Im Bestreben um eine umfängliche und erfolgreiche Wärmewende spielen neben Nahwärme- insbesondere Fernwärmenetze eine Schlüsselrolle: aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit, aber vor allem aufgrund ihres Potenzials, durch den Einsatz erneuerbarer Technologien klimaneutral gestaltet zu werden. Auch die Stadt Augsburg bildet hierbei keine Ausnahme:  Um die selbst gesetzten Klimaschutzziele und insbesondere das der konsequenten CO2-Reduktion mit nachhaltiger Wirkung zu erreichen, müssen die Quellen der Fernwärme verstärkt in den Blick genommen und weitreichend auf regenerative Energieträger ausgerichtet werden. In Verbindung mit einer umfangreichen Erweiterung des Wärmeversorgungsnetzes, einem Ausbau der regenerativen Energieträger sowie einer besseren Nutzung von Abwärmepotentialen könnten somit in Zukunft größere Teile der Stadt klimafreundlich heizen. Deshalb wollen wir den Ausbau der Fernwärme insbesondere im verdichteten Gebäudebestand vorantreiben!

Vor diesem Hintergrund hat unsere Fraktion im Dezember 2021 einen Berichtsantrag eingereicht, der nun sachgemäß bearbeitet wurde und als Grundlage für ein Stufenkonzept zur emissionsfreien Transformation im Einsatzgebiet der thermischen Energie dienen soll. Im Folgenden möchten wir euch einen Überblick über unsere Fragen und die Antworten der Stadtwerke Augsburg verschaffen. Wir informieren euch über den aktuellen Stand der Fernwärmeversorgung in Augsburg, deren klimaschonendes Potenzial und über konkrete Möglichkeiten dieses auszuschöpfen.

Bestandsaufnahme: Wie leistungsfähig ist das Augsburger Fernwärmeversorgungsnetz in seinem aktuellen IST-Zustand? Wie viele Haushalte in welchen Stadtteilen können bereits mit thermischer Energie heizen? 

Nach Auskunft der Stadtwerke Augsburg werden im Augsburger Stadtgebiet aktuell rund 35.000 Haushalte mit insgesamt 580 GWh Fernwärme pro Jahr versorgt. Die bestehenden Fernwärmeleitungen beschränken sich großteils auf ein Kerngebiet, das in erster Linie den Innenstadtbereich und das Universitätsviertel umfasst – sowie u.a. vereinzelte Bereiche Pfersees, Stadtbergens, Kriegshabers und Lechhausens. 

Stehen bereits konkrete Überlegungen zur Erweiterung und Verdichtung des bestehenden städtischen Fernwärmenetzes im Raum? 

Ja, sogar zeitnah. Nach Angaben des Wärmeversorgungsplans der swa sollen im laufenden und kommenden Jahr weitere Fernwärmegebiete, z.B. in den Stadtteilen Hochzoll, Hochfeld und Spickel-Herrenbach sukzessive erschlossen werden. Die swa plant, nach 2026 große Teile Göggingens, des Antonsviertels, Kriegshabers, Pfersees, Oberhausens, Lechhausens und Spickel-Herrenbachs mit Fernwärmeleitungen auszustatten. Jedoch werden nicht alle Gebäude in Augsburg an das Fernwärmenetz angeschlossen werden können. Es wird leider Quartiere geben, die nicht erschlossen werden können. In diesen oder auch in dezentral gelegenen Neubaugebieten muss somit alternativ auf eine Versorgung über Kalt- und Nahwärmenetze zurückgegriffen werden, die sich ebenfalls aus Abwärmepotentialen und regenerativen Energiequellen speist. 

Was sind die Hauptquellen und -ressourcen für die derzeit eingespeiste Fernwärme in Augsburg und wie klimafreundlich sind diese zu bewerten?

In Augsburg wird thermische Energie in erster Linie aus Abwärme der Abfallverbrennung (zu gleichen Teilen bestehend aus biogenem und nicht-biogenem Abfall) sowie aus Biomasse und Erdgas generiert. Dazu kommen 35% aus erneuerbaren Energiequellen und ein sehr geringer Anteil von unter 0,5% aus Strom und Heizöl. Der verbrannte Abfall als Grundlage der Wärmeerzeugung ist somit nur zu 50% klimaneutral – die Nutzung der im Verwertungsprozess ohnehin anfallenden Abwärme ist dennoch ökologisch sinnvoll und nachhaltig. 

Wer mit Fernwärme heizt, emittiert derzeit pro kWh 97 g CO2, wer auf Erdgas zurückgreift dagegen 224g CO2 – bei Heizöl sind es sogar 296 g CO2.   

Welche Rolle spielt hierbei bereits der Anteil regenerativer Energie? 

Den Stadtwerken zufolge besteht die in Augsburg erzeugte und eingespeiste Fernwärme derzeit bereits zu 35% aus erneuerbarer Energie. Diesen Anteil wollen wir GRÜNE über die Jahre konsequent erhöhen.

In welchem zeitlichen Rahmen und Umfang ist der Ausbau der Augsburger Fernwärmeversorgung technisch machbar? Welche Schritte sind als nächstes geplant?

