— von Christine Kamm

Die Integration von Flüchtlingen gelingt am besten durch Teilhabe von Anfang an. Dazu gehören Sprach- und Integrationskurse, Anerkennung mitgebrachter Qualifikationen, Ergänzung der Schulbildung, Ausbildung, Praktika und die Integration in Arbeitsplätze. Das Bundesintegrationsgesetz vom 1. August 2016 enthält hierzu die von der bayerischen Wirtschaft schon lange geforderten 3+2 – Regelung, auch wenn es in anderen Punkten hinter den Anforderungen und Möglichkeiten einer stimmigen Integrationspolitik zurückbleibt.

Während andere Bundesländer das Bundesintegrationsgesetzes unmittelbar anwenden, versucht die bayerische Staatsregierung diese Bundesregelung durch ein 41-seitiges Schreiben des Innenministeriums an die Ausländerbehörden dieses weitestgehend auszuhebeln. Die vorhandenen bundesgesetzgeberischen Spielräume gilt es jedoch unverzüglich zu nutzen!

Wir fordern daher:
Keine bayerischen Sonderregelungen von Ausbildungs- und Arbeitsaufnahme- verboten für AsylbewerberInnen

Flüchtlingen kann über die sogenannte 3+2 Duldungsregelung ein sicherer Aufenthalt während einer dreijährigen Ausbildung und einer darauffolgenden zweijährigen Praxisphase garantiert werden. Das bayerische Innenministerium darf nicht durch den Ausschluss von geduldeten Flüchtlingen und anerkannten Flüchtlingen im Verfahren die 3+2 Regelung unterlaufen, indem bayerische Ausländerbehörden diesen Flüchtlingen verwehren, einen angebotenen Ausbildungsplatz anzutreten. Wir kämpfen bei diesem Thema Seite an Seite mit den Handwerks- sowie den Industrie- und Handelskammern!

Wohnsitzzuweisungen von anerkannten Flüchtlingen, Um- und Neuverteilungen von AsylbewerberInnen so gestalten, dass bisherige Integrationsleistungen in Bildung und Arbeit fortgeführt, Beziehungen zu Helferkreisen erhalten und keine neuen Massenunterkünfte geschaffen werden

Das Bundesintegrationsgesetz ermöglicht die Wohnsitzzuweisung für jeden anerkannten Flüchtling, der nicht mindestens 721 Euro monatlich netto seit mindestens sechs Wochen verdient. In Bayern sollen per neu geschaffener Verordnung anerkannte Flüchtlinge bestimmten Landkreisen zugewiesen werden und diese können dann bestimmte Gemeinden zur Aufnahme verpflichten. Anerkannte Flüchtlinge sollen im selben oder einem anderen Regierungsbezirk umverteilt werden können, sowohl in Wohnungen wie Gemeinschaftsunterkünfte. Flüchtlinge in Gemeinschaftsunterkünften will das Innenministerium zudem so verteilen und zuweisen, dass „die Rückführung nicht erschwert wird“. Wir wollen darauf achten, dass Flüchtlinge durch unsinnige Umverteilungen keine Arbeitsplätze verlieren, Helferkreis-Flüchtlingsbeziehungen nicht getrennt werden und erbrachte Integrationsleistungen nicht entwertet werden. Wohnsitzzuweisungen von anerkannten Flüchtlingen sowie Um- und Neuverteilungen von AsylbewerberInnen müssen an Integrationschancen vor Ort gekoppelt werden.

Vorrangprüfung in Bayern beenden, Bemühungen der Wirtschaft um die Integration in Arbeit unterstützen

Das Bundesintegrationsgesetz ermöglicht die Abschaffung der umstrittenen und bürokratischen Vorrangprüfung. Hierbei muss bei jeder offenen Stelle geprüft werden, ob diese Stelle von deutschen oder EU-Bürgern besetzt werden kann. Während viele Bundesländer sie ganz abgeschafft haben, wurde sie in Bayern nur in der Hälfte der Arbeitsamtsbezirke, in denen die Arbeitslosigkeit 2015 unter 3 Prozent lag, abgeschafft.

