Um Augsburg zukunftsfähig aufzustellen und die Klimaziele einzuhalten, spielt der Bereich Wärme eine große Rolle und bietet ein hohes Einsparpotenzial. Wir haben für euch recherchiert und einen Themencheck zusammengestellt, der einen aktuellen Stand zum Thema Wärmewende in Augsburg liefert.

Ein essentieller Bestandteil der Wärmewende wird der Ausbau der Fernwärme sein. Schaut euch zu diesem Thema gerne unseren Fernwärme-Themen-Check aus dem Sommer dazu an. Dort findet ihr ausführliche Informationen zu dieser Form der Wärmeversorgung, den damit verbundenen Vorteilen im Hinblick auf den Klimaschutz und Angaben zu den Kosten und Ausbaumöglichkeiten.

Was bedeutet der Begriff Wärmewende und wie steht Deutschland mit Blick auf die Wärmeversorgung da?

Der Begriff “Wärmewende” umfasst Aktivitäten, die darauf abzielen, Wärmeenergie bspw. durch Effizienzsteigerungen einzusparen und den Wärmeverbrauch zu dekarbonisieren – vor allem durch die Nutzung Erneuerbarer Energien.

Aktuell werden fast 21 Millionen Wohnungen in Deutschland mit Gas beheizt. Durch den russischen Angriffskrieg und die Energiekrise stellt die Versorgung dieser Haushalte nun eine große Herausforderung dar. Zudem ist angesichts des Klimawandels der Umstieg auf erneuerbare und klimafreundlichere Energien zur Einhaltung des 1,5°-Grad-Ziels notwendig.

Um diesen Anforderungen zu begegnen, soll mittels kommunaler Wärmeplanung der Umbau erleichtert und die Abstimmung der beteiligten Akteur*innen koordiniert werden. Durch Wärmeplanung sollen langfristig Geldbeutel und vor allem auch das Klima geschont werden. Diese Umstrukturierung ist auf Jahre bzw. Jahrzehnte angelegt und somit ein langfristiger Prozess.

In Baden-Württemberg gibt es bereits seit Anfang 2021 für größere Kommunen die Pflicht zur Erstellung eines kommunalen Wärmeplans, in Schleswig-Holstein seit Ende 2021. Die Bundespolitik erwägt eine bundesweite Verpflichtung zur kommunalen Wärmeplanung. So steht im Koalitionsvertrag: “Wir werden uns für eine flächendeckende kommunale Wärmeplanung und den Ausbau der Wärmenetze einsetzen. Wir streben einen sehr hohen Anteil Erneuerbarer Energien bei der Wärme an und wollen bis 2030 50 Prozent der Wärme klimaneutral erzeugen.”

Wie sieht die derzeitige Lage in Augsburg aus?

In Augsburg gibt es eine stark ausgebaute Gasinfrastruktur, die für 57% der Haushalte den Bedarf an Wärme und Warmwasserbereitstellung deckt. Der Anteil an Fernwärme liegt mit 18% ungefähr gleichauf mit Heizöl (16%). Auf Wärmepumpen (2%), Stromspeicheröfen (1%) und Holzheizungen/Pellets (6%) entfällt der restliche Anteil an Wärmebedarf.

Die CO2-Bilanz des Wärmeverbrauchs ist abhängig vom Energieträger. In Augsburg gehen 62% der CO2-Emissionen (einschließlich CO2-Äquivalente, kurz: CO2e) auf Kosten des Energieträgers Gas, 24% auf Heizöl und rund 9% auf Fernwärme. Fernwärme emittiert pro kWh 112 g CO2e, bei Erdgas sind es 208 g CO2e – bei Heizöl sind es sogar 298 g CO2e.

Der Wärmebedarf für Raumwärme und Warmwasser liegt für das gesamte Stadtgebiet bei 2.120 GWh, was einem Wärmebedarf von 7.089 kWh pro Augsburger*in pro Jahr entspricht. In dicht besiedelten Gebieten, also vor allem in der Augsburger Innenstadt, ist die Wärmedichte am größten. Hier ist ein Ausbau der Fernwärmenetze sinnvoll. Für weniger dicht besiedelte Gebiete müssen jeweils passende Versorgungsstrukturen ermittelt werden. Genau hierfür ist eine kommunale Wärmeplanung wichtig.