Vor dem aktuellen Hintergrund der instabilen und unberechenbaren Situation auf dem Energiemarkt und des verstärkten Engagements der Stadt im Bereich Klimaschutz haben es sich die Stadtwerke zum selbsterklärten Ziel gemacht – über die vom Stadtrat verpflichtenden 6 MV hinaus – bis zum Jahr 2025 im Mittel einen jährlichen Zubau von 8 MV zu realisieren. Danach soll das Tempo nochmals angezogen und die jährliche Fernwärmeleistung im Durchschnitt auf 12 MV erhöht werden. Diese Leistung soll durch die sukzessive Erschließung neuer Fernwärmegebiete gewährleistet werden können. Parallel dazu soll durch stetigen Ausbau der Erzeugungsanlagen  verstärkt auf klimaschonende regenerative Fernwärmequellen gesetzt werden. 

Eine Frage des Geldes? Ist ein Fernwärmeausbau auch finanziell realisierbar?

Hierfür müsste investiert werden – und zwar laut Berechnungen der swa rund 16 Mio. € jährlich. Eine darüber hinausgehende Erweiterung der Fernwärmeversorgung ist für die Stadtwerke in den kommenden 5 Jahren jedoch ausgeschlossen. Das wird zum einen mit begrenzten Investitionsmitteln und Kapazitäten von Baudienstleistern begründet. Zum anderen sind Verkehrsbehinderungen, die durch die Ausbauarbeiten entstehen, in der Planung zu berücksichtigen. Ebenso wie der entsprechend erhöhte Bedarf an kostenintensiven Erzeugungsanlagen, die neu errichtet werden müssen. Das Fehlen konkreter Vorhaben für große Teile der Firnhaberau, der Hammerschmiede, Hochzolls, Lechhausens und Göggingens lässt sich somit vermutlich auf ein Zusammenspiel dieser Faktoren zurückführen. 

Was kann und muss nun konkret getan werden, um das klimaschonende Potenzial der Fernwärme optimal auszuschöpfen und  an welchen Punkten muss in Augsburg angesetzt werden?

Um nicht nur den Ausbau der Fernwärmeversorgung in Augsburg allgemein voranzubringen, sondern vor allen Dingen den regenerativen Anteil der erzeugten und eingespeisten Wärmeenergie maßgeblich zu erhöhen, bedarf es einer grundlegenden Transformation des Netzsystems. Laut Schätzung der swa ist hierfür bis spätestens 2027 ein neues Biomasseheizkraftwerk erforderlich. Ein solches Heizkraftwerk mit rund 35 MWth befindet sich bereits in Planung – ebenso wie der ab 2027 jährlich forcierte Einbau zusätzlicher Wärmepumpen mit 5 MW.  Damit würden schon 65% der Fernwärmeversorgung in Augsburg klimaneutral geleistet. Mit einem weiteren Biomasseheizkraftwerk von 15 MW und einer Tiefengeothermienutzung von 10 MW könnten sogar 75% der Fernwärmeenergie regenerativ erzeugt werden.

Mit welchem prozentualen Anteil an C02-neutraler Wärme kann nach aktuellem Planungsstand der Stadtwerke durch den forcierten Aus- und Umbau des Fernwärmenetzes gerechnet werden?

Nach Zielvorgabe der Stadtwerke wird der Fernwärmeanteil aus erneuerbaren Energien im Jahr 2027 bereits bei 65% liegen, vier Jahre später bei 75% – deckungsgleich mit der Zielsetzung des Bundes (Zum Vergleich: 2021 lag der bundesweite Durchschnitt bei 17,5%). 

Nochmal zum Thema Finanzen: Welche Kosten würde die Implementierung eines regenerativ gespeisten Fernwärmenetzes nach sich ziehen?

Neben den bereits erwähnten 16 Mio. € jährlich, die alleine der Anschluss zusätzlicher Versorgungsgebiete an Investitionsmitteln erfordern wird, kalkulieren die swa für eine CO2-neutrale Transformation des Netzes durch Rückgriff auf innovative Technologien (in Form von z.B. Biomasseanlagen, Wärmespeichern, Wärmepumpen, Tiefengeothermie und Biomasseheizkraftwerken) allein bis 2031 mit Gesamtausgaben von rund 161 Mio. €. Auch die Standortsuche für die neuen Erzeugungsanlagen wird eine finanzielle Herausforderung darstellen.

Bestehen Fördermöglichkeiten?

Im Rahmen der “Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (Wärmenetzsysteme 4.0)” sollen u.a. Kommunen in eben diesem Umstellungsprozess der Fernwärme auf CO2-Neutralität finanziell unterstützt werden. Innovative Wärmenetzsysteme mit einem überwiegendem Anteil erneuerbarer Energien und Abwärme stehen im förderfähigen Fokus des Programms, auf das sich zeitnah beworben werden kann. Vermutlich würden nicht nur Investitions-, sondern ebenfalls Betriebskosten subventioniert. 

Werden alternative klimafreundliche Lösungen für diejenigen Bereiche im Stadtgebiet in Erwägung gezogen, in denen eine Versorgung mit Fernwärme entweder grundsätzlich oder aufgrund technischer, baulicher und wirtschaftlicher Faktoren nicht möglich ist? 

Ja. Nach eigener Aussage arbeiten die Stadtwerke derzeit Hand in Hand mit dem städtischen Umweltamt an einem “Energienutzungsplan/ Wärmeversorgungskonzept”. Innovative erneuerbare Technologien zur Erzeugung und Speicherung von Wärme, wie solargestützte Wärmepumpen, Abwärme- und Kaltwärmenetze, werden in der Entwicklung, wie von uns GRÜNEN befürwortet, berücksichtigt und geprüft.