Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

Anfang Mai diesen Jahres wurde in Augsburg eine teils heftige Kulturdebatte geführt. Unsere Fraktion begrüßte diese Debatte ausdrücklich, da wir eine gesellschaftliche Diskussion über die Rolle und Aufgaben städtischer Kultureinrichtungen wie auch des Theaters und die Erwartungen der Augsburger Stadtgesellschaft hierzu für dringend nötig halten. Die Stadtgesellschaft muss sich darüber vergewissern, welche Aufgaben ihre kulturellen Institutionen, wie etwa Theater, Museen oder Stadtbücherei in Zukunft wahrnehmen sollen, um die kulturelle Teilhabe von möglichst vielen Bürger/innen zu ermöglichen. Diese inhaltliche Diskussion halten wir gerade im Hinblick auf das Große Haus für zwingend nötig, um auf dieser Basis eine zukunftsfähige Planung der Sanierung des Großen Hauses zu erreichen.

Es muss beispielsweise diskutiert werden, welche Maßnahmen hilfreich sein können, dass für unterschiedliche Menschen unterschiedliche Anknüpfungspunkte für kulturelle Teilhabe geschaffen werden.

Untersuchungen haben gezeigt, dass die Unterschiede für kulturelles Interesse weniger zwischen Menschen unterschiedlicher ethnischer Herkunft bestehen, sondern viel mehr zwischen verschiedenen sozialen Milieus, wobei sich der Faktor Bildung als stärkste Einflussgröße erweist.

Die Debatte über Aufgabe und zukünftige Ausrichtung des Theaters, über kulturelle Teilhabe und Öffnung des Theaters muss sich daher auch mit der Überwindung sozialer Grenzen befassen. Deshalb  ist es von zentraler Bedeutung, dass die Debatte über das Sanierungskonzept des Theaters umfassend geführt wird um Klarheit darüber herzustellen, welche Sanierungs- und Umbaumaßnahmen erforderlich sind, um auch den inhaltlichen, gesellschaftlichen Anforderungen an Theater gerecht werden zu können.

Wir stellen daher den Antrag:

  1. Die Verwaltung wird beauftragt eine öffentliche Anhörung zum Thema Theaterentwicklung, Theater der Zukunft, durchzuführen.

Dabei sollen mit Hilfe einer externen erfahrenen Moderation und unter Einbeziehung der Theaterleitung, einer Vertretung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Theaters, externer Theaterexperten, einer Vertretung der  in Augsburg ansässigen kleineren Theater(z.Bsp. Junges Theater, s`ensemble Theater),der Theatergemeinde, der Theaterfreunde, Vertreter/innen des Kulturrats und des Kulturbeirats und den Augsburger Bürgerinnen und Bürgern folgenden Fragestellungen nachgegangen werden:

  • Welchen Anforderungen und Aufgaben muss sich Theater stellen, um zukunftsfähig zu sein?
  • Welche Funktion kann und muss  Theater in einer sich wandelnden  Stadtgesellschaft erfüllen? Wie kann Theater zur zukunftsfähigen Entwicklung unserer Stadt beitragen?
  • Mit welchen Maßnahmen kann eine gesellschaftliche, interkulturelle Öffnung und kulturelle Teilhabe möglichst aller gesellschaftlichen Gruppen erreicht werden?
  • Welchen Bildungsauftrag hat Theater heute und wie kann es diesem gerecht werden?
  • Welche baulichen, personellen und finanzielle Voraussetzungen und Strukturen braucht ein zukunftsfähiges Theater?

2.    Die Ergebnisse und Vorstellungen, die sich aus dieser Anhörung ergeben, sollen als Grundlage dafür dienen, ein Leitbild für die Entwicklung und Ausrichtung des Theaters der Stadt Augsburg zu erarbeiten, das dann auch bei den baulichen Planungen berücksichtigt wird.

 Begründung:

Die Sanierung des großen Hauses steht seit Jahren an, wobei es sich hier nicht um bloße „Reparaturmaßnahmen“ handelt, sondern um eine Generalsanierung mit Kosten allein für die erste Bauphase in Höhe von bis zu 30 Millionen €. Unsere Fraktion hält die Sanierung für dringend notwendig und fordert seit Jahren, damit endlich zu beginnen, allerdings sind wir der Meinung, dass zu diesem Zweck   Leitlinien für die zukünftige Theaterentwicklung erarbeitet werden müssen, um darauf aufbauend über die entsprechenden baulichen Anforderungen und Prioritätensetzung entscheiden zu können. Diese Diskussion haben wir bereits vor der Entscheidung über die zweite Spielstätte, leider vergeblich, eingefordert.

Anfang Juni 2012 hat unsere Fraktion dann ein eigenes Thesenpapier zur Zukunft des Theaters Augsburg entwickelt. Leider konnte die entsprechende Diskussion im Kulturausschuss bisher dazu nicht geführt werden. Es geht uns bei dieser Diskussion nicht um die Frage 3-Spartenhaus oder 2-Spartenhaus, wie dies Kulturreferent Grab einbringt.

Es geht vielmehr um die Frage, welche Aufgaben und Erwartungen ein städtisches Theater in Zukunft erfüllen kann und muss und welche baulichen, personellen, finanziellen Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit unser Theater dies dann auch leisten kann. Welche Räume braucht das Theater, wenn es einen noch stärkeren Schwerpunkt auf kulturelle Bildung legt. Können z.B. die für den klassischen Theaterbetrieb genutzten Vorräume für Veranstaltungen im Rahmen der kulturellen Bildung genutzt werden und wie müssen diese beschaffen sein.

Die Zeit drängt. Sowohl Baureferent Merkle fordert klare politische Vorgaben ein, wie viel Geld für welche Sanierungsmaßnahmen ausgegeben werden soll, als auch Finanzreferent Weber mahnt, dass nun der Kulturausschuss sich dringend mit der Grundsatzfrage auseinandersetzen müsse, was gemacht werden soll.

Mit freundlichen Grüßen

Reiner Erben, Fraktionsvorsitzender
Martina Wild, stv. Fraktionsvorsitzende
Eva Leipprand, stv. Fraktionsvorsitzende
Verena von Mutius, Stadträtin
Christian Moravcik, Stadtrat
Dieter Ferdinand, Stadtrat

Beteiligte Personen