Was passiert gerade für und in Augsburg, um die Wärmewende und kommunale Wärmeplanung voranzutreiben? 

Augsburg wartet nicht ab, bis der Freistaat Bayern für die Wärmeplanung gesetzliche Rahmenbedingungen schafft. Vielmehr begann unter Federführung des Klimaschutz- und Umweltreferats im Sommer 2022, am 15. Juli, das Projekt zur Erstellung eines kommunalen Wärmeplans für Augsburg. Hierfür arbeiten das Umweltamt, die Stadtwerke Augsburg (swa) sowie projektbegleitend und unterstützend die Forschungsgesellschaft für Energiewirtschaft (FfE) zusammen, die bereits für die Stadt München einen Wärmeplan erstellt hat. Grundlage dafür sind vom Umwelt- und Klimaschutzreferat vorbereitete Beschlüsse des Stadtrats zum Blue-City-Klimaschutzprogramm und die in der Klimastudie herausgearbeitete Bedeutung des Sektors Wärme für die CO2-Bilanz. Durch die Beteiligung der swa als Energieversorger und zugleich Inhaberin von Daten ist eine entscheidende Akteurin bereits mit an Bord.

Es gibt immer wieder Veranstaltungen, um die Öffentlichkeit zu informieren und die Stadtgesellschaft einzubinden. Als Projektabschluss soll im Sommer 2023 eine Beschlussvorlage für die Politik, also den Stadtrat, vorliegen.

Angestoßen wurde der Augsburger Wärmeplan durch die Studie „Klimaschutz 2023“ und die städtische Task Force Klimaschutzmaßnahmen. Davon ausgehend beauftragte der Stadtrat die Verwaltung mit dem Erstellen eines  “Wärmeversorgungskonzepts” In den Beschlüssen enthalten sind beispielsweise auch ein Prüfauftrag zum KfW-Programm „Energetische Stadtsanierung“, der Ausbau der Fernwärme und die Standortsuche für Anlagen zur Wärmeerzeugung und -speicherung. Außerdem gilt der Beschluss, auf einen weiteren umfassenden Gasnetzausbau zu verzichten, und es gibt einen Prüfauftrag für den Einsatz synthetischer Gase.

Was kann ein Wärmeplan leisten?

Als strategisches Instrument in den Bereichen Wärme und Strom wird ein Energienutzungsplan (ENP) entwickelt, der in zwei Abschnitten erarbeitet wird: der Wärmeplan (2022/23) und ein Stromkonzept (folgt 2023/24). Der Wärmeplan erfasst den Wärmebedarf in Gebäuden und arbeitet geeignete Wärmeversorgungslösungen heraus; dafür erfolgt eine umfassende Datenerhebung und Bestandsanalyse. Die Untersuchung ist an folgendem Konzept ausgerichtet: “Basierend auf der bestehenden Wärmeversorgung und der für die klimaneutrale Wärmeversorgung je Gebiet als am kosteneffizientesten eingeschätzten Lösung, erfolgt die Entwicklung einer ganzheitlichen Strategie für die nachhaltige Transformation des Versorgungssystems und des erforderlichen Maßnahmenpakets.”

Ziel ist es, aus der Wärmeplanung eine gebäude-genaue und auf die Stadtviertel angepasste Wärmeversorgung ableiten zu können. Dafür wird aktuell untersucht, was in Augsburger Stadtteilen und Quartieren die lokal jeweils beste Lösung ist, die umweltschonend und kosteneffizient umgesetzt werden kann, und was für die Umsetzung/Implementierung erforderlich ist. Dabei gilt die Annahme: Für Gebiete, die ähnlich bebaut sind und in denen vergleichbare Versorgungsstrukturen und -bedarfe bestehen, funktionieren höchstwahrscheinlich dieselben Lösungen. Dieses Clustering beschleunigt die Planung.

Der kommunale Wärmeplan enthält somit eine Sammlung von Maßnahmen, die als Orientierung für Stadtwerke, Verwaltung, aber auch für Hauseigentümer*innen und Wohnbaugenossenschaften dienen sollen. Aus dem Wärmeplan lassen sich Empfehlungen ableiten, bspw. an welchen Stellen sich Quartierswärme und Kaltwärmenetze lohnen oder wo ein Anschluss ans Fernwärmenetz sinnvoller ist, sodass Fehlinvestitionen vermieden werden können – was gut für Geldbeutel und Klima ist. Während der Umsetzung der Maßnahmen wird die Planung kontinuierlich angepasst und verbessert.

