Augsburg, 21. Dezember 2009

Klassenbildung an Augsburger Schulen

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

die Integration von Migrantinnen und Migranten ist eine vorrangige Aufgabe in unserer Stadt. Nach einer aktuellen Untersuchung des Bundesamtes für Migration und Flüchlinge haben in Augsburg 36,2 % der Bevölkerung einen Migrationshintergrund. Laut einer Untersuchung der Professur für Pädagogik von Kindheit und Jugend an der Universität Augsburg von 2005 besitzt jede zweite Erstklässlerin und jeder zweite Erstklässler in Augsburg einen Migrationshintergrund. Integration wird daher seit 2006 als gesamtstädtische und übergeordnete Aufgabe innerhalb der Verwaltung erkannt und beschrieben.

Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund sind auf Grund der doppelten Benachteiligung ihres häufig bildungsfernen Hintergrunds wie der Sprachproblematik besonders von der selektiven Wirkung des deutschen und insbesondere des bayerischen Schulsystems betroffen. Versäumnisse in diesen Bereichen stellen die Pisa-Studien, aber auch der Bayerische Bildungsbericht deutlich dar. Ein besonderer Fokus der Integrationsmaßnahmen liegt aus diesem Grund auf dem Bildungsbereich. Oberstes Ziel der Bemühungen sollte es sein, allen Kindern und Jugendlichen die gleichen Chancen zu bieten: Jedem und jeder muss der Zugang zu Bildung offen stehen – unabhängig von Alter, ethnischer Herkunft, Religionszugehörigkeit, Geschlecht oder dem Geldbeutel der Eltern.

Die Notwendigkeit, Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund stärker zu unterstützen, hat auch das bayerische Kultusministerium erkannt. So werden seit dem Schuljahr 2009/2010 Klassen, in denen der Anteil an Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund über 50 % liegt, geteilt, um mehr individuelle Förderung in kleineren Klassen zu ermöglichen. Die Klassen einer Jahrgangsstufe sollten zudem so gebildet werden, dass Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund in diesen Klassen gleichmäßig verteilt werden, so das Kultusministerium.

Für das Gelingen von Integration wie für die Herstellung von Bildungsgerechtigkeit ist es dabei von großer Bedeutung, dass Kinder und Jugendliche in ihrer Individualität in Bezug auf Ethnie, Religionszugehörigkeit und Geschlecht anerkannt werden und dass sie mit ihrer Unterschiedlichkeit gemeinsam aufwachsen – auch und gerade innerhalb der Schule wie innerhalb der einzelnen Klassen. Eine Bildung von Klassen anhand des Kriteriums der Religionszugehörigkeit widerspricht diesen integrationspolitischen Bemühungen und bildungspolitischen Notwendigkeiten. Darüber hinaus widerspricht sie auch den ökumenischen Bemühungen der beiden christlichen Konfessionen. Schulorganisatorische Gründe sollten gegenüber diesen bedeutsamen Aspekten in den Hintergrund treten. Viele Schulen praktizieren diesen Weg deshalb seit Jahren.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellt daher folgenden

Antrag:

Im Bildungsausschuss soll über die Klassenbildung an den Augsburger Schulen berichtet werden.
Dabei ist darzulegen,

  • an welchen Schulen aus schulorganisatorischen Gründen Klassen nach dem Kriterium der Religionszugehörigkeit gebildet werden.
  • welche schulorganisatorischen Gründe dies sind und wie eine entsprechende Abwägungen zwischen schulorganisatorischen Gründen und dem Ziel der bestmöglichen Integration erfolgte;
  • an welchen Schulen hierbei Klassen entstehen, in denen sich überwiegend Kinder mit Migrationshintergrund befinden.

Mit freundlichen Grüßen

Martina Wild                                                  Margarete Heinrich
stellv. Fraktionsvorsitzende                     Stadträtin
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen         SPD-Fraktion

Beteiligte Personen