von Cemal Bozoğlu

Dem während der Regierungsbildung getätigten, vollmundigen Versprechen Markus Söders „grün werden zu wollen, ohne die GRÜNEN zu brauchen“ ließ der bayerische Ministerpräsident keine Taten folgen. Während die 10-H-Regelung weiterhin für einen Stillstand beim Ausbau der Windkraft in Bayern sorgt und auch in Sachen Solarenergie kein wesentlicher Fortschritt zu verzeichnen ist, richtet sich der Fokus der bayerischen Landespolitik deutlich in Richtung Autoverkehr. Dabei bringen wir GRÜNE viele wichtige Ideen in den Landtag ein und zeigen damit, dass wir reichlich Alternativen haben. Auf einige davon werde ich in diesem Text eingehen.

Eine zentrale Bedeutung im Kampf gegen die Erdüberhitzung kommt der Windenergie zu. Ihr Ausbau wird in Bayern jedoch durch die 2014 erlassene 10HRegelung, die einen Mindestabstand vom Zehnfachen der Höhe der Windkraftanlage zu Wohngebäuden vorsieht, förmlich unmöglich gemacht. Praktisch gesehen reduziert diese Regelung nämlich laut Angabe der Heinrich-Böll-Stiftung die Landesfläche in Bayern, auf der der Bau einer Windanlage sowohl ausreichend effizient als auch rechtlich möglich ist, auf max. 0,05 Prozent. Ein Blick auf die Zahlen belegt den gravierenden Rückgang in puncto Ausbau von Windkraftwerken. Der „Energieatlas Bayern“ errechnete für 2018 einen Anteil von lediglich 6,1 Prozent Windenergie an der gesamten Bruttostromerzeugung in Bayern. Dabei wäre die Akzeptanz für Windenergie, die gemeinsam mit Photovoltaik eine der günstigsten Arten der Energieerzeugung darstellt, grundsätzlich bei der Mehrheit der Bevölkerung vorhanden. Mehrfach und zuletzt im Oktober 2020 haben wir GRÜNE daher mit parlamentarischen Initiativen die Abschaffung des 10-H-Windkraftverhinderungsgesetzes gefordert.

Staatsregierung in der Pflicht

Die energiebedingten CO2-Emissionen in unserem Bundesland sind 2019 um 2,5 Prozent gestiegen. Das entspricht einem Zuwachs von zwei Millionen Tonnen. Zu diesem Ergebnis kommt eine vom bayerischen Wirtschaftsministerium in Auftrag gegebene Schätzbilanz, die das Leipziger Institut für Energie kürzlich veröffentlicht hat. Die Studie zeigt, dass das Ziel der Senkung des CO2-Ausstoßes mit der aktuellen Regierung in weite Ferne rückt und ein „grüner Söder“ nicht am Horizont zu erkennen ist. Mein Landtagskollege, der energiepolitische Sprecher unserer Fraktion Martin Stümpfig, resümiert: „Immer mehr Transportgüter in schweren LKW auf der Straße, immer dickere, spritfressende Privat-SUV in Stadt und Land: Diese Entwicklung hat vor allem die jahrelange fehlgeleitete CSU-Verkehrspolitik in der Bundesregierung zu verantworten. Wir brauchen endlich Vorfahrt für Bus, Bahn und Fahrrad sowie neue Wege in der Mobilität anstatt Förderungen für Verbrenner.“ Die Staatsregierung steht in der Pflicht, die Zukunft der erneuerbaren Energien zu sichern. Dazu müsste sie sich auf allen Ebenen für eine Novellierung des Erneuerbare-Energien- Gesetzes einsetzen und etwa die Erhöhung der Ausbaupfade für die einzelnen Technologien fordern. In einem Dringlichkeitsantrag im November 2020 haben wir gefordert, die Windenergie auf durchschnittlich 8.000 Megawatt pro Jahr, die Sonnenenergie auf 15.000 Megawatt und die Biomasse auf 950 Megawatt im Sinne einer Anschlussförderung von Bestandsanlagen zu erhöhen.

