Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Gribl,

Der Freistaat plant auf einem eigenen Grundstück beim alten Flughafen so genannte „low cost“-Wohnungen für anerkannte Flüchtlinge im Rahmen des Bayerischen Wohnungspaktes zu bauen.

Das betreffende Grundstück ist nach unserer Kenntnis planungsrechtlich nicht ausgewiesen. Darüber hinaus haben Untersuchungen des Naturwissenschaftlichen Vereins ergeben, dass es sich hierbei um eine Fläche von hoher ökologischer Bedeutung handelt. Die Gesamtfläche (das sind Ausgleichsflächen südlich des LfU und des Studentenwohnheims und die südlich sich anschließende Fläche bis zum Bischofsackerweg) weist einen außergewöhnlichen Reichtum an seltenen Arten aus. Insgesamt wurden 85 Arten, die in der Roten Liste gefährdeter Pflanzen Bayerns aufgeführt sind, nachgewiesen.

In den Diskussionen wird darauf hingewiesen, zuletzt in der Berichterstattung der AZ vom 15.01.2016, dass der Freistaat sowohl Bauherr als auch Genehmigungsbehörde sei.

Zu diesem Sachverhalt stellt unsere Fraktion folgenden Antrag:

1. Darlegung der Planungsrechtlichen Situation

  • Die Stadtverwaltung legt die bauplanungsrechtliche Situation des betreffenden Grundstücks dar.
  • Die Stadtverwaltung legt weiter dar, ob und inwieweit die Planungshoheit der Stadt von diesem Bauprojekt betroffen ist und welche Konsequenzen dies hat.
  • Sollte das betreffende Areal innerhalb eines „Gewerbegebietes“ liegen, legt die Verwaltung dar, warum dies dann einer Wohnbebauung nicht entgegensteht, bzw. warum hier ggfs. kein Bebauungsplanänderungsverfahren durchgeführt werden muss. Sollte das betreffende Areal im Außenbereich liegen, legt die Verwaltung dar, warum es keiner Aufstellung eines Bebauungsplans bedarf.

2. Darlegung der Planungs- und Genehmigungszuständigkeiten

  • Die Stadtverwaltung legt dar, aufgrund welcher Rechtsgrundlage die Stadt nicht Genehmigungsbehörde ist.

3. Suche nach alternativen Grundstücken

  • Die Stadtverwaltung legt dar, welche Alternativgrundstücke für eine entsprechende Wohnbebauung dem Freistaat gegfs. im Rahmen eines Tausches angeboten werden können.

4. Was passiert nach Ablauf von 10 Jahren?

  • Die Stadtverwaltung legt dar, welche Informationen sie darüber hat, was nach Ablauf einer 10-jährigen Wohnnutzung mit den entsprechenden Gebäuden passieren soll und mit den darin wohnenden Menschen, wenn der Wohnungsmarkt sich nicht entsprechend „entspannt“ hat.

Begründung:

Die GRÜNE Stadtratsfraktion ist sich bewusst, dass in Augsburg bezahlbarer Wohnraum dringend gebraucht wird, für bereits hier lebende Menschen und für anerkannte Asylberechtigte, die es am schwersten haben auf dem angespannten Wohnungsmarkt eine Wohnung zu finden. Trotz der Dringlichkeit dürfen aber nicht planungsrechtliche, naturschutzrechtliche und soziale Interessen gegeneinander ausgespielt werden.

Zu Ziffer 1 und 2:
Die planungs- und genehmigungsrechtlichen Grundlagen für das beabsichtigte Vorhaben sind für unsere Fraktion noch nicht klar dargelegt.

Nach unserer Auffassung kommen die neuen (Ausnahme-) Regelungen des § 246 BauGB im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung, da diese ausdrücklich dort keine Anwendung finden, wo es sich um das Wohnen anerkannter Flüchtlinge handelt, für die keine asyl- bzw. aufenthaltsrechtliche Residenzpflicht in einer bestimmten Unterkunft mehr besteht (siehe BStT-Rundschreiben 201/2015).

Auch § 37 Abs. 1 BauGB kommt unserer Auffassung wohl nicht zur Anwendung. Im Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 11.11.2014 wird auf Seite 8 auf Vorhaben des Bundes und der Länder gem. § 37 BauGB eingegangen.

„Nur wenn die besondere öffentliche Zweckbestimmung des Vorhabens es erfordert, lässt die Vorschrift des § 37 Abs. 1 BauGB eine Abweichung von den materiellen Vorschriften des BauGB zu“.  Weiter:“ Erforderlich ist die Abweichung dann, wenn sie vernünftigerweise geboten ist. Da es sich um eine bodenrechtliche Regelung handelt, muss die Zweckbestimmung des Vorhabens in direktem Bezug zu dem Standort stehen. Das heißt es muss ein besonderes, bodenrechtliches Interesse daran bestehen, dass die Anlage aus öffentlichem Interesse gerade an dem vorgesehenen Standort verwirklicht wird“.

Sollte diese „besondere öffentliche Zweckbestimmung“ vorliegen, sind dieser dennoch entgegenstehende öffentliche Interessen gegenüberzustellen. Es ist eine Gewichtung der widerstreitenden öffentlichen Belange durchzuführen usw.

Zu Ziffer 3. Alternativgrundstück
Wir halten den geplanten Standort aus naturschutzfachlicher, sozialer und stadtentwicklungspolitischer Sicht für falsch. Allerdings sehen wir durchaus den Bedarf für den geplanten Wohnungsbau. Deshalb fordern wir die Stadtverwaltung auf, geeignete Alternativgrundstücke zu suchen und dann aufzuzeigen.

Zu 4. Ablauf der 10-Jahresnutzung
Aus Gründen der Nachhaltigkeit halten wir es für hochbedenklich, Bauwerke zu schaffen, die nur 10 Jahre genutzt werden sollen. Insbesondere stellt sich die Frage, was passiert, wenn nach 10 Jahre weiterhin hoher Wohnungsdruck besteht und in dem Wohngebäude nach wie vor viele Menschen leben.

Mit freundlichen Grüßen

Martina Wild                                                     Cemal Bozoglu
Fraktionsvorsitzende                                     Mitglied des Bauausschusses

Beteiligte Personen