Nachhaltige Entwicklung ist die Antwort auf die drängendsten Fragen unserer Zeit. Der Klimawandel mit seinen vielfältigen, verheerenden Folgen, der Verlust von (fruchtbaren) Böden und Biodiversität, Kriege, Armut oder Zoonosen – all diese existenziell bedrohlichen Probleme lassen sich nur lösen bzw. beherrschbar machen, wenn es uns Menschen gelingt, den momentanen Zerstörungskurs zu ändern und eine nachhaltige Lebensweise zu erreichen. Ohne Bildung ist dieser Kurswechsel nicht denkbar, denn die Gesellschaften müssen dessen Notwendigkeit begreifen, um erforderliche Maßnahmen und Limitationen mitzutragen und brauchen gewisse Gestaltungskompetenzen, um nachhaltige Handlungsentscheidungen treffen zu können. Deswegen ist Bildung für nachhaltige Entwicklung ein zentrales politisches Thema unserer Stadtratsarbeit: Mit dem Umweltbildungszentrum (UBZ) bekommt Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in Augsburg nun mehr Gewicht, mehr Gestaltungsspielräume und vor allem eigene Räume.

Was wäre, wenn Obst und Gemüse maximal 100 km vom Ort der Erzeugung bis zum Verbrauch transportiert werden dürfte? Anhand solcher Visionen werden bei der Augsburger Zukunftsbox, einem Gruppenspiel auf Grundlage der Augsburger Zukunftsleitlinien, mögliche Zukunftsszenarien erstellt und diskutiert. Welche Zukunft wünschst du dir? Welche Zukunft ist dein größter Albtraum? Beim Spielen ergeben sich spannende Blickwinkel und wertvolle Denkanstöße. Dieses Spiel, das wir selber schon getestet haben,
gehört zum Repertoire des städtischen BNE- Angebots.

Bildung für nachhaltige Entwicklung – was ist das eigentlich?

Die Idee einer nachhaltigen Entwicklung wurde in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts aufgegriffen und definiert als “eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen” (Brundtland-Bericht, 1978). Seitdem prägt dieser Ansatz den internationalen umweltpolitischen Diskurs. Soziale Gerechtigkeit zwischen den Generationen sowie innerhalb der globalisierten Weltgesellschaft ist neben ökologischer Tragfähigkeit und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit der zentrale Leitgedanke (in einigen Modellen gelten Gesundheit, Politik oder wie bei den Augsburger Zukunftsleitlinien Kultur als vierte Nachhaltigkeitsdimension). Die entscheidende Bedeutung von Bildung für das Erreichen der Nachhaltigkeitsziele hat sich im Laufe der Zeit immer deutlicher herauskristallisiert, weshalb die Vereinten Nationen die Jahre 2005 bis 2014 zur UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung” erklärt haben. Es folgten u. a. das Weltaktionsprogramm “Bildung für nachhaltige Entwicklung” (WAP BNE, 2015–2019) sowie der nationale Aktionsplan “Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (NAP BNE, 2017), zu dessen Umsetzung sich die Stadt Augsburg 2017 durch einen Grundsatzbeschluss, der von mir als Grünem Umweltreferenten erarbeitet wurde, verpflichtet hat. Die Programme orientieren sich an der Agenda 2030 mit ihren 17 Nachhaltigkeitszielen (Sustainable Development Goals/SDGs) – darunter “inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung und die Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle”. In Augsburg spiegeln sich die SDGs in den 20 Zukunftsleitlinien, die der Stadtrat am 29. Juli 2015 als orientierende Grundlage für eine nachhaltige Entwicklung der Stadt beschlossen hat und die 2021 gemeinsam mit engagierten Bürger*innen weiterentwickelt wurden (S2 = Ganzheitliche Bildung).

Akteur*innen, Strukturen und Handlungspraxis

Augsburger Bürger*innen sollen befähigt werden, gemeinsam ein zukunftsfähiges Augsburg zu gestalten. Seit 2019 gibt es ein heterogenes BNE-Netzwerk, das Aktive
aus den unterschiedlichsten Bereichen zusammenbringt – z. B. aus Stadtverwaltung (einschließlich der Schulen), Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Bislang sind im Augsburger BNE-Netzwerk neben vielen weiteren Akteur*innen die Umweltstation des Landschaftspflegeverbands Stadt Augsburg, die Fachstelle für Schulentwicklung und Bildung, das Umweltamt mit der Abteilung Klimaschutz, der Botanische Garten, der Zoo Augsburg, der Waldpavillon, das Naturmuseum und das Büro für gesellschaftliche Integration miteinander verbunden. Bestehende Strukturen sollen gestärkt und weiterentwickelt werden. Fachliche Unterstützung durch Vorträge oder ein Methodenhandbuch für Multiplikator*innen finden die BNE-Akteur*innen (und alle anderen Interessierten) in der Augsburger Zukunftsbox, einem städtischen Online-Portal, das neben diversen Bildungsmaterialien auch das eingangs erwähnte gleichnamige Szenario-Spiel vorstellt: www.zukunftsbox.augsburg.de. Die Mitglieder des Netzwerks profitieren außerdem von kollegialer Beratung, gemeinsamen Projekten und Fortbildungen. Im Juni 2022 hat etwa ein produktiver Austausch mit den BNE-Verantwortlichen aus Hamburg und Heidelberg stattgefunden, wo die Implementierung von BNE in kommunale Strukturen schon sehr weit fortgeschritten ist. Kooperativer Austausch und ein offener Blick über den Tellerrand können unsere Stadt entscheidend voranbringen! Weil es uns ein wichtiges Thema ist, hat BNE in Augsburg inzwischen ein solides Fundament aus etablierten Strukturen und Angeboten – darunter beispielsweise das Ökoschulprogramm des Kommunalen Energiemanagements (KEM), das schon seit 2002 ein Energiesparprogramm mit Augsburger Schulen umsetzt und dabei einen nachhaltigen Umgang mit Energie und Ressourcen anregt, oder die vielen tollen ziel- und altersgruppengerechten Bildungsangebote der Umweltstation Augsburg – wie beispielsweise die Aktion “Prima-Klima-Pausenbrot” (Kinder), der “Umweltcampus” (Jugendliche) oder das Programm “Nachhaltiger Lifestyle – Die Welt ist nicht genug?!” (Erwachsene).

