Ob bei Aktionen im Stadtteil, im Klimacamp vor dem Rathaus, durch Bürger*innenbegehren oder im Integrationsbeirat – viele Augsburger*innen wollen mitreden und engagieren sich bereits! Es gibt jedoch auch einige, die was zu sagen hätten, aber nicht dazu kommen oder keine geeigneten Kanäle finden. Auch ihre Stimmen sollen gehört und berücksichtigt werden! Wie können wir den Widerspruch zwischen Offenheit und Kontinuität, zwischen Niedrigschwelligkeit und Schlagkraft der Beteiligungsprozesse auflösen? Für unsere GRÜNE Fraktion ist die Antwort klar: Wir brauchen ein Beteiligungsbüro, das Bürger*innenbeteiligung weiter professionalisiert und durch innovative Zugänge zur Entfaltung vorhandener Potenziale beiträgt.

Wir GRÜNEN wünschen uns auf allen Ebenen mehr Beteiligung. In Augsburg setzen wir uns für mehr Beteiligungsverfahren, inklusive und innovative Beteiligungsansätze ein. Dafür benötigen wir eine zentrale Stelle, die sich ausschließlich diesem herausragenden Anliegen widmet.

Unsere Vision für ein Augsburger Beteiligungsbüro

Ein Beteiligungsbüro nach unseren Vorstellungen erfüllt verschiedene Funktionen:

  1. Interne Beratung: Die Hauptaufgabe des Beteiligunsbüros besteht aus unserer Sicht darin, den Referaten in allen Phasen der Bürger*innenbeteiligung beratend zur Seite zu stehen und Orientierung bei der Klärung zentraler Fragen zu bieten. In welchen Kontexten ist Beteiligung sinnvoll? Welches Beteiligungsdesign passt zum konkreten Anlass? Das Beteiligungsbüro ist bestens vernetzt, verfügt über einen reichen Fundus an diversen Beteiligungsverfahren (einem „Methodenkoffer”) und versammelt geballte Expertise und Erfahrungswissen. Innovative Ansätze und Methoden sollen dazu beitragen, spezifische Herausforderungen zu meistern und das kreative Potenzial der Bürger*innen zu entfalten, so dass im kooperativen Prozess gute, ausgewogene Lösungen gefunden werden können. Darüber hinaus soll das Beteiligungsbüro grundsätzlich dazu beitragen, innerhalb der Stadtverwaltung – z. B. im Rahmen von Fortbildungsangeboten – ein Bewusstsein für den außerordentlichen Mehrwert professioneller Bürger*innenbeteiligung zu schaffen.
  2. Kommunikation nach außen: Nach unseren Vorstellungen hat ein Beteiligungsbüro neben seiner beratenden auch eine vermittelnde Funktion – indem es den Wissens- und Informationstransfer zwischen Stadtverwaltung und Stadtgesellschaft organisiert und Beteiligung sichtbar macht. Medien wie das Amtsblatt, das Bekanntmachungen und Ausschreibungen der Stadt mitteilt, lesen wohl die Wenigsten. Hier sind also innovative Kommunikationskonzepte gefragt! Über eine digitale Beteiligungsplattform sollen sich Bürger*innen über abgeschlossene (Dokumentation), laufende und geplante Beteiligungsprozesse informieren können. Veranstaltungstermine, Hintergründe, Ergebnisse: hier sollen die relevanten Informationen gesammelt präsentiert werden. Welche Entscheidungsprozesse laufen momentan oder in naher Zukunft? Welche Lösungswege werden diskutiert? Wo kann ich mich wie einbringen? Welchen finanziellen Rahmen hat die Stadt zur Verfügung und woran bemisst sich die finanzielle Förderung eines Projektes durch den Freistaat? Wenn wir uns mehr Beteiligung wünschen, ist eine niederschwellige, ehrliche Informationspolitik eine wesentliche Voraussetzung. Ein zentraler Bestandteil dieser Informationspolitik kann eine jederzeit zugängliche Vorhabenliste wie etwa in Heidelberg oder Bonn sein, die durch das Beteiligungsbüro betreut wird. Sie soll politische Vorgänge transparent machen und geplante kommunale Projekte gebündelt präsentieren, bevor diese in den jeweiligen Gremien verhandelt und beschlossen werden. Bürger*innen haben dadurch die Möglichkeit, frühzeitig zu intervenieren und ggf. ein Beteiligungsverfahren einzufordern. Das Instrument wurde bereits in der letzten Wahlperiode beschlossen und wird gerade erstellt.
  3. Evaluation: Ein dritter, wichtiger Aufgabenbereich ist die Evaluation der durchgeführten Projekte – auch als wertvolle Grundlage für künftige Beratungen. Es gilt herauszufinden, wie Bürger*innen einen Beteiligungsprozess erlebt haben, welche Methoden unter welchen Rahmenbedingungen zielführend waren und wie ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Einsatz und Nutzen erreicht werden kann. Daraus lassen sich essenzielle Lern- und Erfahrungswerte ableiten, von denen die Beteiligungsarbeit insgesamt profitieren kann.

