Spricht man über Mitwirkung und Bürger*innenbeteiligung in der Politik, sollte man auch über Petitionen sprechen. Fest in der Bayerischen Verfassung verankert, schafft das Petitionsrecht die Möglichkeit, sich direkt an die Abgeordneten des Bayerischen Landtags zu wenden. Ungefähr 2300 Eingaben erreichen den Landtag jährlich – ein gutes Drittel davon den Ausschuss für Eingaben und Beschwerden, dessen Vorsitzende ich bin. Aus unserer grünen Sicht bedarf es dringend einer Reform des Petitionsrechtes, um die Bürgeranliegen noch besser – proaktiv, transparent, modern und möglichst bürgernah – bearbeiten zu können.

Das aktuelle Petitionsrecht ist eigentlich sehr niederschwellig: Petitionen einreichen darf in Bayern zunächst einmal jeder und jede – unabhängig davon, ob man deutsche*r Staatsbürger*in ist, ob man in Bayern wohnt, ob man volljährig ist, ob man im Gefängnis sitzt oder unter Betreuung steht. Auch für eine dritte Person oder mit anderen Personen zusammen ist eine Petition möglich. Betrifft das Anliegen tatsächlich etwas, für das der Freistaat Bayern direkt oder indirekt zuständig ist, wie Vorschläge zur Landesgesetzgebung, Beschwerden über Polizei und Ordnungsamt, jegliche bau- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten oder Beschwerden von Häftlingen über ihre JVA, wird diese Petition im passenden Fachausschuss des Landtags öffentlich behandelt. Dass Petitionen grundsätzlich öffentlich behandelt werden, ist eine bayerische Besonderheit. Schützenswerte Daten oder der simple Widerspruch der Petentin oder des Petenten führen aber natürlich auch in Bayern zu einer nicht-öffentlichen Behandlung. Petent*innen werden grundsätzlich über die Behandlung ihrer Petition informiert und können an der Sitzung teilnehmen. Ein Rederecht sieht das Petitionsgesetz nicht vor. Für jede Petition wird das zuständige Ministerium um Stellungnahme gebeten. Der Ausschuss kann eine Petition auf unterschiedlichste Weisen für beendet erklären – beispielsweise als „Material”. Das bedeutet, dass der Ausschuss im konkreten Fall Änderungen im Gesetz anregt. Dies geschah beispielsweise erst kürzlich einstimmig am Beispiel der Schulwegkostenerstattung für das neue 365€-Jugendticket im AVV. Das Hauptproblem des aktuellen Petitionswesens ist damit einerseits die Intransparenz und andererseits die mangelnde Unabhängigkeit der Stellungnahmen: Die Stellungnahmen werden allermeist von der Abteilung oder Stelle geschrieben, über die man sich beschwert hat (speziell bei den JVAs) und darüber hinaus gilt der Inhalt zunächst als nicht-öffentlich und wird dem oder der Petent*in nicht vor Behandlung der Petition mitgeteilt.

Grüne Forderungen

Zentraler Punkt einer grünen Reform ist die Einführung einer*s unabhängigen Bürgerbeauftragten. Diese*r Bürgerbeauftragte soll vom Landtag gewählt werden und für alle Eingaben und Beschwerden zuständig sein, die das Handeln der Behörden im Freistaat betreffen (=Administrativpetitionen). Er oder sie soll sich unvoreingenommen und mediatorisch um eine Lösung dieser bemühen und als Ansprechpartner*in sowohl für alle Bürger*innen als auch für dienstliche Angelegenheiten oder Beschwerden von Angestellten des Freistaats dienen. Der aktuell installierte bayerische Bürgerbeauftragte ist ein Abgeordneter der CSU, der durch den Ministerpräsidenten ernannt wurde und theoretisch jederzeit auch wieder durch ihn abberufen werden kann – so jemand ist weder vollkommen unabhängig noch ist er durch das Parlament legitimiert. Aktuell ist es dem Bürgerbeauftragten auch verboten, tätig zu werden, wenn eine Petition in der gleichen Angelegenheit vorliegt. Wir wollen dieses Prinzip umkehren und Petitionen erstmal von einer unabhängigen Stelle prüfen und bearbeiten lassen.

Dadurch wird auch gewährleistet, dass Bürger*innen schneller und transparenter in die Behandlung ihrer Petition eingebunden werden und sich aktiv im Rahmen der mediatorischen Konfliktlösung durch die*den Bürgerbeauftragte*n an der Problemlösung beteiligen und letztlich die endgültige Entscheidung dadurch auch besser akzeptieren können. Kann eine Angelegenheit nicht mediatorisch gelöst werden, wird sie dem Landtag vorgelegt. Dabei hilft dem Ausschuss die Stellungnahme der*des unabhängigen Bürgerbeauftragten. Außerdem wollen wir ein (begrenztes) Rederecht für Petent*innen einführen und dadurch für eine Stärkung der Stellung im Petitionsverfahren sorgen. Die Stellung der Abgeordneten bei ihrer Kontrollfunktion gegenüber der Exekutive stärken wir zusätzlich durch ein Akteneinsichtsrecht, mehr Vorbereitungszeit und die neutrale Vorarbeit des/der Bürgerbeauftragten.

Zuletzt fordern wir eine Vereinfachung der Einreichung von Petitionen, indem ein verbessertes Online-Portal des bayerischen Landtags dazu eingerichtet wird, wo Petitionen mitgezeichnet werden können und der Stand eines Verfahrens erfragt werden kann. Betreiber von privaten Petitionsplattformen sollen im Gegensatz dazu darüber aufklären, dass Online-Petitionen ohne die Einreichung beim Landtag keine Petitionen im Sinne des Petitionsgesetzes (mit den entsprechenden Mechanismen und Rechten) darstellen. Für eingereichte Massen- und Sammelpetitionen soll es bei einem bestimmten Quorum ein umfassenderes Recht auf Anhörung im Ausschuss bzw. Befassung der Vollversammlung geben.

Neues Petitionsrecht schafft mehr Bürger*innenbeteiligung

Wir wollen als GRÜNE das beste und bürgernaheste Petitionsrecht in Deutschland schaffen. Denn Petitionen sind wie anfangs schon erwähnt eines der wichtigsten und niederschwelligsten Mittel der Bürgerbeteiligung in Bayern, da sie einen direkten Austausch zwischen Bevölkerung und Politik schaffen und den Abgeordneten dadurch ermöglichen, als Volksvertreter*innen tatsächlich von den konkreten Anregungen und Problemen der Bürger*innen zu erfahren und diese zu behandeln. Mit einem neuen, reformierten Petitionsrecht können Petitionen transparenter behandelt werden und durch die aktive Beteiligung an der Problemlösung mit dem oder der Bürgerbeauftragten eine neue Form der politischen Mitwirkung geschaffen werden.

Beteiligte Personen