— von Stephanie Schuhknecht und Michael Rill

In Augsburg wird viel getan, um Mobilität nachhaltiger zu gestalten, denn auch hier hat man inzwischen verstanden, was GRÜNE schon seit Jahrzehnten sagen: städtischer Raum ist viel zu kostbar, um einen Großteil davon an einen ineffizienten Verkehrsträger wie das Auto zu verlieren. Das Umweltbundesamt hat schon 2014 festgestellt, dass vier von fünf Deutschen sich wünschen, Städte so umzugestalten, dass man kaum noch auf ein Auto angewiesen ist und die meisten Wege mit dem Rad, öffentlichen Verkehrsmitteln oder zu Fuß zurückgelegt werden können. Die Menschen wollen also neue und nachhaltige Formen der Mobilität. Augsburg tut wie gesagt in den letzten Jahren viel, man denke nur an den neuen Kö, die Linie 6 und die Planungen für die Linie 5 oder das Projekt Fahrradstadt 2020. Aber wie steht Augsburg eigentlich im Vergleich zu anderen Städten da? Greenpeace hat Anfang 2017 eine Broschüre herausgegeben und darin die 14 größten deutschen Städte in Bezug auf ihre nachhaltige Mobilität verglichen und ein Ranking erstellt. Augsburg ist zwar mit seinen knapp 300.000 Einwohnern deutlich kleiner als beispielsweise die kleinste untersuchte Stadt (Nürnberg), aber dennoch ist es interessant die von Greenpeace ausgewählten Kriterien und Parameter zu vergleichen und einen Eindruck davon zu bekommen, ob Augsburg bei den Bemühungen um eine nachhaltige Mobilität „mithalten“ kann. Greenpeace hat im Übrigen „außer Konkurrenz“ auch Freiburg (222.000 Einwohner) untersucht, weil es als Vorreiter beim Thema Nachhaltigkeit gilt und schon vor vielen Jahren andere Wege im Bereich Mobilität eingeschlagen hat.

Bike-Sharing Räder

In Augsburg betreiben die Stadtwerke ein Fahrrad-Verleihsystem und es gibt über eine private Initiative auch Lastenräder zu leihen. Insgesamt sind es 177 Räder. Damit kommt Augsburg auf eine Quote von 0,61 Leihrädern pro 1000 Einwohner. Der Spitzenreiter im Greenpeace-Ranking ist hier München mit 2,25 Rädern pro 1000 Einwohnern. Schlusslicht ist Bremen, das gar keine Leihräder anbietet. Der Durchschnitt in den Städten liegt bei 0,98 Rädern. Augsburg liegt hier also schon deutlich hinter der großen Mehrheit der Städte und muss noch einiges zulegen, um aufzuschließen. Die Stadtwerke wollen das swa Rad demnächst intern umschichten und in der Carsharing GmbH mit bearbeiten. Auch eine Ausweitung des Angebots ist damit denkbar und wünschenswert.

Carsharing Autos

Neben Bei Anruf Auto e.V. gibt es in Augsburg vor allem in der relativ jungen Carsharing-Sparte der Stadtwerke Leihautos und auch noch einige über den Bahn-Anbieter Flinkster. Aktuell stehen damit 108 Autos zur Verfügung, was einer Quote von 0,38 Autos pro 1000 Einwohnern entspricht. Im Ranking gewinnt diese Kategorie Stuttgart mit 0,64 Autos pro 1000 Einwohnern. Verlierer ist hier Nürnberg mit nur 0,09 Leihautos pro 1000 Einwohnern. Freiburg hat hier (außer Konkurrenz) übrigens den Spitzenwert mit 1,1. Der Durchschnitt der Ranking-Städte liegt bei 0,39, womit Augsburg gerade den Durchschnitt erreicht.
Die Stadtwerke expandieren aktuell mit Ihren Fahrzeugen und Standorten und wollen schon 2018 um 18 Autos und 5 Stationen aufstocken. Augsburg läge dann mit 0,44 Leihautos pro 1000 Einwohnern im oberen Drittel des Rankings. Luft nach oben besteht also durchaus noch.

