Status: in Bearbeitung | wird am 17.09.2018 im Umweltausschuss behandelt

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

im Dezember 2008 nahm der Stadtrat den Klimaschutzbericht 2008 zustimmend zur Kenntnis. Darin wurde die Verwaltung beauftragt, verschiedene Maßnahmen innerhalb des Umsetzungszeitraumes des Klimaschutzberichtes vorzubereiten und umzusetzen. Unter diese Maßnahmen fällt auch die Ausarbeitung eines „Augsburger Energiestandards“.

Dieser „Augsburger Energiestandard“ wird als wesentliches Element einer Energiesparstrategie gesehen. Er sollte über den geltenden gesetzlichen Mindeststandard hinausgehen. „Neben dem Klimaschutz ist ein ambitionierter Energiestandard vor allem auch eine finanzpolitische Vorsorgemaßnahme, um weitere Energiepreissteigerungen abzufedern“ (Zitat aus Klimaoffensive Augsburg 2008, Seite 3).

Leider existiert trotz mehrfacher Initiativen aus der Stadtgesellschaft sowie trotz Anträgen von unserer Fraktion hierzu bis heute kein Augsburger Energiestandard. Im Vergleich dazu beschritten andere Kommunen wie z.B. Freiburg, Nürnberg oder Frankfurt diesen Weg vor vielen Jahren und setzen ihn erfolgreich um. Unserer Ansicht nach ist es nun an der Zeit, endlich auch in Augsburg einen derartigen Standard einzuführen.
Unsere Fraktion stellt daher folgenden

Antrag:

  1. Die Stadtverwaltung wird beauftragt einen „Augsburger Standard für klimagerechtes und nachhaltiges Bauen und Sanieren“ zu erarbeiten, der dann von den zuständigen Gremien zu beschließen ist.
  2. Der „Augsburger Standard für klimagerechtes und nachhaltiges Bauen und Sanieren“ soll insbesondere bei Sanierung und Neubau für die eigenen städtischen Liegenschaften, beim Verkauf städtischer Grundstücke und Gebäude an Dritte und im Rahmen von Verhandlungen über städtebauliche Verträge zur Anwendung kommen.

Begründung

Der Klimawandel und die globale Erwärmung schreiten voran. Wirksame Maßnahmen zum Schutz des Klimas sind wichtiger denn je weshalb insbesondere auch der CO2-Ausstoß drastisch reduziert werden muss. Hierbei stellt der  Gebäudeenergieverbrauch eine wesentliche Stellschraube dar.

1998 ist die Stadt Augsburg dem Klimabündnis der europäischen Städte e.V. beigetreten. Sie hat sich durch diese Mitgliedschaft zu kurz-, mittel- und langfristigen Klimaschutzzielen verpflichtet. Kurzfristig lautet das Ziel, die CO2-Emissionen alle fünf Jahre um 10% zu reduzieren, langfristig, die CO2-Emissionen pro Kopf auf maximal 2,5 Tonnen pro Jahr zu senken. Dies kann nur mit großen Anstrengungen gelingen.

Einen großen Anteil am Gesamtenergieverbrauch und am CO2 Ausstoß haben öffentliche und private Gebäude in Deutschland. Sie verbuchen für Heizung, Warmwasser und Beleuchtung einen Anteil von 40 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs. Sie stehen für fast 20 Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes. Dieses „Einsparpotential“ muss ausgeschöpft werden und das gelingt nur mit hohen Energiestandards für Sanierung und Neubauten, sind diese doch die Altbauten der kommenden Jahrzehnte.

