Seit 1952 ist das Schullandheim Zusamzell bei der Stadt Augsburg als städtisches Schullandheim in Betrieb. Vorher wurde es von einem Landheimverein getragen, bis dieser die Finanzierung nicht mehr tragen konnte. Ab 1924 baute dieser ein kleines, durch Spenden erworbenes Bauernhaus zum Schullandheim um. Neben Thannhausen wurde es bis 2019 von Schulklassen aus Augsburg und dem Umland für Schullandheimaufenthalte genutzt. Schon seit 2011 gab es mehrere wechselnde Beschlüsse des Stadtrates, ob und in welcher Nutzungsform nun Thannhausen und Zusamzell weiter betrieben werden können und sollen. Seit 2018 nun ist Thannhausen nicht mehr für die schulische Nutzung freigegeben.

Im Ausschuss für Bildung und Migration am 1. Juni 2022 stimmte die schwarz-grüne Koalition nun schlussendlich dafür, auch in Zusamzell die schulische Nutzung einzustellen und eine andere Verwendung für die Liegenschaft zu finden. Dass diese Entscheidung viele Menschen bedauern, ist verständlich. Auf den ersten Blick wirkt es immer sinnvoll, Schullandheime in städtischem Besitz weiter zu betreiben. So öffnen sie für Kinder und Jugendliche doch Räume außerhalb von Schule und Elternhaus, sind für viele der erste Urlaub ohne Eltern und erlauben gruppenbildende Prozesse, die den Klassenzusammenhalt fördern. Jedoch gestaltet sich die Lage rund um das Schullandheim Zusamzell kompliziert. Welche Versuche in der Vergangenheit bereits unternommen wurden, das Schullandheim zu ertüchtigen, und welche Empfehlungen Gutachter geben, wollen wir hier näher erläutern.

2018 wurde im Stadtrat beschlossen, das Schullandheim konzeptionell neu auszurichten und zu modernisieren. Warum kam es dazu nicht?

Im Jahr 2019 musste Zusamzell kurzfristig geschlossen werden. Es stellte sich damals heraus, dass es bauliche und hygienische Mängel in der Großküche gibt und der Brandschutz es nicht erlaubt, das Haus ohne umfassende Nachbesserungen weiter zu betreiben. Außerdem hätte es zu der bisherigen Vollzeitstelle einer weiteren Vollzeitkraft bedurft, um das Haus in angemessener Personalstärke betreiben zu können.

Bis 2021 konnten dann die Kosten für die brandschutztechnische und Sicherheitsmängel beseitigende Sanierung von der Schulverwaltung geschätzt werden. Die Summe belief sich auf ca. 3,5 Millionen Euro, Baupreissteigerungen nicht mit eingerechnet. Ebenso nicht mit einkalkuliert ist die Erneuerung der Heizungsanlage. Die bisherige Heizform, welche durch die Mitversorgung durch einen benachbarten Gewerbebetrieb bewerkstelligt wurde, kann nicht weiter aufrecht erhalten werden. Ebenso unberücksichtigt geblieben ist in der Kostenkalkulation die Steigerung der Bettenzahl. Bisher beläuft sich diese auf 36 Betten, also nicht mehr als eine Schulklasse.

Zum Vergleich: 3,5 Millionen Euro ist die Summe, die die Stadt Augsburg laut Koalitionsvertrag jährlich der Schulverwaltung bereitstellt, um alle ca. 70 Schulen Augsburgs zusammen zu ertüchtigen.

Welche Konzepte gab es, um Zusamzell nach 2018 neu auszurichten?

Die Firma Krause & Böttcher Bildungsstätten GmbH erarbeitete schließlich im Auftrag der Stadt Augsburg ein Konzept, das Zusamzell als Schullandheim einerseits und als Selbstversorgerhaus für die Jugendarbeit andererseits begriff. Dafür hätte es jedoch einen freien Träger gebraucht. Zusätzlich zu den oben genannten Investitionen hätte es in diesem Konzept noch weiterer Ertüchtigungs- und Sanierungsmaßnahmen bedurft, um aktuellen pädagogischen Standards zu entsprechen. Auch die personelle Ausstattung hätte dafür aufgestockt werden müssen. Auf lange Sicht wären weiterhin kontinuierliche finanzielle unterstützende Mittel der Stadt Augsburg für den Weiterbetrieb nötig gewesen. Von 2019 bis 2021 wurden auch ergebnisoffene Gespräche zwischen dem Referat 4 (Bildungsreferat) und Referat 3 (Amt für Kinder, Jugend und Familie) geführt. Die Idee war, dass das Schullandheim in Kooperation der beiden Referate hätte weiterbetrieben werden können.

