von Dr. Stefan Wagner

Die hohe Geschwindigkeit, mit der der Klimawandel voranschreitet, erfordert schnelle und wirksame Maßnahmen auf allen Ebenen, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Ein wesentlicher Baustein für eine nachhaltige CO2 -Reduzierung liegt darin, die Energiewende im Sektor Wärme / Gebäude konsequent voranzubringen. Dies gilt sowohl für den Neubau von Gebäuden als auch für die Sanierung bestehender Gebäude.

Die seit dem 01.11.2020 geltenden gesetzlichen Regelungen für energieeffizientes Bauen sind im Gebäudeenergiegesetz (GEG) festgelegt. Das GEG stellt Mindeststandards für Neubauten und Pflichten für die Erneuerung und Modernisierung von Bestandsgebäuden auf. Ziel ist es, die Auswirkungen des Energiebedarfs zum Heizen und zur Warmwasserbereitung auf die Umwelt zu begrenzen. Die Vorgaben des Gesetzes beziehen sich vorwiegend auf die Heizungstechnik und den Wärmedämmstandard des Gebäudes. Die Berechnungen für Neubauten erfolgen im Regelfall anhand der maximal benötigten Primärenergie. Werden die Mindeststandards beachtet, müssen die Bauträger*innen keine weitergehenden Maßnahmen ergreifen, um CO2-Reduktionen zu erreichen. Die gesetzlichen Mindeststandards reichen aber bei weitem nicht aus, um für den Sektor Bauen / Wärme einen ausreichenden Beitrag zur Erreichung der Pariser Klimaziele zu leis- ten. Weitergehende Maßnahmen, mit denen Effizienzhäuser errichtet werden können, sind zwar vorgesehen und zum Teil sogar mit recht hohen Fördermitteln unterlegt, jedoch setzen sie Freiwilligkeit voraus.

 Ziele des Augsburger Energiestandards 2008

Eine der in Augsburg vorgesehenen Maßnahmen zur Gewährleistung klimaeffizienten Bauens ist die Etablierung eines Augsburger Energiestandards. Die Überlegungen hierzu basieren auf der Klimaoffensive Augsburg im Klimaschutzbericht 2008. Zu deren Umsetzung waren im „9-Punkte-Plan“ diverse klimabezogene Maßnahmen vorgesehen, die sich zum Teil auch aktuell noch im schwarz-grünen Zukunfts- plan 2020 wiederfinden. Der Augsburger Energiestandard wurde bereits 2008 als Kernelement einer nachhaltigen Energiesparstrategie genannt, der über die gesetzlich vorgegebenen Regelungen hinausreichen sollte. Mit der Einführung dieses Standards wollte die Stadt Augsburg ihrer Vorbildfunktion in Richtung eines beschleunigten Klimaschutzes in dem Sektor Bauen / Wärme entsprechen. Der Augsburger Energiestandard soll demnach drei übergeordnete Ziele verfolgen:

Energiestandard soll demnach drei übergeordnete Ziele verfolgen:

  • Einführung von Energiestandards bei Sanierung und Neubau für die eigenen städtischen Liegenschaften, bei der Weitergabe städtischer Grundstücke und Gebäude an Dritte und als Vorgabe für alle städte- baulichen Planungen und beim Abschluss städtebaulicher Verträge.
  • Optimierung der Nutzung von Solarenergie und Erstellung von Energiebedarfs- und Energieversorgungskonzepten bei allen städtebaulichen Planungen und beim Abschluss städtebaulicher Verträge.
  • Intensivierung des städtischen Energiemanagements, z.B. durch die Erstellung von Energieausweisen und eines Masterplans zur Gebäudemodernisierung.
Evaluierung und Initiative

Eine erste Evaluierung mit Bewertung der Zielerreichungsgrade erfolgte im Klimaschutzbericht 2015, der unveränderten Handlungsbedarf aufzeigte. Zur Erhöhung des politischen Drucks, beantragte die GRÜNE Fraktion am 09.02.2018 die Erarbeitung eines „Augsburger Standards für klimagerechtes und nachhaltiges Bauen und Sanieren“ zur Beschlussfassung durch die zuständigen Gremien. Als Bezugsziel wurde dabei über die bisherigen Ziele hinaus das Plusenergiehaus genannt.