Zentrale Herausforderungen, offene Fragen und gute Ideen

Als konzeptionelle Grundlage für Beteiligungsprozesse wünschen wir uns ein organisches Beteiligungsleitbild. Dieses Leitbild soll nicht ad hoc entstehen, sondern organisch wachsen können, also einen Entwicklungsprozess vollziehen dürfen. In diesem Sinne soll ein Rahmenkonzept erarbeitet werden, das wesentliche Eckpfeiler (z. B. Repräsentativität und Niederschwelligkeit) definiert, aber auch produktiven Spielraum beinhaltet.

Repräsentativität ist ein Erfolgskriterium für Bürger*innenbeteiligung. Wie schaffen wir es, noch mehr Bürger*innen an der Weiterentwicklung Augsburgs zu beteiligen? Auch die, für die starre Gremienarbeit mit langen Laufzeiten abschreckend ist, die sich keine Kinderbetreuung für Abendveranstaltungen leisten können oder sich von komplizierter Behördensprache überfordert fühlen und auf eine Übersetzung in leichte Sprache bzw. ihre Muttersprache angewiesen sind? Insbesondere junge Menschen, Familien, Frauen, queere Menschen und BIPoC (Black, Indigenous and People of Color) bzw. Menschen mit Migrationsgeschichte sind momentan in Beteiligungsverfahren unterrepräsentiert.

Für uns ist klar: Diese Lücke zu schließen ist eine große Aufgabe des Büros für Bürger*innenbeteiligung, um aus der Vielfalt der Erfahrungen und Meinungen der Augsburger Stadtgesellschaft schöpfen zu können. Deshalb wollen wir regelmäßige Formate wie Schüler*innenwettbewerbe oder Kooperationen mit Uni und Hochschule genauso etablieren wie eine aufsuchende Informations- und Partizipationsstruktur, um Menschen, die bisher nicht partizipiert haben, für Beteiligungsprozesse zu gewinnen. Dabei könnten Kanäle und Räume von Vereinen, zivilgesellschaftlichen Organisationen oder Religionsgemeinschaften genutzt werden, um eine möglichst breite Resonanz zu erzielen. Auch die Ermittlung von „Zufallsbürger*innen” ist in diesem Kontext ein spannender Ansatz. Hier entscheidet das Los darüber, wer eingeladen wird.

Grundsätzlich muss Bürger*innenbeteiligung niederschwellig sein, wobei die jeweilige Schwellenhöhe von den individuellen Voraussetzungen der Bürger*innen abhängt. Hier gilt es, verschiedene Perspektiven mitzudenken! Für den digital-affinen Teil der Stadtbevölkerung können digitale Partizipationsmöglichkeiten die Schwelle erheblich senken. Die oben genannte digitale Beteiligungsplattform könnte interaktive Elemente beinhalten und direkte Partizipationskanäle eröffnen. Bürger*innen könnten dort diskutieren und abstimmen, Vorschläge einreichen und Feedback geben. Auch interaktive Veranstaltungen und Diskussionen könnten Bestandteil des digitalen Angebots sein. Die Partizipationsmöglichkeiten derjenigen, denen die notwendige technische Ausstattung oder die erforderlichen Kenntnisse fehlen, dürfen dabei jedoch auf keinen Fall vernachlässigt werden! Auch für diese Bürger*innen muss es niederschwellige Beteiligungskonzepte geben.

Aktueller Stand und Ausblick

Dass ein Beteiligungsbüro eingerichtet wird, ist Gegenstand unseres schwarz-grünen Koalitionsvertrags. Bezüglich der konkreten Ausgestaltung sind allerdings noch einige Fragen offen. Wir setzen uns für eine baldige Realisierung und für die Berücksichtigung unserer Ideen sowie für eine adäquate personelle und finanzielle Ausstattung ein, damit unser Augsburger Beteiligungsbüro seiner wichtigen Aufgabe auch gerecht werden kann! Augsburg ist eine großartige Stadt mit einer bunten Stadtgesellschaft, die es verdient hat, gehört zu werden!

 

 

 

 

Beteiligte Personen