Des weiteren wurden 2021 mehrere potentielle Träger kontaktiert. Es wurden ebenso Ortsbesichtigungen angeboten. Ein umsetzbares Konzept reichte letztlich nur ein Träger ein: der Stadjugendring Augsburg KdöR. Alle anderen verwiesen auf die großen Sanierungskosten und fortlaufend zu zahlenden Zuschüsse durch die Stadt Augsburg, die auch in saniertem Betrieb weiterhin anfallen würden, und äußerten lediglich Desinteresse.

Jedoch hätte es auch beim Konzept des Stadtjugendrings, zusätzlich zu den oben genannten Modernisierungs- und Brandschutzsanierungskosten, weiterer Investitionen der Stadt Augsburg bedurft. So wurde mit einem fünfstelligen Betrag für die pädagogische Konzepterstellung, der Übernahme von Defiziten des Hauses in Höhe eines jährlichen fünfstelligen Betrags sowie einer dauerhaften, teilweisen Mitfinanzierung des zusätzlichen, pädagogischen Personals durch die Stadt Augsburg kalkuliert.

Eine gemeinnützige Organisation hatte außerdem Interesse am Gebäude, um dies für den Betrieb einer freien Schule zu nutzen. Die Zusammenarbeit kam aber nie zustande.

Eine Kapazitätssteigerung hat nur die Firma Krause & Böttcher mitbedacht: Ein Ersatzneubau würde das Bettenhaus für zwei Klassen nutzbar machen. Auch dies würde eine siebenstellige Investition bedeuten (grobe Schätzung von 2018, Planungskosten und Baupreissteigerungen nicht mit eingerechnet!) und laufende Investitions- und Personalkosten für die Stadt Augsburg nach sich ziehen. Eine andere, im Konzept von Krause & Böttcher vorgeschlagene Option ist die Erweiterung der Betten durch einen Zeltplatz mit Tipis. Hierzu wäre aber der Bau von sanitären Einrichtungen, Gruppenräumen und einer Selbstversorgerküche auf dem Freigelände ähnlich dem Jugendzeltplatz Rücklenmühle notwendig. Die Kosten lassen sich auf einen ähnlich hohen Betrag wie den Neubau dieses Jugendzeltplatzes beziffern.

Fazit: In allen Modellen hätte die Stadt massive Sanierungskosten übernehmen müssen, die sich auf einen geschätzten mittleren siebenstelligen Betrag belaufen (Baupreissteigerungen nicht mit eingerechnet). Zusätzlich hätte es eines fortwährenden Zuschusses der Stadt Augsburg bedurft, der auf einen niedrigen sechsstelligen Betrag pro Jahr hinausläuft. Zusätzlich zum desolaten Zustand des Gebäudes bemängelten alle Interessent*innen die geringe Kapazität.

Was würde ein weiterer Betrieb des Schullandheims Zusamzell, in welcher Form auch immer (Schullandheim, freie Schule durch freien Träger oder Selbstversorger-Jugendhaus), für die Stadt Augsburg bedeuten?

Unter Einsatz der oben genannten Kosten wäre ein Betrieb des Schullandheims theoretisch denkbar. Bei einer finanziell klammen Kommune fehlt aber Geld, das man an einer Stelle einsetzt, an einer anderen. Schullandheime sind eine freiwillige Leistung der Kommunen. Auch eine Förderung bei der Sanierung durch das Bayerische Schullandheimwerk ist unsicher. Einerseits würden maximal 50 % der förderfähigen Kosten übernommen, andererseits sind Schullandheime auch für den Freistaat eine freiwillige Leistung. Wenn der Freistaat also über wenig Haushaltsmittel verfügt, werden diese Töpfe gekürzt.

Wenn nun die Gelder für Zusamzell ausgegeben würden, die anderswo in die Pflichtaufgabe “Schulhausertüchtigung” hätten fließen können, so würde die Kommune ihre Kernaufgaben vernachlässigen. Gerade mit einem anstehenden Anspruch auf Ganztagsschulbetreuung ab 2026, steigenden Geburtenzahlen, mangelnder Digitalisierung und immer mehr marode werdender Altbauten im Schulbereich kann es sich die Stadt Augsburg nicht leisten, Gelder in so hohen Summen für freiwillige Leistungen wie ein Schullandheim auszugeben, dessen Kapazität nur eine Klasse umfasst.