— von Martina Wild, Christian Moravcik und Stephanie Schuhknecht

Frei- und Grünflächen erhalten, ökologisch aufwerten, vernetzen und erweitern

Gerade in Zeiten von Klimawandel und Artenschwund, von fortgesetzter Flächenversiegelung sowie angesichts der Gesundheitsgefahren durch Feinstaub, Stickstoffdioxid und Lärm wächst die Bedeutung von privatem wie öffentlichem Grün stetig. Mit dem Arten- und Biotopschutzprogramm, der Biodiversitätsstrategie und dem Flächenressourcenmanagement existieren in Augsburg bereits gute Grundlagen. Gerade im Abwägungsprozess um Baugebiete müssen diese städtischen Zielvorgaben wieder mehr Gewicht bekommen. Denn klar ist: Grün wirkt sich positiv aus, für die Lebenswelt der Menschen genauso wie für Flora und Fauna. Deshalb ist es notwendig, vorhandene Grünflächen und -strukturen aufrechtzuerhalten und neue zu entwickeln. Im Besonderen gilt es aber, naturnahe Freiflächen und ökologisch wertvolle Grünflächen zu erhalten, zu erweitern und zu vernetzten.
Das städtische Grün und naturnahe Freiräume sind aber nicht nur wichtig für ein attraktives Wohnumfeld und eine gute Aufenthaltsqualität. Mehr Grünanlagen und Bäume in der Stadt, mehr begrünte Dächer und Fassaden tragen zur Verbesserung des Stadtklimas bei. Dazu gehören auch Frischluftschneisen und eine Stadtentwicklungsplanung, die den negativen Effekten des Klimawandels und der damit verbundenen Innenstadterwärmung nachhaltig begegnet. Wir arbeiten darauf hin, dass es für Augsburg als Maßnahme der Klimafolgenanpassung ein Konzept zur Sicherung und Erweiterung klimawirksamer Flächen geben wird.
Zu mehr Grün in der Stadt gehören unter anderem Festsetzungen im Flächennutzungs- und Bebauungsplan mit Schutz- und Tabuzonen für die Siedlungstätigkeit, ein Entsiegelungskataster, ein Fassaden- und Dachbegrünungsprogramm, die Sanierung, Aufwertung und Zusammenführung öffentlicher Grünflächen sowie eine Förderung von Urban-Gardening-Projekten oder auch des naturnahen Kleingartenwesens.

Urbane Verdichtung braucht Freiraumplanung

Um eine ausreichende, möglichst wohnortnahe Grünflächen- und Freiraumversorgung für die Augsburger Bürger*innen im öffentlichen Raum zu gewährleisten, wollen wir einen Masterplan Freiraum und sog. „Grünwerte“, also verbindliche Orientierungswerte für den Wohnungs- und Gewerbebau, wie dies auch in München und Nürnberg verpflichtend vorgesehen ist. So gelten z.B. in Nürnberg für die Ausstattung mit öffentlichen Grünflächen folgende Orientierungswerte: Pro Einwohner*in im Geschosswohnungsbau 20qm – im Familieneigenheimgebiet (Wohnen auf eigener Parzelle mit Garten) pro Einwohner*in 10qm. Davon jeweils Spielplatz-oder Jugendspielfläche pro Einwohner*in 3,4 qm.
Ist eine Aufwertung oder Erweiterung im Umfeld der Wohn- oder Gewerbe-Neubebauung nicht möglich, sollte an anderen Stellen im Stadtgebiet die Grünversorgung ausgebaut oder verbessert werden. Dazu schlagen wir vor, einen Frei- und Grünflächenfonds einzurichten, der sich aus Kompensationszahlungen in Form einer festen Summe pro Quadratmeter nicht errichteter Grünflächen speist.

