von Stephanie Schuhknecht

Die Klimakrise bedeutet für die Wirtschaft massive Veränderungen. Dabei kommt insbesondere Start-ups und Existenzgründungen eine wichtige Rolle zu, da sie mit neuartigen Geschäftsideen einen entscheidenden Beitrag hin zu einer ökologischen und zukunftsfähigen Wirtschaft leisten können: Auch wenn Technik alleine die Probleme nicht grundlegend lösen kann, brauchen wir innovative Technologien, die dabei helfen, die Klimakrise einzudämmen und mit den Folgen umzugehen.

Als Sprecherin für Start-ups und die Gründerszene setze ich mich daher im Landtag für bessere Bedingungen für Start-ups ein, die mit guten Ideen nach Lösungen für aktuelle Herausforderungen suchen. Um einen genaueren Einblick zu bekommen, wie nachhaltige Start-ups arbeiten, habe ich mich mit Gründer Carsten Kremser von Urgrow ausgetauscht, um mehr über seine Sicht auf aktuelle Entwicklungen zu erfahren. Dabei ist Urgrow ein Start-up, das von sich sagt, die Zukunft des Urban Farmings zu sein – und somit ein wesentlicher Baustein der Agrarwende.

Stephanie Schuhknecht (StS): Urgrow will Urban Gardening noch leichter machen – wie genau sieht das aus?

Carsten Kremser (CK): Wir haben ein Hydroponik-System entwickelt, mit dem Privathaushalte ganzjährig indoor Fruchtpflanzen und Kräuter anbauen können. Anders als die meisten Hydroponik-Systeme setzen wir dabei darauf, dass die natürliche Umgebung der Pflanzen nachgestellt wird. Statt künstlicher Schwämme verwenden wir also speziell abgestimmte Erde. Dadurch ist unser System komplett recyclebar. Ergänzt wird es durch eine App, mit der sich das Licht regulieren lässt und die beim Anbau wichtige Gärtner-Tipps gibt. So schaffen es auch Menschen ohne große Erfahrungen im Gärtnern, gute Erträge zu erzielen. Durch unser System können sich daher Menschen auch in der Stadt ein Stück weit selbst versorgen.

StS: Wie seid ihr auf die Idee gekommen?

CK: Urban Gardening liegt absolut im Trend. Menschen wollen inzwischen wissen, wo und wie ihr Gemüse angebaut wird, wobei auch kurze Transportwege eine wichtige Rolle spielen. Daher ist das Thema sehr präsent. Die Idee für Urgrow entstand dann bei einem Selbstversuch von Urban Gardening: Mein Mitgründer hat im Studium versucht, auf dem Balkon selbst Gemüse anzubauen – zunächst mit wenig Erfolg. Das Lichtspektrum macht es oft schwierig und im Winter entfällt der Anbau auf dem Balkon natürlich komplett. Wir wollten das ändern und eine Option schaffen, wie man möglichst nachhaltig ganzjährig Urban Gardening betreiben kann.

StS: Wie empfindet ihr die Situation für nachhaltige Start-ups aktuell?

CK: Nachhaltige Start-ups werden aktuell vergleichsweise gut unterstützt. Wenn man eine gute Idee hat, mit der man überzeugen kann, findet man viele Angebote. Auch viele klassische Unternehmen interessieren sich inzwischen sehr für nachhaltige Geschäftsideen. Wir Gründer haben uns in Bayern kennengelernt und haben hier die ersten Schritte, damals noch rein nebenberuflich, unternommen. Wir haben hier sehr viel Unterstützung erfahren, die Infrastruktur in Bayern ist in unseren Augen sehr gut. Gegründet haben wir in Sachsen und inzwischen ist unser Schwerpunkt auch dort. Wir behalten aber enge Kontakte nach Bayern. Wir arbeiten hier mit innovativen Unternehmen zusammen, welche für uns beispiels- weise produzieren werden. Wir finden die Förderung in beiden Ländern gut. Ein Grund für den Wechsel war, dass es in Bayern sehr schwer ist, als junges Unternehmen Fachkräfte zu finden, da gerade hier in München viele etablierte große Unternehmen sind, die in der Krise als sicherer Arbeitgeber wahr- genommen werden. Leipzig ist für uns auch attraktiv, da die Kommune zusätzlich auch sehr gute Bedingungen für Start-ups schafft.

StS: Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit für Start-ups?

CK: Wandel braucht junge Ideen. Wir sind aktuell in einer Zeit, in der Nachhaltigkeit für viele Menschen eine immer wichtigere Rolle spielt. Hinzu kommt, dass wir inzwischen dank der Digitalisierung auch viele zusätzliche Möglichkeiten haben, um Ideen umzusetzen. Gerade junge Menschen wollen etwas tun, wo sie Sinn sehen. Selbst zu gestalten und Herausforderungen zu lösen ist wichtig. Dabei sehen wir Nachhaltigkeit nicht nur in Bezug auf Umweltschutz, sondern es geht auch um die gesellschaftliche Implikation dessen, was man tut. Viele haben Ideen zur Verbesserung des Miteinanders, sei es zwischen Menschen oder im Zusammenspiel mit der Natur, und wollen diese selbst umsetzen. Das spricht für Start-ups, denn genau das ist die Mentalität, die man hier braucht.

WAS TUN DIE GRÜNEN, UM NACHHALTIGEN START-UPS DAS LEBEN ZU ERLEICHTERN?
Im Landtag setze ich mich dafür ein, dass Start-ups besser gefördert werden. Unter anderem haben wir in der Fraktion ein Konzeptpapier erarbeitet, in dem wir viele Ideen festgehalten haben, mit denen wir die Start-up-Landschaft in Bayern noch besser gestalten wollen. Eine unserer Forderungen ist, dass alle Programme gut abgestimmt und wirksam konzipiert sein müssen. Bis jetzt gibt es zu wenig Informationen über das aktuelle Gründungs- geschehen in Bayern. Deshalb fordern wir einen neuen und umfassenden Existenzgründungsmonitor mit aktuellen Zahlen und Statistiken. Bis jetzt wissen wir nämlich viel zu wenig über die genauen Bedürfnisse bei Gründungen. Ganz zentral sind für uns selbstverständlich soziale und Green Start-ups: Gründer*innen aus diesem Bereich leisten einen wertvollen Beitrag dafür, unsere Wirtschaft sozial- ökologischer zu gestalten – und damit unsere Gesellschaft zu verbessern. Deshalb fordern wir ein eigenes Förderprogramm für Green Start-ups und Social Entrepreneurs mit speziell an ihre Bedürfnisse angepasste Förderkriterien. Aber auch bei anderen Förderungen müssen nachhaltige Start-ups mitgedacht werden – wie zum Beispiel aktuell beim Start-up Shield – die die Folgen der Corona-Pandemie für Start-ups abfedern sollen. Nicht zuletzt wollen wir den Gründergeist in der ganzen Bevölkerung wecken. Dabei setzen wir auf eine gute Vernetzung zwischen Hochschulen und Gründerzentren, eine Gründerlandschaft mit dezentralen Beratungszentren, die gezielt Frauen, Migrant*innen und Menschen ohne akademischen Abschluss anspricht. Denn wenn wir nicht alle mit ins Boot nehmen, gehen uns viele innovative Ideen verloren.

(für die Inhalte dieses Beitrags ist S. Schuhknecht verantwortlich)

In: Stadtgrün 9: Klimaschutz Hier und Jetzt

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