Hitzeaktionspläne fördern

Auch hinsichtlich der Unterstützung der Kommunen beim adäquaten Umgang mit der Klimaüberhitzung sehen wir eindeutig, dass die schwarz-orangene Landesregierung ihrem selbst formulierten Anspruch nicht gerecht wird. So haben wir GRÜNE 2020 gefordert, dass das Land einen neuen Haushaltstitel schaffen und damit Kommunen mit einer Summe von 20 Mio. Euro unterstützen soll. Denn vor Ort sind die Folgen von Hitzeperioden, Dürren oder Überschwemmungen hautnah erlebbar und die Gemeinden in der Pflicht zu handeln. Diese Mittel könnten gut dazu dienen, Hitzeaktionspläne, Sturzfluten- Risikokonzepte, Klimafunktionskarten oder Ähnliches zu erstellen. Auch könnten solche Mittel in die Gebäudebegrünung investiert werden. Hinsichtlich der Begrünung von Gemeinden haben wir die Landesregierung dazu aufgefordert, die Bauordnung (BayBO) anzupassen und die Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden zu erweitern. So wie schon unser Antrag „Hitze gefährdet Gesundheit – kommunale Hitzeaktionspläne stärker fördern“ wurden aber auch diese Vorschläge mit den Stimmen von CSU und Freien Wählern abgelehnt. Zwar sind die Kommunen aufgefordert, Hitzeaktionspläne zu erarbeiten, denn die Sterberate nimmt nach Schätzungen bei einem Temperaturanstieg um fünf Grad im Sommer um etwa zehn Prozent zu, eine landesweite Koordinierung der Hitzewarnungen oder die Unterstützung der Kommunen seitens der Landesregierung ist jedoch nicht erkennbar. Wasserbewirtschaftung anpassen Die langen Trockenperioden der letzten Sommer verdeutlichen, dass die bisherige Form der Wasserbewirtschaftung an die klimatischen Veränderungen angepasst und neu ausgerichtet werden muss. Deshalb haben wir die Staatsregierung 2020 aufgefordert, die europäische Wasserrahmenrichtlinie umzusetzen, die Überwachung der Wasserentnahme zu verstetigen, um illegale Entnahmen zu unterbinden, vor allem in bebauten Gebieten Versickerungsflächen (unversiegelte Flächen) zu erhalten oder neu zu schaffen und die Entwässerung der Moore durch ein ambitioniertes Moorschutzprogramm schnellstmöglich zu stoppen. Hinsichtlich des aktuellen Entwurfs des Bayerischen Klimaschutzgesetzes, das nach der Meinung von Verbänden, unabhängigen Expert*innen und uns weit hinter allen Erwartungen zurückbleibt, haben wir GRÜNE tiefgehende Änderungen vorgeschlagen. Wir bemängeln insbesondere, dass das Gesetz ohne verbindliche Zielvorgaben zur Senkung des CO2-Ausstoßes in den einzelnen Sektoren und ohne ein regelmäßiges Monitoring keine Wirkung haben wird. Allerdings bleibt auch hier die Landesregierung resistent gegenüber Verbesserungsvorschlägen.

Mobilitätswende jetzt

Eine Anfrage meines Kollegen Markus Büchler (verkehrspolitischer Sprecher der GRÜNEN Fraktion im Landtag) aus dem Jahr 2019 zeigte indes, dass die Söder Regierung bereits bei der Dienstwagenbeschaffung in den eigenen Behörden versagt und damit ein verheerendes Signal an die Bürger*innen in Bayern aussendet. Lediglich 49 der im Jahr 2018 insgesamt beschafften 2.431 Autos sind elektrisch betrieben. Die Söder-Regierung erweckt damit den Eindruck, selbst noch nicht überzeugt zu sein von der E-Mobilität „Made in Bavaria“. Die Perspektivlosigkeit im Hinblick auf die Mobilitätswende wird auch überdeutlich, wenn wir die mangelnde Stärkung von Bus und Bahn im ländlichen Raum oder die fehlende Wertschätzung für das Fahrrad betrachten. 2020 haben wir mit einem Antrag deshalb die Schaffung eines Bayrischen Eisenbahnfinanzierungsgesetzes und damit eine dauerhafte, verlässliche Finanzierung der Infrastruktur aller nichtbundeseigenen Bahnlinien gefordert.

(für die Inhalte dieses Beitrags ist Cemal Bozoğlu verantwortlich)

In: Stadtgrün 9: Klimaschutz Hier und Jetzt