von Dr. Deniz Anan

Das Fahrrad oder die eigenen Füße anstelle des Autos zu benutzen nützt dem Klima und fördert die Gesundheit. Und es rettet Leben. Eine Kommune wie die Stadt Augsburg kann den Kohleausstieg oder die CO2-Bepreisung nicht direkt beeinflussen. Aber sie kann einen sehr effektiven Beitrag zum Klimaschutz leisten, indem sie bei der Verkehrs- und Stadtplanung den Rad- und Fußverkehr in den Mittelpunkt rückt.

Bis weit in die 2000erJahre galt in Augsburg leider noch das Leitbild der „autogerechten Stadt“ – auch, als es anderswo schon als passé galt. Sinnbild dafür ist die 2001 fertiggestellte vierspurige Schleifenstraße durch das Textilviertel. Wir GRÜNE hingegen haben uns immer schon mit aller Kraft für die umweltfreundlichen Verkehrsmittel eingesetzt. Während unserer ersten Regierungsbeteiligung im Regenbogen- Bündnis (2002 bis 2008) erfolgten die ersten Weichenstellungen in Richtung ökologisch ausgerichteter Mobilitätskonzepte: Damals wurden der Hauptbahnhof- Umbau („Mobilitätsdrehscheibe“), die Straßenbahnlinie 6 nach Friedberg und die erste Stufe des Regio-Schienen-Takts auf den Weg gebracht und es entstanden erste Fahrradstraßen.

2014 – 2020: GRÜNE sorgen für Verbesserungen

Das 2014 mit CSU und SPD abgeschlossene Kooperationsabkommen beinhaltete den weiteren Ausbau des Straßenbahnnetzes und das (2012 beschlossene) Projekt „Fahrradstadt Augsburg“ mit dem Ziel, den Radverkehrsanteil auf 25 Prozent zu steigern. Bis 2020 konnten wir GRÜNE eine ganze Reihe weiterer Maßnahmen zur Förderung ökologischer Mobilität durchzusetzen: neue Radwege und spuren (z.B. am Unteren Graben, in der Jakoberstraße, in der Langenmantelstraße und in der Neuburger Straße), die neue Fahrradstraße in Pfersee oder zahlreiche für den Radverkehr freigegebene Einbahnstraßen. Das jährliche Budget für den Radverkehr wurde von nur 100.000 auf rund zwei Mio. Euro deutlich erhöht. Augsburg hat nun einen hauptamtlichen Fahrradbeauftragten, eine zweite Radstation und eine Stellplatzsatzung, die zu mehr Fahrrad-Abstellanlagen geführt hat. Man darf vormittags zwei Stunden länger in der Annastraße radeln. Die Stadtwerke weiteten ihr Bikesharing-Angebot deutlich aus und erlauben inzwischen die Mitnahme von Fahrrädern in Bus und Bahn. Jedes Jahr gibt es eine „Radlwoche“ und die „Radlnacht“. Umweltreferent Reiner Erben sorgte für einen erweiterten Winterdienst auf Radwegen, den „Masterplan nachhaltige und emissionsfreie Mobilität“ und eine Lastenrad-Kaufprämie.

2020: Mobilitätswende Ziel der schwarz-grünen Koalition

Angesichts unseres starken Ergebnisses von 23,4 Prozent gingen wir nach der Stadtratswahl 2020 selbstbewusst in die Verhandlungen mit der CSU. Hier ist es uns gelungen, zahlreiche wichtige Punkte in dem von der Koalition vereinbarten Zukunftsplan zu verankern. Unter anderem wurde klar vereinbart, „(…) dass die Verkehrsmittel des Umweltverbundes (Fuß und Radverkehr, Bus und Bahn) das Verkehrsgeschehen dominieren“. Und es heißt: „Der öffentliche Raum soll (…) nicht von ruhendem und fließendem Kfz Verkehr dominiert werden“. Auch Oberbürgermeisterin Eva Weber bekannte sich in ihrer ersten Rede vor dem neuen Stadtrat eindeutig zum Ziel der Mobilitätswende. Daher soll die Zuständigkeit ab 2023 in einem Mobilitätsreferat gebündelt werden und nicht mehr auf Bau-, Wirtschafts- und Ordnungsreferat aufgeteilt sein. Konkret vereinbart wurden unter anderem:

