Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt. Damit unsere Kinder aber auch eine lebenswerte Welt von uns übernehmen können, müssen wir dringend zu einer echt nachhaltigen Lebensweise kommen. Klimakrise und Artensterben werden schon jetzt immer deutlicher und konkreter in ihren Folgen für uns alle. Voraussetzung für eine lebenswerte Zukunft ist eine tiefgreifende gesellschaftliche Transformation – und die kann nur durch Bildung gelingen.

Bildung spielt im Nachhaltigkeitskontext eine Schlüsselrolle, denn sie sensibilisiert für die Notwendigkeit von Transformationsprozessen, befähigt zur Gestaltung von politischen, wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Veränderungen, aber auch ganz konkret und individuell dazu, das eigene Leben nachhaltig zu führen. Der Schlüsselbegriff für Bildung, die sich mit Nachhaltigkeit beschäftigt und Menschen dazu befähigen soll, die Welt nachhaltiger zu machen, nennt sich “Bildung für nachhaltige Entwicklung”, kurz gesagt: BNE. Doch was ist damit gemeint? Für die Antwort lohnt sich ein Blick auf die globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals). Dort wird BNE so definiert: „Bildung für nachhaltige Entwicklung ist ein ganzheitliches Bildungskonzept, das Lernende dazu befähigt vor dem Hintergrund globaler, ökologischer, ökonomischer und sozialer Herausforderungen informierte Entscheidungen zu treffen und verantwortungsbewusst zum Schutz der Umwelt, für eine nachhaltige Wirtschaft und eine gerechte Gesellschaft zu handeln – für aktuelle und künftige Generationen.“ Das “UNESCO Rahmenprogramm Bildung für nachhaltige Entwicklung: die globalen Nachhaltigkeitsziele verwirklichen” (BNE 2030) und der “Nationale Aktionsplan Bildung für nachhaltige Entwicklung” (NAP BNE) formulieren das Ziel einer strukturellen Verankerung von BNE in allen Bildungsbereichen, also zum Beispiel in der frühkindlichen Bildung, in der beruflichen Bildung, in der Bildung an Hochschulen, aber auch in der non-formalen Bildung – das gilt auch für Deutschland.

Bildung für Nachhaltigkeit für Bayern
Hohe Ziele – was angesichts der Situation auch notwendig ist. Aber wie wird BNE umgesetzt? Den Bundesländern kommt bei der lokalen Umsetzung eine Schlüsselrolle zu, auch wenn es ein globales Thema ist. Denn Bildung ist Ländersache – daher ist die Landespolitik gefragt, wenn es darum geht, BNE zu fördern und gute Programme (weiter-) zu entwickeln. Zwar liegen viele der Programme eigentlich beim Bund, insbesondere der Nationale Aktionsplan BNE, der 2017 beschlossen wurde und beim Bundesministerium für Bildung und Forschung angesiedelt ist. Doch die Länder haben die Kompetenz, BNE in Lehrplänen und Bildungseinrichtungen fest zu verankern. Die Grüne Landtagsfraktion hat sich daher im Rahmen ihres Nachhaltigkeitskonzeptes stark damit beschäftigt, wie dies besser geleistet werden kann, denn bislang gibt es bei der konkreten Ausgestaltung der BNE Defizite. Da die verschiedenen Bildungsbereiche auf mehrere Ministerien verteilt sind, wird BNE entsprechend sehr unterschiedlich gehandhabt. BNE wird oft als ein Zusatz wahrgenommen, für das im leistungsorientierten Schulalltag keine Zeit ist – oder hat häufig lediglich Projektcharakter. Zum Beispiel wird an einem Projekttag Wissen über ein Umweltthema erarbeitet. Das ist gut, reicht aber nicht, um Kinder umfassend zu sensibilisieren; es besteht außerdem die Gefahr, dass bei zu hoher Belastung BNE einfach entfällt. Zudem fehlt ein gemeinsames BNE-Verständnis, das nicht nur Umweltbildung und Globales Lernen beinhaltet, sondern in Anlehnung an die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen alle Aspekte einer nachhaltigen Lebens- und Wirtschaftsweise umfasst.

Viel Arbeit, wenig Ehre? Umweltbeauftragte an Bayerischen Schulen
Ein gutes Beispiel dafür, was im Kontext BNE in Bayern schiefläuft, sind Umweltbeauftragte an bayerischen Schulen. Auf den ersten Blick scheint die Staatsregierung hier viel richtig zu machen: Die Richtlinien für Umweltbildung an Schulen sieht unter anderem vor, dass jede Schule eine*n Umweltbeauftragte*n ernennen muss, welche*r nicht nur für BNE an den Schulen sorgt, sondern auch die Schule bei Umweltfragen berät, etwa wie die Schule energieeffizienter werden könnte. Somit hätte jede Schule eine*n Expert*in für Umwelt, welche*r die Lage vor Ort gut kennt und unkompliziert Projekte und Initiativen anstoßen kann. Doch leider täuscht der erste Eindruck: Eine Anfrage der Grünen Landtagsfraktion zeigt, dass die Staatsregierung keinerlei Daten darüber hat, welche Schulen tatsächlich Umweltbeauftragte haben. Der Verdacht liegt dabei nahe, dass aus der eigentlich vorgeschriebenen Position ein Sahnehäubchen für Schulen wird, die es haben möchten. Es kommt aber noch schlimmer: Eine Anrechnung der Arbeit, die Umweltbeauftragte leisten, ist nicht vorgeschrieben; Schulleitungen können darüber frei entscheiden. Die eigentlich vorgeschriebene Position entpuppt sich daher als meist nicht bezahlte und wahrscheinlich oftmals nicht besetzte Stelle – ein Phänomen, das im Bereich von BNE immer wieder auftritt.

Grüne Visionen für nachhaltige Entwicklung
Als Grüne Landtagsfraktion wollen wir ändern, dass BNE mit schönen Worten angekündigt, aber oft nicht mit entsprechenden Finanzen und Ressourcen ausgestattet wird. BNE muss verstärkt in der Tiefe und Breite der gesamten Bildungslandschaft Eingang finden und zentraler Bestandteil von Lehr- und Bildungsplänen werden. Um diese Ziele zu erreichen, wollen wir einen umfassenden und partizipativen Strategieprozess nach dem Vorbild anderer Bundesländer durchführen, um eine Landesstrategie Bildung für nachhaltige Entwicklung für alle Bildungsbereiche zu entwickeln. Bei der Strategieentwicklung sollen alle Akteur*innen, insbesondere der Zivilgesellschaft, der Kommunen, der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Schulen, der Kindertagesstätten und der außerschulischen Bildungseinrichtungen einbezogen werden. Die Landesstrategie soll erstmals alle Bereiche formaler und non-formaler Bildung unter dem Dach der Bildung für nachhaltige Entwicklung zusammenführen und einen gemeinsamen Rahmen setzen. Daneben haben wir in Anträgen und Anfragen immer wieder darauf hingewiesen, dass BNE kein netter Zusatz ist – sondern eine wichtige Aufgabe, die entsprechend auch bei der Verteilung von Geldern berücksichtigt werden muss. Diese Forderung will ich weiter stark machen – vor Ort und auf Landesebene.

Für die Inhalte dieser Seite ist Stephanie Schuhknecht, MdL, verantwortlich.

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