Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

in der Bauausschusssitzung am 17. Januar 2008 war der Bebauungsplan
Nr. 444 Lech- / Ulrichsviertel („Kneipenstopp-Bebauungsplan“) Gegenstand der Diskussion.
Es wurde mehrheitlich beschlossen, das Verfahren zur Änderung des Bebauungsplanes Nr. 444 „Lech-/ Ulrichsviertel“ einzuleiten und den Bebauungsplan dahingehend zu ändern, dass er, mit Ausnahme der Bereiche, in denen aufgrund ihres Gebietscharakters ohne Bebauungspläne Vergnügungsstätten zulässig wären, aufgehoben wird.

Vorausgegangen war dem Bebauungsplan Nr. 444 seinerzeit ein Beschluss des Stadtrats zur Altstadtsanierung (1974) und ein Beschluss des Wirtschaftsausschusses (1981), aufgrund dessen die Verwaltung beauftragt wurde „zu prüfen, welche rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten es gibt, um für die überlasteten Wohngebiete Lech- und Ulrichsviertel die Ansiedlung weiterer, die Wohnqualität störender Gaststätten zu verhindern. „
Als Anlass für den dann 1989 beschlossenen Bebauungsplan wurde genannt, „dem Überhandnehmen von Gaststätten (Schank- und Speisewirtschaften sowie Stehschänken) und zunehmenden Anträgen auf Einrichtung von Vergnügungsstätten im dicht besiedelten Altstadtgebiet entgegenzuwirken und die dortige Bevölkerung vor weiteren Störungen der Wohnruhe zu bewahren“.

In der Begründung zum Bebauungsplan Nr. 444 wird auch ausführlich die Ausgangslage, also die Situation in dem betroffenen Gebiet geschildert: „Die zentrale Lage, die attraktive Altstadtatmosphäre … haben seit Jahren die Tendenz zum Vergnügungsviertel begünstigt, die sich nicht mit dem erklärten Zielen der Stadt für das traditionsreiche Lech-/Ulrichsviertel vereinbaren lässt. …. Der Charakter der genannten Einrichtungen (Schankwirtschaften, Vergnügungsstätten) und die von ihnen bzw. wegen ihnen verursachten Störungen schaden dem Image des Stadtteils, wirken der planungsrechtlich beabsichtigten Nutzungsstruktur entgegen und führen auf längere Sicht zu einer Verdrängung der Wohnbevölkerung. „An dieser Begründung des Bebauungsplanes aus dem Jahr 1989 hat sich nichts geändert. Im Gegenteil. Die Situation speziell in der Maximilianstraße hat sich weiter verschärft.

Im Juli 2003 wurde das Forum Innenstadt Augsburg auf Wunsch des Augsburger Stadtrats eingerichtet. Dort sollte unter Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger, Vertretern von Wirtschaft und Handel, Anwohnern, Kultur, Gastronomie die Zukunft der Augsburger Innenstadt und im Besonderen die der Maximilianstraße beraten und sollten Lösungen für Konflikte gefunden werden. Im August 2004 wurden die Ziele und Maßnahmen für die Augsburger Innenstadt als Empfehlungen für den Augsburger Stadtrat fertig gestellt. Zwei zentrale Punkte darin sind: Der Umbau des Ulrichsplatzes und die Umgestaltung der Maximilianstraße. Am 18.05.2006 wurde die Stadtverwaltung einstimmig vom Stadtrat beauftragt das Planfeststellungsverfahren für den 1. Bauabschnitt Milchberg einschließlich Ulrichsplatz und den 2. Bauabschnitt Maximilianstraße vom Ulrichs- bis zum Moritzplatz einzuleiten.

Trotzdem ist die Situation in der Maximilianstraße weiterhin schwierig, die Entwicklung hin zur „Partymeile“ geht ungebrochen weiter. Unbestritten ist, dass es mehrere Steuerungsinstrumente gibt, um dem Abgleiten der Maximilianstraße in eine Partymeile entgegenzuwirken:

Mittel des Bauplanungsrechtes
Mittel des Ordnungs- und insbesondere des Gaststättenrechts und
Mittel des Sicherheitsrechts sowie polizeiliche Mittel.

Letzter Höhepunkt in der „Partymeilenentwicklung“ ist wohl die Zulassung einer weiteren „Vergnügungsstätte“ in der Maxstraße, im Gebäude der ehemaligen Hypovereinsbank. Laut AZ-Artikel vom 31.01.2009 ist Ordnungsreferent Böhm nicht glücklich über das neue „Partylokal“, allerdings „könne man die Eröffnung eines Lokals nicht untersagen, wenn es alle Regeln einhalte“.

Die rechtliche Qualifikation dieses „Partylokals“ als Schank- und Speisegaststätte oder als Vergnügungslokal ist die eine Seite, aber in der jetzigen Situation eines der möglichen Steuerungselement, nämlich das Bauplanungsrecht aus der Hand zu geben, ist nicht hinnehmbar und auch wenig glaubwürdig. In München wurde die Aufhebung eines ähnlichen Bebauungsplanes für Haidhausen abgelehnt, mit der Begründung, dass dann zu befürchten wäre, dass massive Probleme entstehen könnten, wenn sich Haidhausen noch stärker zu einem gastronomischen „In-Viertel“ entwickeln würde. Das stadtplanerische Ziel und das öffentliche Interesse am Bestehenbleiben dieses Steuerungsinstrumentes Bebauungsplan gegen die Zunahme der „Gaststättenzahl“ sei hier sehr hoch anzusiedeln. Die Wohnnutzung soll auch weiterhin gestärkt werden. „Damit die typische Nutzungsmischung des Stadtteils, also das Nebeneinander von Wohnen und Gewerbe, erhalten bleibt und einseitiger Zuwachs zugunsten einer Nutzung abgewehrt werden kann, ist die Regelung des Bebauungsplanes ein wirkungsvolles Mittel.

Dieser Aussage ist nichts mehr hinzuzufügen. Die Stadt sollte ihren Bebauungsplan als Steuerungsinstrument ernst nehmen und ihn nicht durch ständige „Ausnahmeerteilungen“ zum Papiertiger werden lassen. Sollten wirklich Ausnahmen erteilt werden, müssen sie schlüssig und für jedermann nachvollziehbar begründet werden. Hierzu hat der Stadtrat ein einstimmig beschlossenes Instrument bereitgestellt: die Leitlinien des Forum Innenstadt Augsburg.

Unsere Fraktion beantragt daher:

1. Es wird festgestellt, dass der Bebauungsplan Nr. 444 noch in Kraft ist.

2. Der Bebauungsplan Nr. 444 soll weiterhin als bauplanerisches Mittel zur Verhinderung einer weiteren Zunahme von „Partylokalen“ speziell in der Maximilianstraße dienen.

3. Bei einer Überarbeitung des Bebauungsplanes sind die vom Forum Innenstadt Augsburg erarbeiteten Leitlinien zur Innenstadtentwicklung zugrunde zu legen.

Mit freundlichen Grüßen

Reiner Erben                           Eva Leipprand                                       Verena von Mutius
Fraktionsvorsitzender        Stellv. Fraktionsvorsitzende         Stadträtin

 

Beteiligte Personen