  • ein flächendeckendes und sicheres Rad wegenetz
  • die Entschärfung von Gefahrenstellen
  • mehr FahrradAbstellflächen
  • mehr Fahrradstraßen
  • höhere Parkgebühren
  • mehr Tempo 30
  • Pilotprojekt „autofreie Maximilianstraße“
  • mehr Verkehrsberuhigung und autofreie Bereiche
  • weniger Lieferverkehr in Wohngebieten
  • verstärkte Geschwindigkeitsüberwachung
  • Carsharing, Bikesharing und Lastenradver- leih in neuen Wohnquartieren
  • eine Mobilitäts-App
  • ein*e städtische*r Fußgängerbeauftragte*r
Erste Maßnahmen seit Regierungsantritt

Einer der ersten Initiativen der neuen Koalition war die Sperrung der Altstadt (Lechviertel) für den Durchgangsverkehr. Im Zusammenhang mit Corona wurde in den Sommermonaten zudem die Maximilianstraße am Wochenende abends für den Autoverkehr gesperrt – eine Maßnahme, die die Stadt (wegen der Zufahrtskontrollen) 40.000 Euro kostete, die aber weithin als großer Erfolg gesehen wird, genauso wie die Umwandlung von Parkplätzen in Gastro-Flächen.

Auf unseren Antrag aus dem März 2019 hin wurde die Konrad-Adenauer-Allee in diesem August endlich zur Fahrradstraße. Schon nächstes Jahr wird eine Radspur in der Hermanstraße erprobt – auf GRÜNE Initiative hin beinhaltet dieser Versuch zumindest zeitweise auch stadteinwärts einen durchgehenden Radweg bis zum Königsplatz und (allerdings erst zu einem späteren Zeitpunkt) ein Rechtsabbiegeverbot von der Herman- in die Schießgrabenstraße.

Gemeinsam mit der CSU wollten wir in einer Anfrage wissen, ob auch in Augsburg „Pop-Up Bikelanes“ möglich seien. Daraufhin wurde beschlossen, in der Neuburger Straße auf circa 1 km Länge neue Fahrrad- anstelle von Autospuren zu testen. Wir wollen solche Radspuren auch in der Frölich- und in der Volkartstraße erproben. Die Stadt wird außerdem zusätzliche Parkplätze in Fahrrad- Abstellflächen umwandeln. In den kommenden Jahren entstehen zudem neue Fahrrad-Parkhäuser, unter anderem an der Westseite des Hauptbahnhofs (hier 900 Stellplätze, davon 300 kostenlos) und am Haltepunkt Haunstetter Straße. Bewohnerparken im Thelottviertel soll die Zahl derer verringern, die den Hauptbahnhof mit dem Auto ansteuern.

Insbesondere die Maximilianstraße weitestgehend autofrei zu gestalten ist uns ein wichtiges Anliegen – weil es ein Symbol wäre und die Aufenthaltsqualität erhöhen würde. Hier müssen wir aber zunächst rechtliche Fragen klären und überlegen, wie der heute von Autos belegte Platz am besten genutzt werden kann. In jedem Fall soll die Zufahrt zur Maximilianstraße auch im Frühjahr und Sommer 2021 eingeschränkt werden – dann sogar öfter und länger.

Ausblick

Die mit der CSU vereinbarten Punkte wollen wir in den kommenden Jahren kontinuierlich angehen. Die rund 15.000 Unterschriften für das Bürgerbegehren „Fahrradstadt jetzt!“ belegen den großen Rückhalt für eine nachhaltige Mobilitätspolitik. Die Corona-Pandemie erschwert die Umsetzung aufgrund der voraussichtlich stark eingeschränkten finanziellen Spielräume natürlich sehr. Andererseits nutzen nun mehr Menschen das Fahrrad. Das spricht dafür, besonders diejenigen Maßnahmen in den Blick zu nehmen, die – wie Radwege statt Parkplätzen oder mehr Tempo 30 – wenig kosten und viel bringen.

 

MATTHIAS LORENTZEN ZUM 365-EURO TICKET FÜR SCHÜLER*INNEN UND AUSZU BILDENDE: AUF DEN WEG GEBRACHT
Coronabedingt nutzen zurzeit weniger Fahrgäste Bus und Tram. Dies führt zu deutlich geringeren Einnahmen im ÖPNV, die finanziellen Hilfen von Bund und Land werden dies nicht voll auffangen können. Trotz dieser schwierigen Lage ist nun das von uns GRÜNEN geforderte und beantragte 365-Euro-Ticket für Schüler*innen und Auszubildende in den Gremien auf den Weg gebracht worden. Es soll, so die aktuelle Planung, zum 1. August 2021 im AVV eingeführt werden.

 

In: Stadtgrün 9: KLimaschutz Hier und Jetzt

Beteiligte Personen