Modal Split

Der Modal Split beschreibt die Aufteilung der verschiedenen Mobilitätsarten: Fuß, Rad, ÖPNV und Auto bzw. andere motorisierte Fortbewegungsmittel. An ihm lässt sich ablesen, wie viele Wege in einer Stadt mit welchem Verkehrsmittel zurückgelegt wurden. Für das Ranking von Greenpeace wurde in den Städten jeweils der letzte verfügbare Wert herangezogen. In Augsburg stammt dieser aus dem Jahr 2013 und zeigt folgendes Bild: Fuß: 27%, Rad: 15%, ÖPNV: 16%, Auto: 42%. Den besten Fahrrad-Wert im Ranking erreicht hier Bremen mit 23,4%. Noch besser ist nur Freiburg mit satten 34%. Schlusslicht ist Essen mit gerade mal 5% Fahrradanteil. Beim MIV (motorisierter Inidivualverkehr) erreicht im Ranking Berlin den besten Wert mit nur 30%, noch deutlich besser ist hier erneut Freiburg mit sogar nur 21%. Den schlechtesten Wert beim MIV weist Stuttgart mit 55,5% auf. Beim ÖPNV ist erneut Berlin an der Spitze mit 27%. Schlusslicht ist hier wieder Stuttgart mit nur 15,1%. Die Durchschnittswerte aller 14 Städte: Rad: 13,3%; ÖPNV: 20,8%; MIV: 40,3%. Augsburg hat mit seinen mageren 16% beim ÖPNV, sowohl was den schlechtesten Wert aus dem Ranking angeht, als auch den Durchschnittswert sehr viel aufzuholen. Wir wären aktuell auf dem vorletzten Platz. Die Realisierung der Linie 5, der Umbau des Hauptbahnhofs und die Verlängerung der Linie 3 sind aber gerade laufende Maßnahmen, die diesen Anteil steigern sollten. Mit 42% MIV-Anteil liegt Augsburg ebenfalls im unteren Drittel und nur vier Städte weisen einen noch höheren Wert auf. Beim Radverkehrsanteil liegt Augsburg mit 15% zwar über dem Durchschnitt, aber noch sehr weit entfernt von den Spitzenreitern Bremen und Freiburg. Das politische Ziel heißt 25% Radverkehrsanteil bis 2020. 2018 wird der nächste Modal Split erhoben. Dann wird sich zeigen, ob die Maßnahmen, die seit 2013 ergriffen wurden (Carsharing, Radwege, usw.) sich auch in verbesserten Zahlen für Rad und ÖPNV niederschlagen werden. Wir sind gespannt!

Entwicklung der PKW-Dichte

Die Entwicklung der PKW-Dichte pro 1000 Einwohnern ist ein Indikator dafür, ob mehr Menschen dauerhaft bereit sind auf ein Auto zu verzichten oder nicht. Zunächst muss man feststellen, dass in ausnahmslos allen untersuchten Städten die PKW-Dichte seit 2009 gestiegen ist. Der Anstieg ist jedoch unterschiedlich stark und interessant ist gerade der Trend der letzten beiden Jahre. 2009 lag die PKW-Dichte in Augsburg bei 428,8. 2015 lag sie bei 448,6. Interessant ist dabei, dass seit 2013 ein leicht rückläufiger Trend erkennbar ist, denn von damals 449,5 sank die Quote 2014 auf 448,8 und schließlich auf 448,6. Augsburgs Bevölkerung wächst und offensichtlich sind mehr Menschen (vielleicht ja auch viele der Neu-Augsburger) bereit auf ein eigenes Auto zu verzichten. Der Durchschnittswert der 14 Städte aus dem Ranking liegt bei 447 Autos, also ziemlich genau beim Augsburger Wert. Am wenigsten Autos gibt es in Berlin mit 341 pro 1000 Einwohnern, am meisten in Düsseldorf mit 492. Einen rückläufigen Trend in den letzten Jahren wie in Augsburg gab es sonst nur in München, Frankfurt und Dresden und auch dort war der Rückgang eher gering. Bei der Zahl der Autos liegt Augsburg also im Mittelfeld. Bei der Tendenz der abnehmenden PKW-Dichte aber sogar noch knapp im oberen Viertel. Wir hoffen auf eine Verfestigung dieses Trends, gerade durch mehr Carsharing und ein gutes ÖPNV-Angebot.