Die GRÜNE Fraktion zielte in ihrem Antrag 2018 weitergehend auf eine ganzheitliche Betrachtung ab, die den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes in den Blick nimmt, angefangen mit der Planung über den Bau und Betrieb bis hin zu dessen Abbruch. Auf diese Weise sollte anhand spezifischer Nachhaltigkeitskriterien die Gesamt-Ökobilanz von Gebäuden ermittelt werden, sodass auch die verwendeten Baustoffe, deren Herstellung, Transport und spätere Wiederverwendung oder Entsorgung sowie die Inanspruchnahme der Ressourcen Boden und Wasser in die Bewertung eingestellt werden konnten.

 Fortgang und aktueller Stand

Dies aufgreifend hat die Stadt Augsburg durch das Umweltreferat im Dezember 2019 beim Institut Wohnen und Umwelt (IWU) in Darmstadt eine Studie über die Wirtschaftlichkeit verschiedener energetischer Standards in Auftrag gegeben, die auch einen Vorschlag für einen Augsburger Energiestandard entwickeln soll. Mit der Fertigstellung dieser Studie ist zeitnah zu rechnen. Ihre Ergebnisse sollen in einer der ersten Sitzungen des Umweltausschusses im Jahr 2021 diskutiert werden. Das IWU behandelt in ihrer Studie drei Arbeitspakete:

  • In dem ersten Paket werden relevante Studien zur Wirtschaftlichkeit energetischer Standards gesichtet und die Ergebnisse der Sichtung im Hinblick auf ihre Übertragbarkeit auf Augsburg überprüft.
  • In dem zweiten Paket werden bereits bestehende Beschlüsse zu energetischen Standards in der Stadtverwaltung Augsburg ausgewertet und ein Vorschlag für einen Augsburger Standard für klimagerechtes Bauen und Sanieren entwickelt.
  • Im dritten Arbeitspaket werden ergänzen- de Wirtschaftlichkeitsberechnungen mit an Augsburger Verhältnisse angepasste Rahmenbedingungen durchgeführt. In diesem Zusammenhang wird zudem eine Zusatzbetrachtung für den öffentlich geförderten Wohnungsbau erfolgen.

Die Ausarbeitung der Studie durch das IWU erfolgt im Austausch und in der Diskussion mit verschiedenen städtischen Playern, so mit der Wohnbaugesellschaft Augsburg, mit dem Kommunalen Energiemanagement der Stadt Augsburg und mit den Stadtwerken Augsburg. Auf diese Weise sollen praktische und Verwaltungserfahrungen in die Ergebnisse der Studie einfließen und die Akzeptanz der verantwortlichen Handelnden hergestellt werden.

Von der IWU-Studie zum Augsburger Standard Die Studie entwickelt einen Energiestandard, der sich gut in internationale, nationale und spezifische Augsburger Klimaziele einfügen würde. Greift man diese Zielsetzung auf, könnte das KfW Effizienzhaus 40 künftig eine mögliche Zielvorgabe für Neubauten sein. Hierdurch könnten bestmöglicher Wärmeschutz in der Hülle der Gebäude durch gute Wärmedämmung und der Einsatz von Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung Standard für Neubauten werden. Der Gebäudebestand stellt eine nochmals größere Aufgabe dar, für den die Sanierungs- tiefe (Qualität der Gebäudesanierung) und die Sanierungsrate (Zahl der sanierten Gebäude) deutlich gegenüber dem Ist-Zustand zu verbessern ist. Die Sanierungsrate des Gebäudebestandes sollte aus unserer Sicht baldmöglich von derzeit ein Prozent auf zwei Prozent erhöht werden, um die für diesen Sektor erforderliche CO2-Reduzierung zu erreichen. Für die Erreichung dieses Ziels als Bestandteil eines Augsburger Energiestandards werden wir als GRÜNE Fraktion uns trotz sinkender Sanierungsraten und Engpässen im Haushalt auch in Corona-Zeiten einsetzen.

In: Stadtgrün 9: KLimaschutz Hier und Jetzt

Beteiligte Personen