von Stephanie Schuhknecht

Was haben Maler*innen, Entwickler*innen von Computerspielen, Architekt*innen, Bildhauer*innen, Theaterschauspieler*innen, Grafikdesigner*innen und Journalist*innen gemeinsam? Sie alle haben Berufe, in denen vor allem Kreativität gefragt ist. Diese wird immer wichtiger, weil sie nicht nur das Umfeld angenehmer macht und für ein gutes Lebensgefühl sorgt, sondern auch ein relevanter Wirtschaftsfaktor ist. Augsburg hat im Kultur- und Kreativbereich bereits einiges zu bieten, die Förderung könnte aber noch weiter ausgebaut werden.

Wichtiger Wirtschaftsfaktor

Kreative Berufe – das klingt erstmal nach brotloser Kunst. Und im weitesten Sinne geht es bei den vielen, oft sehr unterschiedlichen Facetten der Kultur- und Kreativwirtschaft auch nicht um sehr große Firmen, sondern oftmals um einzelne Selbstständige oder kleine Betriebe. Manche Kreative lehnen eine Monetarisierung ihrer Kunst auch ab, zum Teil, weil das kreative Ausleben bewusst nicht zur Erwerbsarbeit werden soll, zum Teil, weil eine Kommerzialisierung befürchtet wird. Gleichzeitig ist insgesamt betrachtet der Bereich rund um Kultur und Kreatives enorm: Laut Wirtschaftsministerium werden über 100 Milliarden Euro hier in Deutschland pro Jahr erwirtschaftet. Damit ist der gesamte Bereich als Wirtschaftsfaktor wichtiger als beispielsweise die chemische Industrie.

Kreativ- und Kulturwirtschaft – Zukunftsweisende Tätigkeiten

Neben der jetzt schon hohen wirtschaftlichen Bedeutung ist der Kreativbereich besonders gut für die Zukunft aufgestellt. Gerade in Zeiten von zunehmender Automatisierung sind Arbeitsfelder, bei denen Kreativität gefragt ist, immer wichtiger: Künstliche Intelligenz ist sehr gut darin, große Datenmengen auszuwerten, vorhersehbare Vorgänge und Arbeitsschritte können durch moderne Maschinen automatisiert werden. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass zum Beispiel Berufe in der Fertigung daher in Zukunft wegfallen und Roboter die Aufgaben übernehmen, ist daher hoch. Anders sieht dies bei Berufen aus, in denen Kreativität das zentrale Element ist. Zwar sorgt auch hier die Digitalisierung für oftmals grundlegende Änderungen und Herausforderungen. Zum Beispiel hat sich die Musikbranche sehr dadurch gewandelt, dass kaum mehr Tonträger wie CDs verkauft werden und Musik vor allem gestreamt wird. Insgesamt sind aber Kreativ-Berufe selbst oftmals kaum automatisierbar. Vielmehr braucht es Kreative für die Digitalisierung, da sie viele Angebote überhaupt erst schaffen oder attraktiv machen. Dadurch ist der Bereich rund um die Kreativ- und Kulturwirtschaft in hohem Maße zukunftsfähig. Besonders Standorte wie Augsburg profitieren daher langfristig sehr davon, wenn Kreative unterstützt werden und die Stadt entsprechend attraktiv für sie ist: So ist der Arbeitsmarkt weniger abhängig von der Konjunktur einzelner großer Unternehmen. Dazu kommt die deutlich höhere Lebensqualität, wenn in einer Stadt viel Kultur vereint wird.

