— von Christine Kamm

„Das Kind ist das Teuerste, was eine Nation hat.“ Dieses Zitat stammt von einem der bekanntesten Kinder der Fuggerstadt: Bertolt Brecht. Seine Worte sind so simpel wie wahr. Die Kinder sind die Zukunft einer jeden Gesellschaft. Wenn unsere zukünftige Gesellschaft gerecht sein soll, dann müssen wir jetzt allen Kindern Chancen auf eine bestmögliche frühkindliche Bildung geben. Denn Gerechtigkeit fängt in den Köpfen an, genauer gesagt in den Köpfen unserer Kinder! Das ist die Maxime, an der sich das politische Handeln von uns GRÜNEN ausrichtet.

Gerechtigkeit leben kann nur, wer auch Gerechtigkeit erfährt

Für uns ist es deshalb von zentraler Bedeutung, dass wir als Gesellschaft unsere Kinder gerecht – und das bedeutet jedes einzelne Kind gleich und dennoch individuell – behandeln. Auch und vor allem beim Kernthema Bildung.

Aber ab wann macht es Sinn, ab welchem Alter ist Bildung überhaupt ein Thema? Für uns GRÜNE ist klar: Gerechtigkeit bedeutet beste Bildung für alle und zwar von Anfang an! Kinder sind unendlich neugierig und sie lernen vom ersten Tag an. Wir wollen die Voraussetzungen für alle Kinder schaffen, in denen sie ihre individuellen Fähigkeiten stärken und gleichberechtigt teilhaben können. Unabhängig von Behinderung, Geschlecht, Hautfarbe, Herkunft und Religion. Die frühe Phase kindlicher Entwicklung und kindlichen Lernens ist enorm wichtig, damit Kinder ihre Potentiale und Talente entfalten können. Das heißt für uns: Bildung in den ganz frühen Jahren muss deutlich stärker ins Blickfeld rücken als bisher. Unser Ziel: Chancengerechtigkeit in der frühkindlichen Bildung.

Kindertagesstätten müssen inklusiv werden, eigentlich müssten sie es schon lange sein. So sieht es auch die 2009 ratifizierte UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderungen. Noch immer wird aber in Bayern die Mehrzahl der Kinder mit einer (drohenden) Behinderung in einer Sondereinrichtung betreut. Das schafft Barrieren, schließt aus, anstatt zu verbinden. Dabei klappt Inklusion in den Kitas, in denen sie mit guter personeller und fachlicher Ausstattung gelebt wird, außerordentlich gut.

Frühkindliche Bildung quantitativ und qualitativ ausbauen

Erster Lebens- und Lernort außerhalb der Familie sind unsere Kindertagesstätten. Kinderkrippen, Kindergärten, Tagespflege und Horte Bildungsorte, denen unsere besondere Aufmerksamkeit und Förderung gilt. Sie entlasten und unterstützen die Eltern und bieten Kindern einen vielfältigen Lern- und Erfahrungsort für alle Kinder unabhängig ihrer sozialen Herkunft. Diese Einrichtungen müssen gestärkt werden! Als allererstes gilt es, die Kindertagesbetreuung auszubauen. Der Ausbau und die Verbesserung der frühkindlichen Bildung und Betreuung ist ein wichtiger Schlüssel für gute Bildungs- und Zukunftschancen von Kindern, für die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, für die Unterstützung von Alleinerziehen- den und letztlich auch für die nachhaltige Bekämpfung von Kinder- und Familienarmut. Deshalb fordern wir einen schnelleren Ausbau aller Betreuungsangebote und eine deutliche Verbesserung der Qualität in den Einrichtungen der frühkindlichen Bildung in Bayern.

