Eine Eine der wichtigsten Zielgruppen für kommunale Beteiligungsformate sind Kinder und Jugendliche, denn sie haben im Vergleich zu anderen Personengruppen weniger Möglichkeiten, direkt Einfluss auf ihre Lebenswelt zu nehmen. Zukunftsgestaltung muss mit Jugendlichen und nicht über ihre Köpfe hinweg entschieden werden. Schließlich müssen sie am längsten mit den Folgen der heutigen Politik leben.


Nach einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung fühlen sich 65 Prozent der befragten Jugendlichen während der Corona-Pandemie von der Politik nicht gehört. Wir GRÜNEN setzen uns daher schon seit 2009 intensiv für eine stärkere Jugendbeteiligung in Augsburg ein. Denn dafür gibt es gute Gründe.

Ernstgemeinte Beteiligung seitens der Kommune schafft ein Selbstwirksamkeitsgefühl und motiviert dadurch zu weiterem Engagement. Sie ist der Schlüssel zu Aneignungs- und Bildungsprozessen, hilft Ungleichheiten zu überwinden und sichert die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt, indem Kinder und Jugendliche zu politischem Handeln befähigt werden und demokratische Prozesse hautnah erleben. Wichtig ist dabei, dass die Beteiligung stets freiwillig, niederschwellig und offen für alle ist. Die Methode muss sich den Beteiligten anpassen – nicht umgekehrt! Formate müssen abgestimmt sein auf Lebenslage, Bedürfnisse, Interessen, Hintergründe und Kommunikationsformen der Kinder und Jugendlichen. Zudem sollten die Ergebnisse in einem erfahrbaren Zeitraum realisiert werden.

Geht es z. B. um den Bau eines Spielplatzes, ist es wichtig, dass die beteiligten Kinder und Jugendlichen diesen auch noch in ihrer Jugendzeit nutzen können. Außerdem müssen Art und Umfang der Beteiligung für jedes Projekt definiert werden (z. B. nach Maria Lüttringhaus): Möchte man bei der Planung eines Pausenhofs oder eines Parks als Stadt lediglich die Meinung der Kinder und Jugendlichen hören (Mitsprache und Mitwirkung) – oder haben sie in einem wie auch immer gearteten Planungsprozess eine gleichberechtigte Stimme (Mitbestimmung)? Werden sie nur punktuell mit an den Tisch geholt oder ist die Beteiligung an Planungsprozessen institutionell, z. B. in einem Konzept, verankert?

Die höchste Stufe der Beteiligung jedoch ist die Selbstbestimmung. Diese wird ermöglicht, wenn Jugendliche in einem kleineren Wirkungsbereich selbst – etwa soziokratisch oder basisdemokratisch – entscheiden dürfen, wofür Gelder ausgegeben werden oder was mit einer Grünfläche passiert.

Was viele nicht wissen: Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ist nicht dem freien Ermessen der Kommunen unterstellt, sondern ein gesetzlicher Auftrag. So steht im SGB VIII § 8 „Kinder und Jugendliche sind entsprechend ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen.“ Auch in Augsburg gab und gibt es einige Jugendbeteiligungsformate. Diese werden von städtischen Einrichtungen oder freien Trägern der Jugendhilfe durchgeführt, wie z.B. vom Stadtjugendring. Was jedoch bisher fehlt und wofür wir GRÜNEN uns seit langem einsetzen, ist ein städtisches Gesamtkonzept der Jugendbeteiligung, in dem Beteiligungsformate systematisch verankert und mit ausreichend finanziellen und personellen Mitteln ausgestattet sind. Das soll sich Anfang 2022 endlich ändern. Mit einem solchen Konzept bekommen Jugendliche eine niederschwellige Möglichkeit, sich an konkreten Projekten analog oder digital zu beteiligen. Gleichzeitig können geplante Maßnahmen und Mitwirkungsmöglichkeiten gezielt an die Betroffenen kommuniziert werden. Da sich die Sozialregionen Augsburgs in ihrer Bevölkerungsstruktur, Angebotsstruktur etc. unterscheiden, wird sich die konkrete Ausgestaltung des Rahmenkonzepts an den jeweiligen Bedürfnissen orientieren müssen. Derzeit befindet sich die konkrete Umsetzung des städtischen Partizipationskonzepts noch in der Abstimmung mit freien Trägern, Jugendlichen und Politik.

Schon jetzt zeigen vielfältige vergangene und gegenwärtig laufende Projekte in Augsburg, wie erfolgreiche Kinder- und Jugendbeteiligung aussehen kann. So werden aktuell im Bärenkeller Jugendliche miteinbezogen, um herauszufinden, wo ein guter Standort für einen Unterstand wäre und wie dieser aussehen könnte. Außerdem gibt es im Hochfeld einen Partizipationsprozess, der sich mit der Umgestaltung des Parks und darin befindlichen Juzes zwischen Von-Richthofen- und Von-Parseval-Straße be- fasst. Hier wird in alle Richtungen gedacht, indem orientiert an den Bedürfnissen der Jugendlichen Raum für Sport, Kunst, Kultur und Urban Gardening gleichermaßen geschaffen wird. Aber auch die Prävention von strafbarem Verhalten und gemeinschaftsfördernde Aspekte, wie z. B. ein ehrenamtliches Nachbarschaftscafé, sollen den Park für alle Generationen attraktiver machen.

Ein gutes Beispiel für gelingende Jugendbeteiligung ist der Beteiligungsprozess rund um das neu entstehende Stadtquartier Haunstetten Südwest. Dazu wurden während der Beteiligungswoche im Juli 2019 auch Jugendworkshops zum Entwicklungspotenzial des Stadtviertels abgehalten. Die Beteiligten diskutierten, welche Vorteile die verschiedenen Entwürfe für das neue Haunstetten Südwest aus Perspektive junger Leute bieten. Außerdem wurden zwei von ihnen als Berater*innen in einem Preisgericht ausgewählt. Sie erhalten damit unmittelbaren Einfluss auf die Entscheidung über die verschiedenen Konzepte.

Diese Beispiele zeigen Chancen auf, die umfassende Beteiligung und Mitbestimmung junger Menschen passiert für uns GRÜNE aber noch viel zu selten. Wir setzen uns seit über zehn Jahren für mehr Jugendbeteiligung ein und freuen uns deshalb besonders, dass nun ein Partizipationskonzept zur Beschlussfassung im Stadtrat vorliegt. Dann kann es endlich losgehen mit dessen Umsetzung, damit wir Beteiligungsformate ausweiten und sie zur Pflicht werden lassen können, statt wie bisher nur politische Kür zu sein. Um dieses Partizipationskonzept mit Leben zu füllen, haben wir eine Menge Ideen: Zum Beispiel sollten Kinder und Jugendliche künftig mitbestimmen können, welche Medien die Stadtbücherei für die Jugendbücherei neu anschafft. Auch im schulischen Bereich sollen partizipative Elemente genutzt werden, z. B. bei der Gestaltung von Pausenhöfen, neuen Mensen oder Turnhallen. Selbst im Kitabereich ist eine breite Beteiligung von Eltern, Kindern und Geschwistern möglich, wenn es um die Planung neuer Angebote, pädagogischer Konzepte oder Kooperationen geht. Wer Beteiligung früh erfährt und positiv bewertet, engagiert sich auch im späteren Leben mit einer höheren Wahrscheinlichkeit.

 

 

 

Beteiligte Personen