Flächenverbrauch verringern

In Augsburg gibt es wie auch in anderen Städten einen Zielkonflikt: Einerseits besteht der Bedarf, neuen Wohnraum zu schaffen, und andererseits die Notwendigkeit, den Flächenverbrauch zu reduzieren und Grünstrukturen zu sichern. Trotz zahlreicher vom Stadtrat beschlossener Strategien – wie bspw. zur Biodiversität oder zur Nachhaltigkeit – geht die Versiegelung von landwirtschaftlichen Flächen und grünen Freiflächen unvermindert weiter. Aktuelles Beispiel ist die geplante Bebauung in Radegundis, die wir Grüne strikt ablehnen. Wir setzen uns für eine nachhaltige Stadtentwicklung ein, die sich an der Vorgabe „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ orientiert. Diese städtebauliche Strategie bezweckt, den zukünftigen Flächenbedarf durch die Nutzung von innerörtlichen und bereits erschlossenen Flächen zu decken. In den vom Stadtrat 2015 verabschiedeten Zukunftsleitlinien heißt es dazu: Flächen und Bebauung nachhaltig entwickeln und gestalten. Das neue Baugebiet Haunstetten Süd-West ist für uns hier die einzige Ausnahme, um zukünftigem Wohnbedarf gerecht zu werden, verpflichtet deshalb dazu, ein qualitativ hochwertiges zukunftsfähiges Quartier zu errichten. Wir werden weiter darauf drängen, das Bauflächenentwicklungskonzept kontinuierlich fortzuschreiben. Wir werden uns zudem dafür einsetzen, dass die Stadt Augsburg bei der Neuansiedlung oder Erweiterung von Gewerbebetrieben konsequent eine flächen- schonende Bauweise einfordert.
Für den städtischen Bereich fordern wir die doppelte Innenentwicklung, also das Bauen im Bestand, sowie die Sicherung und Aufwertung von innerstädtischen Grünflächen, zum Regelfall zu machen. Wir wollen Konzepte wie das Gemeinschaftswohnen, Wohnungstauschbörsen oder Mehr-Generationen-Häuser stärken. So schaffen wir passende Angebote für veränderten Wohnraumbedarf z.B. im Alter oder durch die wachsende Zahl von Ein-Personen-Haushalten und wirken dem steigenden Wohnflächenverbrauch pro Kopf entgegen. Bereits im Februar 2010 wurde im Stadtrat auf GRÜNE Initiative hin der Grundsatzbeschluss gefasst, zur umwelt- und sozialverträglichen Lösung dieses Konfliktes ein nachhaltiges Flächenressourcenmanagement zu entwickeln. Da dies bisher nicht adäquat umgesetzt wurde, werden wir GRÜNE hier nicht locker lassen.
Darüber hinaus unterstützen wir das Volksbegehren „Damit Bayern Heimat bleibt – Betonflut eindämmen“ . Damit haben Bayerns GRÜNE zusammen mit der ÖDP, dem Landesbund für Vogelschutz und der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) dem Flächenfraß und dem Raubbau an der bayerischen Natur und Kulturlandschaft den Kampf angesagt.

