“Wir sitzen in München auf einem Schatz – das ist die Geothermie”

Wärme ist laut Heinrich Böll Stiftung “der schlafende Riese der Energiewende”. In der Tat entfällt knapp die Hälfte des Energiebedarfs in Deutschland auf Heizung, Warmwasser und Prozesswärme. Ohne erfolgreiche Wärmewende ist eine klimagerechte Zukunft folglich nicht denkbar. Auch die Augsburger Klimastudie hat ergeben, dass einer der zentralen Hebel, um unsere Klimaziele erreichen zu können, in diesem Bereich zu verorten ist.

Die Stadt München will ihre Wärmeversorgung bis 2035 klimaneutral gestalten und konnte auf diesem Weg bereits wichtige Erfolge erzielen. Eine umfassende Studie (“Klimaneutrale Wärme München 2035”) aus dem Jahr 2021 hat unter Berücksichtigung der Erfahrungen anderer Großstädte Erfolgsfaktoren definiert. Abgestimmt auf konkrete Bedarfe, Potenziale und Rahmenbedingungen vor Ort konnten so mögliche Lösungspfade für München entwickelt werden. Im Januar 2022 hat der Münchner Stadtrat daraufhin einen Grundsatzbeschluss gefasst, der mehr als 250 Maßnahmen zur Reduzierung der CO2-Emissionen beinhaltet, wobei die Wärmewende eine entscheidende Rolle spielt. Auch für Augsburg wollen wir eine CO2-neutrale Wärmeversorgung erreichen. Christine Kamm hat sich für dieses Klimagespräch mit Mona Fuchs und Dominik Krause über die kommunalen Aufgaben für die Wärmewende ausgetauscht. Ein enormes Potenzial ist im Bereich “Fernwärme” vorhanden. Dabei geht es sowohl um den Netzausbau als auch um die Wärmequellen. Derzeit sind in Augsburg lediglich etwa 20% der Haushalte (in absoluten Zahlen: ca. 35.000) an das Fernwärmenetz angeschlossen. Dieser Anteil soll verdoppelt werden. Momentan stammt der überwiegende Teil der Fernwärme noch aus nicht-regenerativen Quellen (aktuell rund 65%) – v.a. aus der Abwärmebei der Verbrennung von Abfall, der zur Hälfte biogen und somit klimaneutral ist, sowie aus Biomasse und Erdgas. In München bezieht schon rund jeder dritte Haushalt Fernwärme, aber auch dort bislang nur zu ca. 20% aus regenerativen Quellen. Dieser Anteil soll nun kontinuierlich gesteigert werden, denn die geologischen Bedingungen in München sind ausgesprochen günstig und erlauben eine Nutzung von Erdwärme – also Geothermie. Dafür muss allerdings erst das unterirdische Dampfnetz für Heizwasser ertüchtigt werden, was einen großen baulichen Aufwand darstellt. Ein neues Geothermie-Kraftwerk ist gerade in Planung. Einige Hürden sind also noch zu überwinden, aber der Aufwand lohnt sich! In Augsburg ist eine Nutzung von Erdwärme nur in sehr begrenztem Maße möglich und kann aus geologischen Gründen keinen entscheidenden Beitrag zur Wärmewende leisten. Hier setzen wir eher auf den Bau weiterer Biomassekraftwerke (konkrete Pläne liegen bereits vor) sowie auf den Einbau zusätzlicher Wärmepumpen. Die Stadt- werke forcieren einen Fernwärmeanteil aus regenerativen Quellen von 65% bis 2027 und von 75% bis 2031. Es wird sich also einiges tun in den nächsten Jahren!

Dennoch werden auch in Zukunft nicht alle Gebäude mit Fernwärme versorgt werden können. Gute klimagerechte Alternativen sind Wärmepumpen sowie Kalt- und Nahwärmenetze im Quartier. Stück für Stück müssen Quartierslösungen entwickelt und umgesetzt werden. Photovoltaik-Anlagen auf unseren Dächern können den hierfür erforderlichen Strom bereitstellen. Auch die Stadt München setzt auf Photovoltaik und hat dafür ein innovatives Konzept entwickelt, das bei den Münchner*innen gut ankommt: die “M-Solar Sonnenbausteine”. Hier haben Personen ohne eigenes Dach die Möglichkeit, in PV-Anlagen auf fremden Dächern zu investieren oder können, wenn ein eigenes Dach vorhanden ist, aber Investitionsmittel fehlen, den Stadtwerken dieses Dach zur Verfügung stellen. Insgesamt gibt es auf Münchner Dächern ein riesiges Potenzial für solare Nutzung (derzeit werden 80-85 MW von möglichen ca. 1500 MW bei einem jährlichen Zubau von 10% erzeugt). Die Photovoltaik-Dachagentur koordiniert unterschiedliche Interessen und kann als zentrale Anlaufstelle verstanden werden – etwa für jene, die ihre Dachflächen zur Verfügung stellen möchten. Entscheidend ist, dass die unterschiedlichen Optionen und Angebote sich nicht kannibalisieren, sondern dass alle möglichen Synergien effektiv genutzt werden.

Eine zügige und konsequente Umstellung auf regenerative Quellen ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund der aktuellen weltpolitischen Lage dringend geboten! Die Potenziale sind allerdings nicht unendlich und es ist ebenso erforderlich, auch beim Verbrauch anzusetzen, denn am nachhaltigsten ist die Energie, die wir gar nicht erst erzeugen müssen. Hohe energetische Standards bei Neubauten sowie eine energetische Sanierung im Bestand spielen dabei eine Schlüsselrolle. In Augsburg haben wir mit dem Augsburger Energiestandard, der 2021 durchgesetzt werden konnte, einen Meilenstein erreicht! Auch in München konnte in diesem Bereich einiges bewegt werden. Für Neubaugebiete beispielsweise wurde KfW 40 als energetischer Mindeststandard festgelegt. Um insgesamt die Sanierungsrate zu erhöhen, sind Beratungsleistungen (z.B. Energiekarawane in Augsburg) und Förderprogramme zielführend. In München gibt es zusätzlich zur “Bundesförderung für effiziente Gebäude” ein “Förderprogramm Energieeinsparung” (FES), das von städtischen Wohnbaugesellschaften ebenso in Anspruch genommen werden kann wie von Firmen und Privatpersonen. Darüber hinaus bietet das Münchner “Bauzentrum”, angesiedelt im Referat für Klima- und Umweltschutz, Beratungsleistungen (insbesondere für Fachpersonen) an, die sehr gut angenommen werden. Nicht selten stellt sich dabei heraus, dass Investitionen sich auch finanziell bezahlt machen. Dennoch ist die Wärmewende in Augsburg wie in München eine Mega-Aufgabe, die erhebliche Fördermittel von Bund und Land benötigt.

Ausschlaggebend ist, dass wir den nicht-regenerativen Pfad endgültig verlassen und z.B. keine Gasanschlüsse mehr in Neubaugebiete legen, wenn diese auch an das Fern- wärmenetz angeschlossen werden könnten. Dazu haben wir in Augsburg im Dezember 2021 einen entsprechenden Grundsatzbeschluss gefasst. Wir werden den Weg konsequent weiterverfolgen und euch auf dem Laufenden halten.

Beteiligte Personen