von Verena von Mutius-Bartholy und Matthias Lorentzen

Kunst und Kultur sind und waren neben der ästhetischen Dimension immer auch politisch und haben der Gesellschaft von jeher den Spiegel vorgehalten. Gerade in Zeiten zunehmender extremistischer Tendenzen und neuen populistischen Bewegungen steht die Kultur für eine Auseinandersetzung um Werte, Haltungen und Einstellungen in unserer Stadt. Kultur muss deswegen nicht nur leise betonen, dass sie für eine offene Gesellschaft steht, sondern laut und sichtbar dafür eintreten. Wenn wir die im Grundgesetz festgeschriebene offene Gesellschaft einfordern, machen wir dies im Bewusstsein, dass unser Grundgesetz bereits aus der Vergangenheit lernen wollte und ein “Nie wieder” vor Augen hatte.“ Die Würde des Menschen ist unantastbar” ist keine Floskel für uns, sondern unsere demokratische DNA. Die mahnende Erinnerung an die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes und das Gedenken an dessen Opfer waren und sind die Basis unseres politischen Handelns. Daraus müssen wir jeden Tag für Morgen lernen. Die Erinnerung ist die Basis der politischen Bildungsarbeit und die Basis für das Erlernen von Toleranz und Zivilcourage.

Augsburger Weg für Erinnerung

Der “Augsburger Weg” für Erinnerung im öffentlichen Raum wurde nach intensiven und langen Debatten und vielen Grünen Initiativen am Ende einstimmig beschlossen. Nun können sowohl Stolpersteine als auch Erinnerungsbände für die Opfer des NS-Regimes in unserer jeweiligen unmittelbaren Nachbarschaft erinnern und mahnen. Alle betroffenen Opfergruppen konnten sich dem Kompromiss anschließen.

Weiße Flecken Aufarbeiten

Wichtig für die Auseinandersetzung ist, dass die NS-Geschichte in Augsburg endlich umfassend aufgearbeitet wird. Oft ist es einzelnen Aktiven zu verdanken, was wir über die Zeit der NS-Herrschaft in Augsburg und ihre Opfer wissen. Eine systematische Aufarbeitung des städtischen Handelns während der NS-Zeit hat bisher nur bis zum Jahr 1937 stattgefunden. Aus unserer Sicht ist aber gerade die Aufarbeitung der Kriegszeit entscheidend. Das Stadtarchiv Augsburg muss hier die weißen Flecken der Geschichte aufarbeiten. Sobald hier weitere Informationen vorliegen, müssen auch die Orte der Täter mit z.B. Tafeln sichtbar werden. Die von uns schon lange beantragte Tafel für die Krankenmordopfer muss endlich am Gesundheitsamt angebracht werden.

Verantwortungsvoller Umgang mit strittigen Straßennamen

Wir wollen nicht die Geschichte glätten und z.B. kritische Straßennamen wie die “Karl-Haberstock-Straße” aus unserer Geschichte löschen. Auf einen Grünen Antrag hat die Kommission Erinnerungskultur der Stadt Vorschläge zum Umgang mit Straßennamen mit NS-Bezug erarbeitet. Manche Straßen wie z.B. die “Dr. Mack-Straße” am Klinikum – einem Arzt der direkt Verantwortung bei den Krankenmorden trug – soll umbenannt werden. Andere Straßen sollen mit einem Hinweisschild kontextualisiert werden, denn auch aus dem Umgang mit der NS-Geschichte in der Nachkriegszeit bzw. auch der heutigen Zeit müssen wir lernen. Wenn erst in den 2000dern die „Dr. Mack-Straße“ benannt wurde, dann muss dies mit Hinweisschildern deutlich gemacht werden.

Halle 116 zum Denk/Erinnerungsort und Zentrum für politische Bildung ausbauen!

Die Halle 116 wurde in den Jahren 1936/37 als Teil der Luftnachrichtenkaserne auf dem heutigen Sheridan Areal erbaut und diente als Fahrzeughalle. Anfang Mai 1944 funktionierte man das Gebäude zum KZ-Außenlager (zugehörig zum KZ Dachau) um. Im Lager waren bis zu 2.000 männliche KZ-Häftlinge untergebracht, die vor allem in den Werkshallen der Messerschmitt AG Zwangsarbeit leisten mussten. Die Lebensund Arbeitsbedingungen der Häftlinge waren ausgesprochen hart. Zeitzeugen berichteten von harten Disziplinierungsmaßnahmen, zahlreichen Misshandlungen sowie von Exekutionen.

Wir sind froh, dass die Halle 116 nach unserem Druck – unser Umweltreferent Reiner Erben war in der ersten Initiative schon Ende der 90iger Jahren aktiv – nun endlich von der Stadt gekauft wurde und der Debatte um eine Verwertung der Halle für z.B. Teppichhändler endlich ein Ende gesetzt wurde. Nun muss die Halle 116 zusammen mit den verschiedenen Initiativen Schritt für Schritt zum Denk- und Erinnerungsort umgewandelt werden. Dort wollen wir einen Erinnerungsort für die Opfer der NS-Zeit errichten. Die Halle wurde jedoch auch danach von den Amerikanern genutzt. Wir begrüßen es deswegen, wenn dort auch amerikanisches Leben und die Anfänge der Demokratie dargestellt werden. Wir wollen sogar noch weitergehen und die Halle 116 zum Ort für Demokratiebildung machen und die von Ministerpräsident Söder versprochene Außenstelle der Landeszentrale für politische Bildung dort ansiedeln und mit einer städtischen Fachstelle für Demokratiebildung kombinieren. Die Halle 116 soll zum Treffpunkt derer werden, die die Werte unseres Grundgesetzes aktiv als Verfassungsschützer verteidigen wollen. Insofern können wir uns auch vorstellen z.B. Akteure wie das Fanprojekt des SJR, das sich aktiv gegen Rassismus im Fussball einsetzt, dort anzusiedeln

 

STOLPERSTEINE UND ERINNERUNGSBÄNDER IN AUGSBURG
In Augsburg gibt es inzwischen eine Vielzahl von Erinnerungsbändern und Stolpersteinen. Direkt beim Grünen Büro in der Katharienenengasse liegen zwei Stolpersteine, die an Rudolf und Rosa Hirschmann, jüdischer Metzgermeister erinnert, die in Hartheim bzw. in Piaski ermordet wurden. In der Müllerstraße gibt es ein Erinnerungsband für Karl Mascher, einen Homosexuellen der im KZ Ravensbrück ermordet wurde.

 

DIE VER ANT WORTUNG VOR UNSERER GESCHICHTE KENNT KEINEN SCHLUSSSTRICH DESWEGEN SETZTEN WIR UNS EIN FÜR:

  • Eine zügige schrittweise Umsetzung der Halle 116 zum Gedenk- und Erinnerungsort.
  • Die Gründung einer Fachstelle für Demokratie in Augsburg, die einen Schwerpunkt auf der politischen Bildungsarbeit hat.
  • Die Fortsetzung des “Augsburger Wegs” für Erinnerung auch im Hinblick auf z.B. die sog. “Judenhäuser” und die Kenntlichmachung von Täterorten.
  • Die Aufarbeitung der weißen Flecken der NS-Geschichte in Augsburg.
  • Einen verantwortungsvollen Umgang mit strittigen Straßennamen.

weiterelesen in Stadtgrün 8: Kultur

Beteiligte Personen