von Reiner Erben

In Augsburg haben wir die bekannten drei Dimensionen der Nachhaltigkeit (Ökologie, Ökonomie, Soziales) um eine vierte Dimension erweitert: die Kulturelle. Ein wichtiger Aspekt und ein wichtiger Transmissionsriemen ist dabei Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE). Nach einer Definition der Deutschen UNESCO-Kommission ist BNE eine Bildung, die Menschen zu zukunfts- fähigem Denken und Handeln befähigt: Wie beeinflussen meine Entscheidungen Menschen nachfolgender Generationen oder in anderen Erdteilen? Welche Auswirkungen hat es beispielsweise, wie ich konsumiere, welche Fortbewegungsmittel ich nutze oder welche und wie viel Energie ich verbrauche? Welche globalen Mechanismen führen zu Konflikten, Terror und Flucht?

Die Welt verstehen

Bildung für nachhaltige Entwicklung ermöglicht es jedem und jeder Einzelnen, die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt zu verstehen und verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen. Das führt zu der Frage: Was ist das Ziel von guter Bildung? Jenseits von konkreten Inhalten soll sie Menschen die Kompetenz vermitteln zu gestalten. Gute Bildung geht über reines Faktenwissen hinaus, sie vermittelt Fähigkeiten und Werte und ermöglicht 1. vorausschauendes Denken; 2. interdisziplinäres Wissen; 3. autonomes Handeln; 4. Partizipation an gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen. Das Konzept BNE dient entsprechend nicht nur dazu, Nachhaltigkeitsthemen wie Klimaschutz und Biodiversität zu thematisieren, sondern partizipative Methoden zu verwenden, um kritisches Denken, Teamfähigkeit und weitere Fähigkeiten zu vermitteln. Hinzu kommt ein internationaler Blick, der es uns ermöglicht, uns als Weltbürger*innen zu verhalten, deren Denken und Handeln nicht an der eigenen Landesgrenze aufhört. Dazu braucht es umfassende politische Bildung. Denn jeder und jede Einzelne muss täglich Entscheidungen treffen. Und nicht immer liegt es auf der Hand, was die beste Entscheidung ist.

Wie funktionieren nachhaltige Entwicklungsprozesse?

Ein Schlüsselbegriff von BNE ist dem- entsprechend „Gestaltungskompetenz“: „Mit Gestaltungskompetenz wird die Fähigkeit bezeichnet, Wissen über nachhaltige Entwicklung anwenden und Probleme nicht nachhaltiger Entwicklung erkennen zu können.“ (Definition nach Prof. Dr. Gerhard de Haan). Das heißt, aus Gegenwartsanalysen und Zukunftsstudien Schlussfolgerungen über ökologische, ökonomische und soziale Entwicklungen in ihrer wechselseitigen Abhängigkeit ziehen und darauf basierende Entscheidungen treffen, verstehen und umsetzen zu können, mit denen sich nachhaltige Entwicklungsprozesse verwirklichen lassen.

Was folgt daraus für Augsburg?
  1. Bildung für Nachhaltige Entwicklung ist Auftrag für alle Akteure der Stadtgesellschaft.
  2. Es gilt, möglichst viele Menschen an der nachhaltigen Entwicklung ihrer Stadt und Welt zu beteiligen.
  3. Grundlage nachhaltiger Entwicklung in Augsburg sind die gemeinsamen Ziele, auf die sich die Stadtgesellschaft verständigt hat, die „Zukunftsleitlinien für Augsburg“ (2015 vom Stadtrat verabschiedet).
  4. Aufgabe von Politik und Verwaltung ist es, interessante Wege anzubieten, um diese Ziele zu erreichen.
  5. Um möglichst viele Menschen zur Mitwirkung zu gewinnen, sollen die wirklichen Interessen möglichst vieler Akteure der Stadtgesellschaft aufgenommen werden.
  6. Dabei hilft, dass wir schon viele positive Beispiele und laufende Aktivitäten vieler stadtgesellschaftlicher Akteure vorweisen können. fester Bestandteil.
Handlungsschritte vom Büro für Nachhaltigkeit
  1. Bürgerdialoge über gemeinsame Werte in Zeiten platter Botschaften
  2. Zweiter Augsburger Nachhaltigkeitsbericht
  3. Zukunftspreise (inzwischen im 13. Jahr) und Zukunftstagung
  4. SDGs und bundesweites Standing der Stadt
  5. Verknüpfung mit Stadtentwicklungskonzept
  6. Nachhaltigkeitseinschätzung bei Stadtratsbeschlussvorlagen und Umweltschutz, Wirtschaft, Kultur und Soziales profitieren.
Beteiligung der Nicht- Beteiligten – Bürgerdialog über gemeinsame Werte

