adäquat beantwortet werden:

  • Warum soll eine Fusion überhaupt angestrebt werden?
  • Welche Rechte verbleiben der Stadt Augsburg, wenn sie nicht mehr alleiniger Anteilseigner ist? Wie verändert sich die Position der Stadt Augsburg?
  • Welche Rechte erhält dann die Thüga-AG? Kann sie Gewinne der Stadtwerke Augsburg abschöpfen, wenn ja bis zu maximal welcher Höhe? Welchen Anteil hat die Thüga-AG konkret? Welche Konsequenzen hat es, wenn die Thüga Anteile oberhalb der Sperrminorität von 25 Prozent hat?
  • Welche Dienstleistungen soll die Thüga AG erbringen? Welche Dienstleistungen werden durch die Beteiligung der Thüga AG billiger bzw. was kann die Thüga AG besser?
  • Wie können die Einsparungen von 9,5 bis 11,3 Millionen Euro im Detail erzielt werden? In welchen Bereichen würde eine Fusion wirklich einen Mehrwert haben?
  • Ist es rechtlich möglich und wird angestrebt eine vertragliche Absicherung vorzunehmen zum Schutz vor einem Weiterverkauf der Thüga-Anteile an Dritte?
  • Verändert sich die Abführung an die Stadt im Falle einer Fusion? Verändert sich die Konzessionsabgabe?
  • Wie wird das im Grundsatzbeschluss vom 23.06.14 zur Zusammenarbeit mit Erdgas Schwaben formulierte Ziel der Aufrechterhaltung des steuerlichen Querverbundes zum Erhalt und Ausbau eines attraktiven ÖPNVs gewährleistet?
  • Wie soll das fusionierte Unternehmen zukünftig heißen? Soll es eine neue Marke geben? Wer entwickelt diese ggf.? Welche Werbemaßnahmen sind ggf. beabsichtigt?
  • Führen die Einsparungen trotz der Prämisse „keine betriebsbedingten Kündigungen“ mittel- und langfristig zum Personalabbau? Wie wird ausgeschlossen, dass nicht durch die „Hintertüre“ in den nächsten Jahren nach einer Fusion Personal abgebaut wird?

Mit freundlichen Grüßen

Martina Wild, stv. Fraktionsvorsitzende
Christian Moravcik, Stadtrat
Stephanie Schuhknecht, Stadträtin
Cemal Bozoglu, Stadtrat
Antje Seubert, Stadträtin
Pia Haertinger, Stadträtin
Verena v. Mutius, Stadträtin

Beteiligte Personen