Rechtsanspruch noch lange nicht erreicht

Der Rechtsanspruch auf Förderung in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege ist zwar seit 2013 endlich auch für ein- und zweijährige Kinder gegeben, doch aktuelle Zahlen sprechen eine andere Sprache: Zwar wünschen sich laut einer Studie des Deutschen Jugendinstituts 43 Prozent der Eltern mit Kindern unter drei Jahren einen Betreuungsplatz für ihr Kind. Dieser Bedarf kann in Bayern aber noch lange nicht gedeckt werden: Gegenwärtig gibt es im Freistaat nur für jedes vierte Kind einen Platz in der Kita. Deshalb fordern wir zur besseren Verständigung zwischen Land und Kommunen einen Kitagipfel, bei dem sich alle Beteiligten auf ein konkretes Programm und ein höheres Tempo beim Ausbau der Betreuungsangebote verständigen. Der Freistaat muss ein neues Sonderinvestitionsprogramm auflegen!

Doch der quantitative Ausbau der Kindertagesbetreuung muss Hand in Hand mit einer qualitativen Aufwertung gehen. Viele Faktoren haben Einfluss auf die Qualität in der frühkindlichen Bildung. Die Personalentwicklung in den Kitas konnte mit steigenden pädagogischen Anforderungen und wachsenden bürokratischen Vorgaben nicht Schritt halten. Auf eine vollzeitbeschäftigte Kita-Fachkraft kommen in Bayern durchschnittlich 8,8 ganztagsbetreute Kindergartenkinder bzw. 3,8 ganztagsbetreute Krippenkinder. Damit liegt das reiche Bayern sogar noch unter dem Durchschnitt der alten Bundesländer. Das kann nicht der Anspruch des Freistaats sein! Deshalb fordern wir GRÜNE einen vernünftigen Personalschlüssel.

Damit Maßnahmen in diese Richtung allerdings nicht als Nebelkerzen verpuffen und ein Stellenschlüssel nur zu noch weniger Kita-Plätzen führt, müssen die Arbeitsbedingungen in den Kitas deutlich verbessert werden. Neben geeigneten Maßnahmen zur Gewinnung zusätzlicher Fachkräfte brauchen wir daher auch ein Konzept zur Bindung der vorhandenen Fachkräfte. In Bayern liegt die gesetzlich verbindliche Fachkraftquote bei 50 Prozent. In keinem anderen Bundesland ist der Anteil der ausgebildeten Erzieherinnen am Kita-Personal zu gering. Damit sich das ändert, müssen Weiterbildungsprogramme ausgeweitet, der Berufsbild von Erzieherinnen attraktiver gestaltet werden. Zudem muss die Finanzierung der Kitas verbessert werden und berechenbarer sein. Die Buchungszeitrisiken dürfen nicht länger über Teilzeit- und befristete Verträge an die Erzieher und Erzieherinnen weitergereicht werden.

Weichen für Integration müssen früh gestellt werden

Der Leitsatz „Nur gemeinsam sind wir stark!“ gilt auch für die Integration von Kindern mit Flucht- und Migrationshintergrund. Integration ist eine Daueraufgabe und die Weichen werden früh gestellt. Bei über 90.000 Kindern wird in den Familien überwiegend nicht deutsch gesprochen, dabei ist Sprache doch der Schlüssel zur Integration und hier wiederum können Kindertagesstätten eine entscheidende Rolle spielen. Auch damit diese Kinder eine gerechte Chance haben, sich in unserer Gesellschaft zurecht zu finden, müssen dringen zusätzliche Betreuungsplätze geschaffen werden.

Es gibt ihn also: einen neuen, einen GRÜNEN Weg in Richtung Chancengleichheit in der frühkindlichen Bildung. Doch wann müssen wir diesen Weg beschreiten? Die Antwort: Sofort! Die Zukunft wird im Hier und Jetzt gestaltet. Wenn wir also weiterhin in diesem drastischen Ausmaß in der frühkindlichen Bildung sparen, wie es die bayerische Staatsregierung bisher tut, bekommen wir bald eine saftige Rechnung serviert. Dann ließe sich wieder Brecht zitieren, allerdings in einem ganz anderen Sinne: „Das Kind ist das Teuerste, was eine Nation hat.“

Beteiligte Personen