 

DIESE ZEITKAPSEL WURDE ZUR GRUNDSTEINLEGUNG IM OKTOBER 2020 IM FUNDAMENT DES UBZ VERSENKT. SIE ENTHÄLT VAKUUMIERTE PFLANZENSAMEN DER BESONDERS ARTENREICHEN HEIDEFLÄCHEN IM NATURSCHUTZGEBIET STADTWALD AUGSBURG.

Diese Zeitkapsel wurde zur Grundsteinlegung im Oktober 2020 im Fundament des UBZ versenkt. Sie enthält vakuumierte Pflanzensamen der besonders Artenreichen Heideflächen im Naturschutzgebiet Stadtwald Augsburg.

Das Umweltbildungszentrum

Eine Schlüsselrolle im Hinblick auf die künftige BNE-Arbeit in Augsburg wird auch das Umweltbildungszentrum (UBZ) am Botanischen Garten spielen, das im April 2023 seinen Betrieb aufnimmt und Informationszentrum, Inspirationsort, Anlaufstelle und Diskussionsplattform werden soll. Beeindruckend ist das Gebäude mit seiner geschwungenen Wand aus Stampflehm, das nach den Prinzipien Konsistenz (Energieversorgung zu 100% auf Basis erneuerbarer Energien, sparsamer Primärenergieeinsatz beim Bau, Verwendung regenerativer Rohstoffe), Suffizienz (Flächenbedarf und Materialeinsatz möglichst gering) und Effizienz (Energieeffizienz hoch) geplant und gebaut wurde. Schon in 25 Jahren fällt die Gesamtenergiebilanz des Gebäudes positiv aus! Auch bei der Innenausstattung sind Nachhaltigkeitskriterien zentral. Oft entstehen dadurch erstmal höhere Kosten, was sich auf Dauer aber auszahlt. Deshalb freuen wir uns, dass wir im letzten Nachtragshaushalt trotz der angespannten finanziellen Lage Mittel dafür hinterlegen konnten. Auch zusätzliche Personalmittel sind vorgesehen, denn gute Bildungsarbeit erfordert personelle Ressourcen. Betreiberin des UBZ wird vorrangig die Umweltstation sein, die nun endlich, nachdem ihr Angebot seit dem Gründungsjahr 2007 stetig gewachsen ist, eigene Veranstaltungsräume erhält. Annähernd 650 Veranstaltungen mit rund 12.000 Teilnehmenden hat die Umweltstation 2019 durchgeführt. Künftig sollen es bis zu 1.500 Veranstaltungen pro Jahr werden. Um diesem gesteigerten Aufwand Rechnung zu tragen, haben wir uns sehr dafür eingesetzt, dass der Landschaftspflegeverband als Träger der Umweltstation künftig einen höheren Mitgliedsbeitrag von der Stadt Augsburg erhält.

Wo stehen wir? Wo wollen wir hin?

Der konzeptionelle Rahmen für die bisherige BNE-Arbeit in Augsburg ist das Gesamtumweltbildungskonzept, das der Stadtrat vor rund fünf Jahren beschlossen hat. In jedem der drei formulierten Zielbereiche sind wir ein gutes Stück vorangekommen. BNE ist heute sichtbarer (z. B. auf der städtischen Website und bei zahlreichen Veranstaltungen), BNE-Akteur*innen sind vernetzt und werden qualifiziert (z. B. im Rahmen der Qualifizierungsfortbildung durch die Umweltstation) und Institutionen wie die Umweltstation wurden und werden gefördert und sukzessive ausgebaut (z. B. durch den Bau des UBZ). Das städtische BNE-Konzept, das u. a. auch die formale Bildung einschließt, wird im Moment weiterentwickelt. Sobald dieses Konzept ausgearbeitet und abgestimmt ist, bewirbt sich die Stadt bei der UNESCO um die Auszeichnung als BNE-Kommune.

 

DAS NEUE UMWELTBILDUNGSZENTRUM SOLL IM APRIL 2023 ERÖFFNEN. DIE FAHRRADABSTELLPFÄTZE WARTEN SCHON AUF ZAHLREICHE BESUCHER*INNEN.Das neue Umweltbildungszentrum soll im April 2023 eröffnen. Die Fahrradabstellplätze warten schon auf zahlreiche Besucher*innen.

Beteiligte Personen