Was bedeutet die kommunale Wärmeplanung für die Klimabilanz der Stadt?

Laut Blue-City-Klimaschutzprogramm von 2022 wurden im Jahr 2020 im Stadtgebiet energiebedingt 1,9 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente emittiert. Davon geht knapp die Hälfte auf das Konto der Wärmeversorgung. Ziel ist es, den jährlichen Ausstoß der Stadt auf 0 zu reduzieren, einschließlich der Kompensation nicht zu vermeidender Restemissionen. Entsprechend ist der Wärmeplan ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur klimaneutralen Stadt und ein entscheidendes Instrument für die Einhaltung der Augsburger Klimaziele. Er ist Grundlage für verschiedene Maßnahmen, die jeweils Emissionen einsparen, v. a. für:

  • das Quartierssanierungskonzept, das laut Klimastudie bis 2030 (kumuliert) 390.560 Tonnen CO2 einsparen soll,
  • den Ausbau der Fernwärme (bis 2030 (kumuliert) 222.750 Tonnen CO2),
  • klimaneutrale Neubaugebiete
  • und Sanierung des städtischen Gebäudebestands (bis 2032 (kumuliert bei einer Sanierungsrate von 10% jährlich) 86.625 Tonnen CO2).

Der kommunale Wärmeplan für Augsburg soll bis Mitte 2023 vorliegen. Wie kann sichergestellt werden, dass er auch umgesetzt wird?

Stadtverwaltung und Politik haben ein starkes Interesse daran, sich für die Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung einzusetzen, ist sie doch ein entscheidender Baustein in der Erreichung der selbstgesteckten Klimaziele und des CO2-Budgets. Die Beteiligung der swa an der Planung stellt von Beginn an sicher, dass eine für den Umbau und die Versorgung der Stadt entscheidende Akteurin mit an Bord ist.

Es gibt zudem diverse rechtliche Mittel, die denkbar wären, um die kommunale Wärmeplanung voranzutreiben. So ist es möglich, Vorgaben aus der Wärmeplanung in Bebauungsplänen festzuschreiben oder städtebauliche Verträge zu schließen, die solche Vorgaben enthalten, bspw.:

  • die Anbindung an ein Quartierswärmenetz,
  • einen Mindestanteil an Erneuerbaren Energien, der über die gesetzlichen Vorgaben hinausgeht,
  • oder die Vorgabe energetischer Gebäudestandards.

Denkbar ist auch eine Selbstverpflichtung zur Fernwärmenutzung für öffentliche Gebäude, sofern das Netz dies zulässt. Bei Ausschreibungen kann eine Wärmeplanung Wärmeplanung bzw. ein konkretes Energiekonzept für ein gesamtes Quartier gefordert und bei der Vergabeentscheidung berücksichtigt werden, auch durch private Initiativen. Insgesamt brauchen Kommunen Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten zur Förderung und Steuerung von nachhaltiger Wärmeversorgung, eine Aufgabe, bei der vom Bundes- und Landesgesetzgeber noch deutlich nachgebessert werden muss.

Wie wird sich die Lage in Augsburg entwickeln? 

Wie sich der Wärmebedarf in den kommenden Jahren und Jahrzehnten entwickelt, wird anhand von Zukunftsszenarien und Wahrscheinlichkeiten berechnet. Berücksichtigt werden dabei zum Beispiel die angenommene Sanierungsrate und Energie- und Wärmeeinsparungen. Wenn es gelingt, die Sanierung zielorientiert umzusetzen, wäre eine Einsparung von nahezu 50% des Wärmebedarfs bis 2045 möglich.

Generell gilt es in Augsburg, wie auch an vielen weiteren Orten deutschlandweit, die Fernwärme auszubauen und hierfür Anlagen zur Wärmeerzeugung zu bauen. Die swa planen bereits ein Biomasseheizkraftwerk, das 35 MWth (Megawatt thermisch) ins Netz einspeisen soll und den Planungen der swa zufolge ab 2027 in Betrieb gehen soll. Zugleich ist ein Netzausbaustopp für die Erdgas-Infrastruktur und ein Ende des Einbaus fossiler Heizungen notwendig, um perspektivisch die Abkehr von diesem fossilen Energieträger in die Wege zu leiten.