Für bunte Orte – Kreativität fördern

Dabei kommt Kreativität nicht einfach so von alleine – damit Menschen kreativ werden und sich ausprobieren können, braucht es auch ein Umfeld, in dem das überhaupt möglich ist. Die Politik muss einen Rahmen schaffen, in dem Menschen experimentieren dürfen. Dafür gibt es grundsätzlich auf verschiedenen Ebenen Förderungen – an vielen Stellen könnte diese aber noch deutlich besser umgesetzt werden. Das zeigt sich schon einmal darin, dass trotz der wirtschaftlichen Bedeutung die Kultur- und Kreativwirtschaft im bayerischen Wirtschaftsministerium keinen zentralen Anlaufpunkt mehr hat. Dadurch ist eine koordinierte Förderung deutlich schwieriger. Aktuell gibt es zwar eine Vielzahl von verschiedenen Förderprogrammen auf Bundes- und Landesebene – übersichtlich geht aber anders. Problematisch ist auch, dass die Branchen ganz unterschiedlich stark gefördert werden – und oftmals keine langfristige, verlässliche Förderung besteht, was viele Projekte schwierig macht. Ein Beispiel hierfür ist die Unterstützung der Gaming-Industrie: Wenngleich sie ein stark wachsender Bereich ist und 2019 auch umfassendere Förderungen erhielt, ist noch unklar wie es mit finanzieller Unterstützung in den nächsten Jahren weitergehen wird. Dies macht es oftmals schwer zu planen. Außerdem orientiert sich die Förderung oft stärker an großen Events wie Messen, wobei hier mit großen Summen gefördert wird – während kleinere Akteure in der Kultur- und Kreativwirtschaft oftmals deutlich größere Schwierigkeiten haben gefördert zu werden, auch wenn es nur um kleinere Summen geht. Wichtig ist, dass, statt verschiedene Bereiche gegeneinander auszuspielen, diese eher zusammengebracht werden müssen: Die Unterstützung der Kreativwirtschaft darf nicht zur Verdrängung von freien Kunstschaffenden führen, Gelder für bestimmte Bereiche dürfen nicht dazu führen, dass andere sich nicht mehr finanzieren können. Vielmehr können Kooperationen fruchtbar sein, auch zwischen Wissenschaft und Kreativen. Im Oktober 2019 hat sich nun der Bayerische Landesverband der Kultur- und Kreativwirtschaft gegründet – und setzt sich für eine zentrale Anlaufstelle und bessere Förderung ein. Es wird also spannend, wie es mit der Förderung auf Landes- und Bundesebene weitergeht.

Innovatives Augsburg

Bei der Förderung der Kreativ- und Kulturwirtschaft haben auch die Städte und Kommunen einen großen Einfluss. Augsburg hat inzwischen eine rege kreative Szene – man denke an Orte wie den Kulturpark, in immer stärkerem Maße das Gaswerk, die vielen Selbstständigen in Augsburg, die im Bereich von Grafikdesign arbeiten oder auch IT-Anbieter in der Region. Michael Söndermann vom Büro für Kulturwirtschaftsforschung hat in einer Studie sogar deutlich herausgestellt, dass Augsburg ein wahrer Hotspot für den Kreativsektor ist. Gleichzeitig gilt auch, dass es viele Ansätze gibt, die die Situation vor Ort noch deutlich verbessern würden. Ein entscheidender Punkt, den Kommunen gut steuern können, ist die Organisation von kreativen Räumen. Die Stadt München macht es in einem gewissen Rahmen schon einmal vor, indem sie explizit Atelierwohnungen und Residenzen für Kunstschaffende fördert. Dabei werden Ateliers und Unterkünfte für Künstler*innen finanziell von der Stadt unterstützt und als sozialgeförderter Wohnraum umgesetzt, damit sich die Kunstschaffenden für eine bestimmte Dauer weniger Gedanken um die Miete machen müssen. Auch Kreative aus dem Ausland könnten so für eine bestimmte Zeit günstig in Augsburg unterkommen – und dadurch die Welt nach Augsburg holen. Somit werden junge Kreative, aber auch nicht stark kommerziell ausgerichtete Projekte gefördert. Orte wie das Gaswerk können in der Zukunft dafür sorgen, dass Augsburg kreativ bleibt und noch kreativer wird – und damit fit für die Zukunft. Auch Zwischennutzungen von leerstehenden Gewerbe-Immobilien könnten hier einen wertvollen Beitrag leisten. Die richtigen Weichen werden dafür auch bei der anstehenden Kommunalwahl gestellt.

 

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