NO2 – und PM10 – Jahresmittelwert 2016 und CO2 – Ausstoß pro Kopf

Die Luftschadstoffwerte und der CO2 -Ausstoß sind zwar kein direkter Indikator für nachhaltige Mobilität, aber indirekt spiegeln sie durchaus die Mobilitätsformen in einer Stadt wieder. Greenpeace gibt Jahresmittelwerte für die 14 Städte an. Wissenschaftlich ist das fragwürdig, denn in jeder Stadt gibt es einzelne Messstationen, die jeweils an ganz unterschiedlich belasteten Stellen stehen. Für die einzelnen Stationen gibt es Jahresmittelwerte, wie Greenpeace aber zu einem Mittelwert für die gesamte Stadt gekommen ist, konnte von uns nicht eindeutig geklärt werden. Die angegebenen Werte weichen aber jeweils nur geringfügig vom arithmetischen Mittel ab, also alle Werte addiert und geteilt durch die Anzahl der Messstationen. Um eine gewisse Vergleichbarkeit zu erreichen, sind wir für Augsburg dann auch so vorgegangen. Sowohl bei den NO2 – als auch bei den Feinstaubwerten hat Bremen mit 21,5 μg/ m3 bzw. 18 μg/m3 einen absoluten Spitzenwert und damit die geringste Belastung der untersuchten Städte. Der Grenzwert für beide Schadstoffe liegt übrigens bei 40 μg/m3 . Erinnern wir uns kurz: Bremen hatte auch den höchsten Radverkehrsanteil aller Städte. Schlusslichter im Ranking sind erwartungsgemäß Stuttgart und München. Hier liegen die Jahresmittelwerte mit 64,25 bzw. 46 μg/m3 deutlich über den zulässigen Grenzwerten. Die Feinstaubwerte sind mit 27,5 bzw. 21,25 μg/m3 hoch, aber noch unter dem Grenzwert. Auch hier ein kurzer Blick zurück: Stuttgart hatte sowohl beim MIV- als auch beim ÖPNV-Anteil jeweils den schlechtesten Wert. Augsburg kommt beim NO 2 auf einen Jahresmittelwert von ca. 30 μg/m3 und beim Feinstaub auf ca. 18 μg/m3 . Das sind im Vergleich mit den anderen Städten durchaus gute Werte. Schaut man auf die einzelnen Messstationen in Augsburg, so ergibt sich bei NO 2 aber in der Karlstraße mit einem Jahresmittel von 46 μg/m3 eine deutliche Überschreitung des Grenzwerts. Zum Vergleich: Stuttgart und München kämpfen hier mit deutlich höheren Werten: Am Neckartor liegt der Jahresmittelwert bei 82 μg, an der Münchner Landshuter Allee bei 80 μg. Bei den CO2 -Emissionen pro Einwohner hat Bremen mit nur 3,35t klar die Nase vorn. Schlusslicht ist hier Hamburg mit 11,4t. Auch bei diesen Zahlen scheint es Greenpeace aber nicht so genau genommen zu haben mit der Vergleichbarkeit, denn es gibt sehr unterschiedliche Indikatoren, die für eine Berechnung verwendet werden können. Augsburg hat sich im Klimaschutzbericht 2013 entschieden auf einen neuen Indikator umzustellen, was allerdings dazu führte, dass beispielsweise 2006 plötzlich statt 7,6t pro Einwohner 11,07t in der Bilanz standen. Mit dem neuen Indikator gerechnet liegt Augsburg dann 2011 bei 10,18t. Mit dem alten Indikator bei 6,71t. Das bedeutet, dass jedenfalls eine deutlich sinkende Tendenz erkennbar ist. Mit 6,71t liegt Augsburg im direkten Vergleich im oberen Drittel. Mit 10,18t wären wir Vorletzter.

Fazit zur nachhaltigen Mobilität in Augsburg

Augsburg muss sich mit seinen Kennzahlen bei der nachhaltigen Mobilität nicht verstecken. Auch wenn bei Bike- und Carsharing noch deutlich Luft nach oben ist, erreichen wir schon durchschnittliche Werte und der Ausbau beider Angebote befindet sich in Planung. Beim Modal Split bleibt noch viel zu tun und wir alle können auf die nächste Erhebung im Jahr 2018 gespannt sein. Unser ÖPNV-Anteil ist vergleichsweise gering, auch wenn kleinere Städte allein schon aufgrund ihrer geringeren Distanzen hier nie Spitzenwerte erreichen. Der Radverkehrsanteil ist leicht überdurchschnittlich. 2018 wird sich zeigen, ob wir mit der Fahrradstadt 2020 wirklich auf dem Weg sind den Spitzenreiter Bremen zu überholen. Beim Autoanteil liegt Augsburg weit hinten. Aber immerhin zeigt die fallende Tendenz der PKW-Dichte, dass hier etwas voran geht. Bei den Luftschadstoffen und beim CO2 -Ausstoß ist Augsburg im vorderen Drittel.

Insgesamt würde Augsburg im Ranking wohl einen der mittleren Plätze einnehmen. Die einzelnen Indikatoren haben positive Tendenzen und das zeigt: Augsburg ist auf dem Weg zu mehr nachhaltiger Mobilität und einer lebenswerteren Stadt. Das ganze Ranking zum Nachlesen bei Greenpeace:  http://gruenlink.de/1czh

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