von Sabrina Koch

Neben Maßnahmen zum Klimaschutz ist es für Städte wie Augsburg ebenso wichtig, Klimawandelanpassungmaßnahmen zu ergreifen. Denn die Folgen des globalen Klimawandels sind längst auch in Augsburg spürbar. Sowohl die Jahresdurchschnittstemperatur als auch die jährlichen Hitzetage (Tage mit mind. 30° C) nehmen zu (vgl. Klimaschutzbericht 2018). Das Projekt „Abc – Augsburg bleibt cool“ unterstützt die Stadt dabei, sich auf die Auswirkungen der steigenden Temperaturen und die Möglichkeiten der Anpassung an diese vorzubereiten. Dr. Christoph Beck erklärt uns, was das Projektteam herausgefunden hat und welche Schlüsse sich daraus ziehen lassen.

Sabrina Koch (SK): Welche Auswirkungen kann die Zunahme und Intensivierung von Hitzewellen auf den Menschen haben?

Dr. Christoph Beck (CB): Die drastischen Auswirkungen von Hitzewellen auf den Menschen verdeutlichte bspw. die europäische Hitzewelle im Sommer 2003, die etwa 70.000 Todesopfer forderte. Besonders stark durch solche Ereignisse betroffen sind ältere Menschen, Kinder, Schwangere sowie Personen mit Vorerkrankungen oder eingeschränkter Anpassungsfähigkeit. Die Hitzebelastung kann gravierende Belastungen bspw. des Herz-Kreislauf-Systems auslösen bzw. begünstigen. Die genannten Gesundheitseffekte von Hitzewellen kommen besonders stark in Städten zur Geltung. In diesen gibt es ein erhöhtes Temperaturniveau (städtische Wärmeinseln), in den Nachtstunden findet keine ausreichende belastungsmindernde Abkühlung statt und es bestehen zusätzliche gesundheitliche Belastungsmomente durch verschiedene Luftschadstoffe. Auch bei gesunden Menschen sinkt die Schlafqualität und damit die Leistungsfähigkeit.

SK: In Augsburg wird unter anderem eine kleinräumige Hitzelandkarte erstellt. Welche Schlüsse können aus der Identifizierung von Hitze- Hotspots für die Stadt gezogen werden?

CB: Urbane Hitze-Hotspots sind Bereiche in der Stadt, die sich durch erhöhte Lufttemperaturen im Außen- und / oder Innenbereich auszeichnen. Die Identifizierung solcher Hot spots erlaubt zum einen die Untersuchung der Ursachen innerstädtischer Überwärmungseffekte, die bspw. die Anteile versiegelter und natürlicher Oberflächen beinhalten. Zum anderen kommt der Kenntnis dieser Hot-Spots eine hohe Relevanz mit Blick auf die Bestimmung besonders hitzeexponierter Gebiete und gefährdeter Bevölkerungsgruppen zu. Die Identifizierung von HitzeHotspots spielt eine bedeutsame Rolle im Rahmen der Entwicklung von Klimaanpassungsmaßnahmen zur Reduzierung der Intensität von Hitzewellen in der Stadt (z.B. durch gezielte stadtplanerische Maßnahmen) und zur Erhöhung der individuellen Anpassungsfähigkeit der betroffenen Stadtbevölkerung (z.B. durch entsprechende Sensibilisierungsmaßnahmen).

SK: Kann ein Zusammenhang zwischen sozio-ökonomischem Status und Hitzebelastung hergestellt werden?

CB: Verschiedene Studien zeigten, dass Bevölkerungsgruppen mit niedrigerem sozio-ökonomischen Status meist in höherem Maße von Umweltbelastungen und Klimaextremen betroffen sind als sozial besser gestellte Personengruppen. Einflussfaktoren sind u.a. die Wohnsituation, der Zugang zu Grünflächen, aber auch interne Wärmelasten wie der alte ineffiziente Kühlschrank. In unserer Auswertung konnte allerdings kein Zusammenhang zwischen der empfundenen Hitzebelastung und dem Haushaltseinkommen festgestellt werden. Unterschiede ließen sich jedoch zwischen den Bewohnern von Eigentumswohnungen / -häusern und Mietwohnungen feststellen, wobei die Mietenden von einer höheren Hitzebelastung berichteten. Auch weibliche Befragte zeigten eine höhere Belastung als männliche. Erstaunlicherweise konnten wir die jüngsten Teilnehmer*innen (18 bis 29 Jahre) als die am stärksten subjektiv belastete Altersgruppe identifizieren, während die ältere Generation (65+) sich am wenigsten von Hitze belastet fühlt. Das ist nicht ungefährlich, da diese Generation mit am vulnerabelsten ist.