Führerscheinerwerb, wie in anderen Bundesländern zulassen

Wir wollen den Führerscheinerwerb durch Flüchtlinge zulassen, wie dies auch in anderen Bundesländern der Fall ist. Auch wenn der Innenminister dies nicht ermöglichen will, können mittlerweile Flüchtlinge unter Verweis auf ein Bundesverwaltungsgerichtsurteil erfolgreich klagen. Wir wollen, dass Flüchtlinge auch in ländlichen Gemeinden mit schlechtem ÖPNV-Angebot zur Arbeit kommen können.

Ablehnung von speziellen Rückkehrzentren

Wir wollen die Rückkehrzentren für Flüchtlinge aus sogenannten sicheren Herkunftsländern in normale Einrichtungen umwandeln. Wir fordern eine Beendigung der Praxis, Flüchtlinge aus immer weiteren Ländern, derzeit aus der Ukraine, in die Aufnahme- und Rückführungseinrichtungen in Bamberg und Manching für Angehörige aus den sogenannten sicheren Drittstaaten umzusiedeln.

Ehrenamtliche Arbeit, Eigeninitiative, Teilhabe und Partizipation der Flüchtlinge anerkennen und unterstützen, Asylsozialarbeit und Migrationsarbeit ausbauen

Die Arbeit der Ehrenamtlichen wie auch die Eigeninitiative, Teilhabe und Partizipation der Flüchtlinge wollen wir unterstützen und stärken. In wichtige Entscheidungen vor Ort, wie zum Beispiel der Schließung beziehungsweise des Neubaus von Einrichtungen, sollen auch Helferkreise einbezogen werden. Die „Betreuungsquote“ bei der Asylsozialarbeit liegt derzeit rechnerisch bei 1:300. Der Haushaltsentwurf des Finanzministers sieht zudem eine Absenkung vor. Für die Betreuung der anerkannten Flüchtlinge brauchen wir mehr Migrationssozialarbeit.

Kommunen durch die Errichtung von kommunalen Integrationszentren entlasten. Bundesmittel zur Unterstützung der Flüchtlingsarbeit in den Kommunen an die Kommunen weiterreichen

Kommunen sollen in ihrer Integrationsarbeit gestärkt werden, z.B. durch die Errichtung von kommunalen Integrationszentren. Die Bundesmittel zur Unterstützung der Flüchtlingsaufgaben in den Kommunen sind an die Kommunen anteilig weiterzureichen und nicht im vollständig im Landeshaushalt einzubehalten.

Integrationsgesetze

Ja, auch Bayern braucht ein Integrationsgesetz, das seinen Namen verdient, denn natürlich gibt es einiges zu verbessern, etwa die Verbesserung der Teilhabe der MigrantInnenorganisationen, die Verbesserung der Bildungschancen, die interkulturelle Öffnung der Verwaltung, die bessere Ausstattung der kommunalen Integrationsarbeit.

Wir haben einen Entwurf für ein Integrations- und Partizipationsgesetz eingebracht, die CSU jedoch ein Integrationsgesetz, das besser Leitkult-, Ordnungs-, Ausgrenzungs- und Verunsicherungsgesetz heißen sollte. Alle werden nicht etwa zur Wahrung von Grundgesetz und Verfassung verpflichtet, sondern zur Wahrung einer schwammig umschriebenen Leitkultur. Was bedeutet es aber, wenn z.B. der Träger einer KITA zur Vermittlung der Leitkultur verpflichtet wird, und mit Konzessionsentzug bei Nichtbeachtung gedroht wird? Auch nach über 30-stündigen Debatten und Befragungen keine Antwort. Auch nicht auf die Frage, welche Regelverstöße und Missachtungen der Verfassung mit Zwangsbeschulungen und Bußgeldern bis 50.000 Euro geahndet werden sollen. Ob das alles verfassungsgemäß und verhältnismäßig ist? Auch diese Frage konnte nicht beantwortet werden.

Trotzdem ist die CSU entschlossen, dieses Gesetz durch die Gremien zu drücken, damit es am 1.1.2017 in Kraft treten kann. Ich habe noch nie so ein unbestimmtes und schlechtes Gesetz gesehen.

(Für die Inhalte ist die Landtagsabgeordnete Christine Kamm verantwortlich)

dieser Beitrag und vieles mehr in unserer zweiten Ausgabe Stadtgrün ➚

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