Status: erledigt | mündlichen Bericht gegeben im Umweltausschuss am 15.04.2013

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

am 24.01.2013 hat der Binnenmarktausschuss des Europäischen Parlaments die Dienstleistungskonzessionsrichtlinie, die auch die Wasserwirtschaft beinhaltet, verabschiedet. Diese Richtlinie sieht vor, dass Kommunen Aufträge rund um die Wasserversorgung zukünftig EU-weit ausschreiben müssen.  Die Europäische Kommission hat diese Richtlinie vorgeschlagen, um öffentlich-private Partnerschaften und den Wettbewerb zu fördern.

Der Binnenmarktausschuss sieht darin keinen Zwang zur Privatisierung, denn die Kommunen könnten weiterhin selbst entscheiden, ob sie ausschreiben oder ihr eigenes Unternehmen mit der Versorgung beauftragen. Fraglich scheint jedoch, ob die kommunalen Wasserversorger, wie die Stadtwerke Augsburg, die in komplizierten Zusatzklauseln geregelten Mindestanforderungen an einen Kommunalbetrieb erfüllen. Wenn dies nicht der Fall ist, könnte dies dann wohl dazu führen, dass die Wasserversorgung nach Verabschiedung der Richtlinie wohl doch ausgeschrieben werden müsste. Kritiker/innen befürchten dann in der Folge auch deutliche Qualitätsverluste.

Gegen diese Richtlinie bestehen große Bedenken. Die Europäische Bürgerinitiative gegen die Privatisierung der Wasserversorgung haben bereits mehr als eine Million EU-BürgerInnen unterzeichnet und haben sich damit für einen universellen Zugang zu Wasser und sanitärer Grundversorgung ausgesprochen.

Auch Bayerns Landkreise und Städte haben ihr Nein zur Privatisierung der Trinkwasserversorgung bekräftigt. „Der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly spricht sich dafür aus, „dass die EU-Kommission die bewährte Wasserversorgung in kommunaler Hand nicht auf dem Altar der Liberalisierung opfern dürfe“. Auch der Augsburger Stadtrat hat am 24.01.2013 mit einer einstimmig verabschiedeten Resolution das Vorgehen des EU-Binnenmarktausschusses kritisiert.

Dass die Privatisierung nicht ohne Folgen für die VerbraucherInnen bleibt, zeigen die Erfahrungen, die andere Länder, wie Großbritannien und Portugal, aber auch die Stadt Berlin gemacht haben: Preissteigerung von bis zu 400 %, marode Wasserleitungssysteme und drohende Versorgungsausfälle.

Unsere Fraktion stellt daher folgenden Antrag:

Die Stadtverwaltung bzw. die Vertreter der Stadtwerke Augsburg legen in den zuständigen Stadtratsgremien dar, welche Auswirkungen die EU Dienstleistungskonzessionsrichtlinie auf die Stadtwerke Augsburg, bzw. auf die zukünftige Wasserversorgung der Augsburger Bürgerinnen und Bürger und auf die Wasserversorgung außerhalb der Stadtgrenzen erwarten lässt und welche Handlungsoptionen sich daraus ergeben.

Begründung

Die Mehrheit der Mitglieder des EP-Binnenmarktausschusses (IMCO), in dem die Konservativen Parteien die Mehrheit haben, hat alle Vorschläge zur Ablehnung der Richtlinie zurückgewiesen.  Dies gilt ebenfalls für Vorschläge, für öffentliche Dienste eine umfassende Ausnahmeregelung einzuführen, sowie für separate Vorschläge, die Wasserdienstleistungen aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie auszunehmen.

Damit sowohl der Stadtrat, als auch die Bürgerinnen und Bürger einschätzen können ob und welche Auswirkungen die EU-Dienstleistungskonzessionsrichtlinie auf ihre Wasserversorgung hat, halten wir  eine  Darlegung der Sach- und Rechtslage im Stadtrat für dringend erforderlich, auch um über eventuelle Gegenmaßnahmen beraten zu können

Inzwischen scheint zwar etwas Bewegung in die Diskussion gekommen zu sein, da EU Kommissar Barnier angekündigt hat, den Kommunen bei den Stadtwerken entgegenzukommen, ob dies ausreichend ist und der Forderung gerecht wird, dass die Wasserversorgung in kommunaler Hand bleiben soll, ist zweifelhaft.

Mit freundlichen Grüßen

Reiner Erben                                Martina Wild                                    Eva Leipprand
Fraktionsvorsitzender            stv. Fraktionsvorsitzende            stv. Fraktionsvorsitzende

Beteiligte Personen