SK: Welche Schutz- und Anpassungsmöglichkeiten können ergriffen werden, um die Stadt hitzeresistenter zu machen?

CB: Ganz wesentlich zu einer wirkungsvollen Klimaanpassung im urbanen Raum kann Stadtgrün beitragen. Bäume im Straßenraum tragen tagsüber zu einer Abkühlung durch Beschattung bei und wirken hohen Lufttemperaturen durch Transpiration entgegen. Modellsimulationen zeigen für verschiedene Bereiche im Augsburger Stadtgebiet, dass Begrünungsmaßnahmen wirkungsvoll sind und zu Reduzierungen der hochsommerlichen Lufttemperaturen beitragen können. Für ein innerstädtisches Modellgebiet im Bereich Annastraße und Steingasse ergeben sich für ein begrüntes Modellszenario (Einbringung von zusätzlichem Straßenbegleitgrün und Dachbegrünung) teils um bis zu 3° C niedrigere Lufttemperaturen als für ein entsprechendes Modell des Ist-Zustands. Ein weiterer ganz wesentlicher Punkt ist die Erhaltung oder Schaffung ausreichender Durchlüftungsverhältnisse, um einen effektiven Luftaustausch zu gewährleisten.

SK: In Ihrer Studie war die Partizipation und Sensibilisierung der Zivilgesellschaft ein wichtiger Bestandteil. Was kann auf individueller Ebene gegen Hitze unternommen werden?

CB: Generell macht es auch im privaten Wohnbereich Sinn, über Anpassungsmaßnahmen nachzudenken. Hilfreiche aber nicht überall und meist nur längerfristig umzusetzende Maßnahmen sind die Dämmung des Dachs, idealerweise mit einem Dämmstoff höherer Dichte wie Holzfaser, eine Dachbegrünung oder eine Fassadenbegrünung. Aber auch Außenverschattungen (z.B. Markisen oder Rollläden) tragen zum Hitzeschutz bei. Die Wohnung kann so tagsüber verdunkelt werden, das Lüften sollte dann in die kühlen Morgenstunden verschoben werden. Vorzugsweise können dabei feuchte Tücher vor das offene Fenster gehangen werden, um für Verdunstungskälte zu sorgen. Auch das Aufrollen von Teppichen während einer Hitzewelle kann zu kühleren Raumverhältnissen beitragen. Wichtig ist auch, auf sich und andere im sozialen Umfeld zu achten: auf leichte Kost umsteigen, genügend trinken und sich so wenig wie möglich in der Sonne aufhalten.

SK: Vielen Dank!

 

ABC – AUGSBURG BLEIBT COOL
Das Projekt soll Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel fördern, indem es ein übertragbares Modell entwickelt, das urbane HitzeHotspots im Außen und Innenbereich identifiziert. Das Projekt wurde durch das Bundesumweltministerium gefördert (67DAS144) und lief von November 2018 bis Oktober 2020. Prof. Dr. Michael Hiete, Professor für Wirtschafts chemie an der Universität Ulm, hat das Projekt koordiniert. Neben der Stadt Augsburg als Praxispartner waren der Lehrstuhl für Physische Geografie mit Schwerpunkt Klimaforschung der Universität Augsburg, das Sachverständigenbüro für Luftbildauswertung und Umweltfragen und die bifa Umweltinstitut GmbH Projektpartner. Im Projekt verwendete Satellitendaten wurden vom DLR (Deutsches Zentrum für Luft und Raumfahrt) bereitgestellt.

 

in: Stadtgrün 9: Klimaschutz Hier und Jetzt