Zukunftsgestaltung muss mit Jugendlichen und nicht über ihre Köpfe hinweg entschieden werden. Am Mittwoch, 16.02.2022, wurde im Bildungs- und Jugendhilfeausschuss über das Jugendpartizipationskonzept abgestimmt. Wir GRÜNEN setzen uns schon seit 2008 intensiv für eine stärkere Jugendbeteiligung in Augsburg ein. Denn dafür gibt es gute Gründe. 

Ein Gespräch zwischen Sabrina Koch, unserer jugendpolitischen Sprecherin und Verena von Mutius-Bartholy, Fraktionsvorsitzende und ehemalige jugendpolitische Sprecherin.

Sabrina Koch (SK): Verena, du warst ja eine der jüngsten Stadträt*innen als du zum ersten Mal in den Augsburger Stadtrat gewählt wurdest. 20 warst du, oder? 

Verena von Mutius-Bartholy: Ja genau. 2008 wurde ich in den Augsburger Stadtrat gewählt, als bis dato jüngstes Mitglied. Ich war vorher schon in der Grünen Jugend aktiv und wollte mich kommunalpolitisch engagieren. Die Möglichkeiten für Jugendliche, sich politisch einzubringen, waren bisher leider sehr dürftig. Das wollte ich damals schon ändern.

SK: Warum ist dir das Thema Jugendpartizipation so wichtig? 

VMB: Kinder und Jugendliche haben im Vergleich zu anderen Gruppen weniger Möglichkeiten, Einfluss auf ihre Lebenswelt zu nehmen. Und wie die Corona-Pandemie wieder mal zeigt, werden ihre Stimmen weniger bis gar nicht gehört. Um ihnen Gehör zu verschaffen und sie an Entscheidungen zu beteiligen, die sie ja als Bürger*innen direkt als Bürger*innen betreffen, braucht es entsprechende Strukturen.

SK: Das was du sagst, bestätigt auch eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung: 65 Prozent der befragten Jugendlichen fühlten sich während der Pandemie von der Politik nicht gehört. Die Beteiligung junger Menschen ist aber auch gar nicht dem freien Ermessen der Kommunen unterstellt, sondern eigentlich – und das wissen die wenigsten – ein gesetzlicher Auftrag. So steht im Sozialgesetzbuch VIII § 8 ´Kinder und Jugendliche sind entsprechend ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen. 

VMB: Richtig! In Augsburg gab und gibt es ja einige Formate zur Jugendbeteiligung. Sie werden von städtischen Einrichtungen oder den freien Trägern der Jugendhilfe durchgeführt, also z.B. vom Stadtjugendring. Der übrigens das Jugendpartizipationskonzept 2008 auch angestoßen hat. Was jedoch bisher fehlt und wofür wir GRÜNE uns seit langem einsetzen, ist ein städtisches Gesamtkonzept, in dem Beteiligungsformate für die Jugend systematisch verankert und mit ausreichend finanziellen und personellen Mitteln ausgestattet sind. Durch die referatsübergreifende und gute Zusammenarbeit unserer unserer 2. Bürgermeisterin und Bildungsreferentin Martina Wild und dem Sozialreferenten Martin Schenkelberg soll sich das jetzt endlich ändern. 

SK: Was ich besonders wichtig an dem Konzept finde, ist, dass die Beteiligungsformate niederschwellig und inklusiv ausgestaltet werden. Die Zielgruppe sind ja zunächst 12- bis 20-Jährige. Die Formate müssen also abgestimmt sein auf Lebenslage, Bedürfnisse, Interessen, Hintergründe und Kommunikationsformen dieser Gruppe. Kurz: Sie müssen da stattfinden, wo diese jungen Menschen ihre Zeit verbringen. 

VMB: Genau, dazu gehört natürlich, dass die Beteiligung auch digital stattfindet. Ein anderer wichtiger Punkt ist die Beteiligungsstruktur selbst. Sie ist in zwei Ebenen gegliedert: Die Jugendlichen können zum einen in ihrem jeweiligen Wohnumfeld Einfluss nehmen, zum anderen können sie Themen von gesamtstädtischer Relevanz in das sog. Jugendforum einbringen. Aus beiden Ebenen können sie dann Anträge an die Verwaltung einreichen, an Jugendbeauftragte aus dem Stadtrat geben oder einfach selbst in den Jugendhilfeausschuss einbringen.

SK: Außerdem wird ein “Verantwortungsteam Partizipation” bei der neuen Fachstelle “Partizipation junger Menschen und Familien” eingerichtet. Das hört sich erstmal umständlich an. Für was sind sie zuständig?

VMB: Das Verantwortungsteam gestaltet den Beteiligungsprozess, ist also in direktem Kontakt mit den Jugendlichen und berichtet regelmäßig an Politik und Verwaltung, ob und wie gut das Konzept funktioniert. Es besteht aus Mitarbeiter*innen der freien Träger der Kinder- und Jugendhilfe, der Fachstelle für Schulentwicklung und Bildung, des Büros für Integration sowie von Schulen möglichst aller für diese Altersgruppe relevanten Schularten. Außerdem wird auch ein*e Jugendliche*r selbst Gast-Mitglied des Teams.

SK: Los geht’s gleich im Sommer 2022 mit einem Workshop zur Diskussion des Konzepts und zur Vorbereitung des Jugendforums, das dann zweimal im Jahr stattfinden soll! 2023 werden die Strukturen des Konzepts dann soweit aufgebaut sein, dass mit der konkreten Projektarbeit losgelegt werden kann. Ich bin schon ziemlich gespannt, welche Themen die Kinder und Jugendlichen als erstes auf unseren Tisch im Jugendhilfeausschuss bringen werden! Für welches Projekt hättest du dich damals eingesetzt?

VMB: Ich wollte damals vor allem die Zustände in dem Jugendhäusern verbessern, die katastrophal waren. Nachdem ich das nicht über die Jugendpartizipation geschafft habe hab ich das dann ab der Legislaturperiode 2014 bis 2020 zumindest ansatzweise mit einem Förderprogramme bauliche Struktur der Jugendhäuser geschafft. Aber auch ich bin vor allem neugierig, was sich die jungen Menschen heute wünschen und freue mich, dass sie nun endlich auch gehört werden! Ein Meilenstein für uns GRÜNE und für die Kinder und Jugendlichen. Übrigens: Nach vier Jahren wird geprüft, ob die Beteiligungsstrukturen auch für die Altergruppe der 6- bis 11-Jährigen übernommen wird – wir bleiben dran!

Beteiligte Personen