Essen, Trinken, Schlafen – Wohnen. Wir GRÜNEN finden, diese Grundbedürfnisse muss sich Jede*r erfüllen können. Doch die Lage auf dem Augsburger Wohnungsmarkt spitzt sich immer weiter zu. Deshalb setzen wir uns für eine Politik ein, die Boden nicht als Ware versteht, sondern als Lebensraum.

Der Augsburger Wohnungsmarkt ist angespannt. Die tendenziell wachsende Bevölkerung erhöht die Nachfrage, Leerstände und brachliegende Grundstücke verknappen den Markt weiter. Von den vorhandenen Wohnungen sind viele für Gering- und Normalverdiener kaum noch erschwinglich. Die GRÜNE Stadtratsfraktion will hier gegensteuern. Wir setzen uns für eine gemeinwohlorientierte Wohnraum- und Bodenpolitik ein, die ALLE Augsburger*innen im Blick hat. Es gibt diverse stadtplanerische Gestaltungsmittel, mit denen wir strukturelle Verbesserungen schaffen können.

Städtebauliche Verträge und Bauleitplanung
Städtebauliche Verträge schließt die Kommune mit privaten Investoren ab, um die Möglichkeit zu haben, eine Bebauung an bestimmte Auflagen zu knüpfen, wie etwa die Einrichtung einer Kita. Bebauungspläne sind Teil der Bauleitplanung und können ebenfalls Weichen im Sinne sozialgerechter Bodennutzung stellen. So hat der Augsburger Stadtrat Anfang 2020 beschlossen, Bebauungspläne für neue Wohnvorhaben lediglich dann auszuweisen, wenn im parallelen städtebaulichen Vertrag mindestens 30 Prozent sozialer Wohnungsbau vorgesehen sind. Diese Vorgabe gilt für alle künftigen bebauungspläne, wie Haunstetten Südwest oder die Wohnanlage auf dem Obi-Areal.

Bodenvorratspolitik
Viele Kommunen verkauften in der Vergangenheit immer mehr Grundstücke aus ihrem Eigentum und erwarben kaum Neue. Dieses Vorgehen beschneidet die Handlungsfähigkeit (z. B. Einfluss auf die Entwicklung von Bodenpreisen) und kommunale Gestaltungsspielräume. Mit aktiver Bodenvorratspolitik können wir diesen Trend umkehren: Grundstücke erwerben, deren Erträge dann in den Zukauf weiterer Grundstücke fließen. Das kürzlich vom Bundestag beschlossene Baulandmobilisierungsgesetz macht es für Kommunen zudem einfacher, Grundstücke zum Verkehrswert zu erwerben. Für Problemimmobilien und Brachflächen erhalten sie Vorkaufsrechte. Aufgrund der coronabedingt klammen Kassen sind derzeit leider keine großen Investitionen möglich. Aber im ersten Schritt wollen wir städtische Grundstücke nicht mehr verkaufen, sondern v. a. in Erbpacht vergeben.

Erbbaurecht
Boden ist keine vermehrbare Ressource. Deshalb sollten Grundstücke nicht meistbietend verkauft und zum Spielball von Investor*innen werden. Eine wichtige Möglichkeit, um städtisches Eigentum zu erhalten und somit Gestaltungsspielräume für zukünftige Generationen zu bewahren, ist die Vergabe im Erbbaurecht. Dabei werden Grundstücke für einen begrenzten Zeitraum gegen einen regelmäßig zu entrichtenden Erbbauzins zur Verfügung gestellt. Ende 2020 hat der Stadtrat auf unsere Initiative hin beschlossen, dass stadteigene Wohnbauflächen zukünftig grundsätzlich im Erbbaurecht vergeben werden. Ein Meilenstein nachhaltiger Bodenpolitik in Augsburg! Der Beschluss wird sogar noch auf ein Verfahren aus der letzten Legislaturperiode angewendet: Von zwölf Baugrundstücken in der Hammerschmiede, auf die sich Augsburger*innen mit begrenzten finanziellen Möglichkeiten bewerben konnten, wird immerhin ein Drittel in Erbpacht vergeben.

Konzeptvergabeverfahren
Im Sheridanpark in Pfersee werden vier Baufelder zu einem festen Preis an diejenigen Baugruppen vergeben, die das überzeugendste Konzept präsentieren. So wollen wir bezahlbaren Wohnraum gewinnen, eine an Nachhaltigkeitskriterien orientierte Bauweise (z. B. Einsatz erneuerbarer Ressourcen, PV-Anlagen) begünstigen und innovative Formen des Zusammenlebens (z. B. gemeinschaftlich genutzte Räume oder Fahrzeuge, Generationenwohnen) gezielt fördern. Seit Jahren setzen wir uns dafür ein, dass bei der Vergabe städtischer Grundstücke das Konzept im Vordergrund stehen soll. Bei dieser ersten Konzeptvergabe erproben wir ein wertvolles Steuerungsinstrument, das in Zukunft ausgeweitet werden soll.

Städtebauliche Erhaltungssatzung
Im März 2021 beschloss der Stadtrat eine Erhaltungssatzung für ein Gebiet beidseits der Lessingstraße im Bismarckviertel – nachdem sich viele Bürger*innen gegen den Abriss der Diesel-Villa in der Hochfeldstraße stark gemacht hatten. Mit ihrer besonderen Erscheinung hat die Villa eine identitäts- stiftende Bedeutung für das Quartier. Die Satzung regelt „die Erhaltung der städtebaulichen Eigenart des Gebiets aufgrund seiner städtebaulichen Gestalt” (BauGB). Eigentümer*innen müssen für die Errichtung, den Rück- oder Umbau sowie für eine Nutzungsänderung künftig eine Genehmigung einholen. Damit gewinnt die Stadt gewisse Mitgestaltungsspielräume.

Erhaltungssatzung zum Milieuschutz
Eine Erhaltungssatzung kann auch die „Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung” in einem Quartier regeln. Dann werden Modernisierungen genehmigungspflichtig und die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen wird erschwert. Milieuschutz ist besonders dort relevant, wo Gentrifizierung droht. In Augsburg betrifft das z. B. die Jakobervorstadt, weshalb wir dort zeitnah entsprechende Regelungen auf den Weg bringen wollen.

Zweckentfremdung
In einer Stadt mit steigenden Immobilien- und Bodenpreisen wie Augsburg lohnt es sich für Investor*innen und Spekulant*innen, Wohnungen einfach leer stehen bzw. Grundstücke unbebaut zu lassen, um sie später teurer weiterzuverkaufen. Das führt dazu, dass Wohnraum immer knapper und teurer wird und v. a. Personen mit niedrigem Einkommen schlechte Chancen auf dem freien Wohnungsmarkt haben. Um gegenzusteuern setzen wir uns für eine Zweckentfremdungssatzung ein. Sie soll verhindern, dass Wohnraum etwa durch gewerbliche Nutzung (z. B. Airbnb) verloren geht, oder länger als drei Monate leer steht. Im Oktober 2020 stimmte der Jugend-, Sozial- und Wohnungsausschuss einer entsprechenden Beschlussvorlage zu. Die Verwaltung trifft derzeit Vorbereitungen, damit eine Zweckentfremdungssatzung nach Beschluss im Stadtrat auch umgesetzt und kontrolliert werden kann. Wir hoffen, dass wir auch zeitnah die Satzung beschließen können.

erschienen in Stadtgrün 10: Stadtplanung & Mobilität