Baumschutz ernster nehmen

Bäume sind selbstverständlicher Bestandteil des urbanes Raumes, erhöhen die Lebensqualität und sind zudem in den Städten absolut notwendig, um das immer extremere Stadtklima zu verbessern. Wir GRÜNE haben gemeinsam mit unserem Umweltreferenten Reiner Erben erreicht, dass unter Federführung des Amts für Grünordnung ein “Leitfaden Baumschutz” erarbeitet wurde – zusammen mit allen mit Baumthemen befassten städtischen Dienststellen sowie mit den städtischen Töchtern WBG und Stadtwerke. Dieser zielt darauf ab, Beschädigungen von Bäumen in allen Phasen des Bauprozesses zu verhindern. Neben Schulungsmaßnahmen gibt es nun Merkblätter für Baustellen, die sehr anschaulich klarmachen, welcher Bereich um einen Baum herum geschützt werden muss. Die Merkblätter sollen zukünftig allen Bauherren zusammen mit der Baugenehmigung ausgehändigt werden.
Für die GRÜNE Fraktion sind darüber hinaus nächste wichtige Schritt zu tun: wir haben beantragt, die Baumschutzverordnung zu verschärfen. Denn auch auf öffentlichen Grünflächen soll die Genehmigungspflicht für Baumfällungen zukünftig gelten. Und geschützte Bäume, die bei der Bauausführung so stark beschädigt wurden, dass sie gefällt werden müssen, müssen an der exakt gleichen Stelle neu gepflanzt werden. Gerade nach den Baumfällungen am Bahnhofsvorplatz, in der Holbeinstraße und im Gögginger Zentrum hat sich gezeigt, dass die Stadt neben der Sensibilisierung der Baufirmen auch auf spürbare Sanktionen und mehr Informationspflicht setzen muss. Und nicht zuletzt soll die Verwaltung prüfen, ob bei Feststellung einer Baumbeschädigung bzw. des Nichteinhaltens von Auflagen durch das Amt für Grünordnung ein Baustopp erlassen werden kann.
Wir GRÜNE fordern zudem hartnäckig- mehr Transparenz und die Information der Öffentlichkeit darüber, was beim Thema Bäume geschieht und geplant ist. Wir sind der Meinung, dass die Stadt Augsburg ein kommunales Baummanagement braucht, das insbesondere ein öffentlich einsehbares Baumkataster sowie eine öffentlich einsehbare Übersicht über Baumfällungen wie Ersatz- und Neupflanzungen enthält. Wir freuen uns daher, dass nun endlich für das Baumkataster die nötigen Anschaffungsmittel zur Verfügung stehen und mit dem Aufbau des Katasters begonnen werden kann.

Stadtgrün wertschätzen

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt „STADT- GRÜN wertschätzen“ unterstützt Kommunen dabei, Grünflächen in Städten neu zu schaffen, zu erhalten und so zu bewirtschaften, dass sie einen wertvollen Lebensraum für diverse Pflanzen- und Tierarten bieten und gleichzeitig die Klimaanpassung der Stadt voranbringen. Die BürgerInnen der Stadt Augsburg schätzen ihre Grünflächen sehr, dies bestätigen Umfrageergebnisse. Auch die naturnahe Grünflächenpflege ist in Augsburg bereits gut etabliert, aber nicht immer bzw. überall akzeptiert und wertgeschätzt. Im Rahmen des Projekts soll durch die Einbeziehung verschiedener gesellschaftlicher Gruppen die Akzeptanz für naturnahe Grünflächenbewirtschaftung erhöht werden. Dies dient der Umsetzung der 2009 beschlossenen Augsburger Biodiversitätsstrategie.
Im Rahmen des Projekts soll die Stadt aber auch bei der Klimaanpassung unterstützt werden. Der besiedelte Bereich der Stadt Augsburg, insbesondere der Innenstadtbereich, aber auch das Projektgebiet in Lechhausen ist deutlich unterversorgt mit Grünflächen bei gleichzeitig hohem Versiegelungsgrad. Dies wirkt sich nicht nur auf die Lebensqualität der BürgerInnen in Bezug auf Freizeit und Erholung, sondern auch auf deren Gesundheit und allgemeines Wohlbefinden aus. Deshalb soll mit Klimamodellen ermittelt werden, wie durch Grün- und Freiflächen Verbesserungen für das Stadtklima insgesamt, aber auch im Planungsgebiet erreicht werden können.
Augsburg als drittgrößte Stadt Bayerns steht bei der Stadtentwicklung vor großen Herausforderungen: Dem demographischen und sozialen Wandel der Stadtgesellschaft, dem Klimawandel, der Förderung erneuerbarer Energien, integrierter Mobilität aber auch dem wachsenden Bedarf an Wohnraum gerecht zu werden, ohne zahlreiche andere Aspekte, wie z.B. die ausreichende Versorgung mit Grünflächen, aus den Augen zu verlieren.

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