Seit dem 1. Januar 2016 gilt für Gebäude die Energieeinsparverordnung (EnEV 2014 +). Damit werden die Anforderungen an den energetischen Standard für Neubauten, sowohl für Wohn- als auch für Nichtwohngebäude weiter erhöht. Der erlaubte Jahres-Primärenergiebedarf sinkt ab 2016 um 25 Prozent. Die Verordnung ist im Zusammenhang mit der EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden von 2010 zu sehen. Sie fordert ab 2019 einen Niedrigst-energiestandard für Neubauten von Gebäuden der öffentlichen Hand; ab 2021 für alle Gebäude. Ein Augsburger Energiestandard muss sich an diesen aktuellen Vorgaben orientieren.

Ein „Augsburger Energiestandard“ muss aber über diese gesetzlichen Vorgaben hinausgehen. Anzustreben ist aus unserer Sicht daher ein sog. Plusenergiehaus. Ein „Augsburger Energiestandard“ bringt damit bei Neubauten und Sanierungen den Vorteil, dass diese Gebäude auf die nächsten 30 oder 40 Jahre in energetischer Hinsicht optimiert sind. Damit machen sich die Stadt bei ihren eigenen Liegenschaften oder die privaten Hauseigentümer über Jahrzehnte hinweg unabhängiger von den absehbaren Energiepreissteigerungen.

Wir sind der Meinung, dass zukunftsfähiges Bauen aber nicht nur im Einhalten von ambitionierten Energiestandards besteht. Klimagerechtes und nachhaltiges Bauen und Sanieren macht es notwendig, die Ökobilanz von Gebäuden in den Blick zu nehmen und hierfür Nachhaltigkeitskriterien festzulegen. Klimagerechtes und nachhaltiges Bauen beinhaltet auch eine ganzheitliche Betrachtung des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes: von Planung, Bau und Betrieb bis zur Entsorgung. Ziel ist es dabei, den Ressourcenverbrauch einer Baumaßnahme und eines Gebäudes möglichst gering zu halten.

Darüber hinaus ist für klimaschützendes und nachhaltiges Bauen und Sanieren neben der Energieeffizienz des Gebäudes auch die Verwendung der Baustoffe und Materialien, deren Herstellung, Transport und spätere Entsorgung, sowie die sparsame Inanspruchnahme der Ressourcen Wasser und Boden entscheidend dafür, ob die Baumaßnahme klimagerecht und nachhaltig umgesetzt wird.

Als Grundlage für die Erarbeitung eines „Augsburger Standard für klimagerechtes und nachhaltiges Bauen“ können zum einen die Erfahrungen dienen, die jetzt beim Bau des Umweltbildungszentrums gemacht werden, da hier erstmals eine Gesamtökobilanz des Neubaus betrachtet wird, von der Planung über den Bau und Betrieb bis zur Entsorgung.  Zum anderen bietet der sog.  „Aachener Standard“ viele vorbildhafte Ansätze.

Der Aachener Standard beruht auf drei Säulen:

  • Ökonomische Betrachtung: Hier werden über die Anschaffungs- bzw. Errichtungskosten hinaus insbesondere auch die Baufolgekosten betrachtet, die über die gesamte Nutzungs- bzw. Lebensdauer anfallen.
  • Ökologische Betrachtung: Bei der ökologischen Betrachtung der Nachhaltigkeit wird eine Ressourcenschonung durch einen optimierten Einsatz von Baumaterialien und Bauprodukten sowie eine Minimierung der Medienverbräuche (z.B. Heizen, Strom, Wasser, und Abwasser) angestrebt.
  • Soziale und kulturelle Dimension von nachhaltigem Bauen: Hier sind neben den Fragen der Ästhetik und Gestaltung die Aspekte des Gesundheitsschutzes, der flexiblen und vielfältigen Nutzbarkeit und z.B. der Barrierefreiheit wichtig.

Mit freundlichen Grüßen

Martina Wild                         Cemal Bozoğlu                                     Stephanie Schuhknecht

Fraktionsvorsitzende        stellv. Fraktionsvorsitzender        stellv. Fraktionsvorsitzende

Christian Moravcik                Antje Seubert                        Dr. Pia Haertinger

Verena von Mutius