Ziel ist die Beteiligung der Nicht-Beteiligten: hierzu sollen aufsuchende Gespräche über Werte mit verschiedensten Gruppen der Stadtgesellschaft von verschiedensten Multiplikatoren geführt werden. Grundlage ist ein Gesprächsbaukasten mit den „Zukunftsleitlinien für Augsburg“. Multiplikatoren aus dem Agendaprozess fragen mit Hilfe des Baukastens spielerisch nach den Zielen und Werten der Zukunftsleitlinien, die den Gesprächspartner*innen wichtig sind und was ihnen bei den 75 Zukunftszielen gefällt oder fehlt. Ziel ist, dass mehr Menschen besser über die grundlegende städtische Politik informiert und einbezogen sind und sich auch einbezogen fühlen. Und mitmachen.

SDG`S UND BUNDESWEITES STANDING IN AUGSBURGS
In der bundesweiten Diskussion gewinnen die SDGs (Sustainable development goals – die weltweiten Nachhaltigkeitsziele der UN, die auch neue Grundlage der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie sind) immer stärker an Bedeutung. Augsburg ist über den OB-Dialog Nachhaltige Stadt bundesweit vernetzt und kann dort Einfluss nehmen auf neue Kommunikations-, Abstimmungs- und Unterstützungsangebote für Kommunen. Diese Erfahrungen werden dem Thema Nachhaltige Entwicklung auch in Augsburg zusätzlichen Rückenwind geben.

ZWEITER AUGSBURGER NACHHALTIGKEITSBERICHT
Eine weitere Grundlage ist der 2. Augsburger Nachhaltigkeitsbericht (wird Ende 2019 in den Fachausschüssen und im Stadtrat vorgestellt), der Indikatoren und qualitative Beispiele aus der Stadtgesellschaft (Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Stadtrat und Stadtverwaltung) enthalten wird. Er wurde vom Büro für Nachhaltigkeit in verschiedenen Schritten erstellt. Erfahrungsgemäß wirkt das Ergebnis sehr motivierend, weil zu sehen ist, was alles von wie vielen Menschen schon getan wird. Unsere Nachhaltigkeitsberichterstattung strahlt auch mittels Internet auf viele Kommunen aus und wird dort als Vorbild genutzt.

NACHHALTIGKEITSEINSCHÄTZUNG BEI STADTRATSBESCHLUSS VORLAGEN
Auch die Nachhaltigkeitseinschätzung bei Stadtratsbeschlussvorlagen ist ein Beitrag der Nachhaltigkeitsbildung, vornehmlich in Verwaltung und Politik. Denn mit diesem Nachhaltigkeitscheck wird bei Stadtratsbeschlüssen abgeprüft, ob und wie sich die jeweilige Entscheidung auf die Nachhaltigkeitsziele der Stadt auswirkt. In der Stadtratssitzung im Oktober 2019 wurde beschlossen, diese Nachhaltigkeitseinschätzung fortzuführen. Zukünftig muss verbindlich die Auswirkung auf das Ziel „Klima schützen“ ausgefüllt werden.

 

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Beteiligte Personen