Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
Die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CSU, SPD, und die fraktionslosen Stadträt*innen Bruno Marcon, Roland Wegner, Peter Hummel, Lisa McQueen, Raphael Brandmiller und Christian Pettinger stellen folgenden Antrag:
1. Die Stadt Augsburg beschließt die im Folgenden genannte Resolution. Anlass sind die Angriffe der AfD auf gemeinnützige Vereine mit dem Ziel, diesen ihren Status abzuerkennen und ihnen somit finanziellen Schaden zuzufügen.
„Die Friedensstadt Augsburg erkennt die Bedeutung des Engagements der Augsburger Zivilgesellschaft für Demokratie, Antidiskriminierung, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte und gegen Hass und Hetze, auch in Form von politischem Engagement und mit gelegentlichem tagespolitischem Bezug, als essenziell für die Förderung der Allgemeinheit an. Eine Aberkennung der Gemeinnützigkeit von Körperschaften, die diese Zwecke verfolgen, gefährdet langfristig das friedliche, tolerante und demokratische Zusammenleben in Augsburg selbst und darüber hinaus. Entsprechend fordert die Stadt Augsburg den Bund auf, das geltende Gemeinnützigkeitsrecht so zu reformieren, dass die oben genannten Zwecke sowie Körperschaften, die diese Zwecke verfolgen, eindeutig als gemeinnützig anerkannt werden könne und Körperschaften, die sich neben ihren Zwecken auch im oben genannten Sinne engagieren und äußern, in ihrer Gemeinnützigkeit nicht gefährdet sind.“
2. Die Oberbürgermeisterin wird gebeten, sich im Sinne dieser Resolution mit einem Schreiben an den Bundeskanzler sowie an das Bundesfinanzministerium zu wenden.
3. Die Oberbürgermeisterin wird gebeten, sich an den Deutschen Städtetag zu wenden mit der Bitte, die Kommunen der Bundesrepublik mit dem Anliegen der Augsburger Resolution zur Reformierung der Gemeinnützigkeit zu befassen und diese zur Mitzeichnung aufzufordern.
Begründung
In einem offenen Brief an den Bundeskanzler haben über 100 Vereine beklagt, dass ein Ausbleiben einer Reform des Gemeinnützigkeitsrechts langfristig ihre Existenz gefährden könnte. Auslöser war ein Urteil des Bundesfinanzhofes gegen eine Nichtregierungsorganisation im Jahr 2019. Dies erzeugte eine große Unsicherheit bei Vereinen in Deutschland über die Voraussetzung der eigenen Gemeinnützigkeit. Expert*innen beklagen sich immer wieder, dass das geltende Gemeinnützigkeitsrecht veraltet sei und den Realitäten der Zivilgesellschaft hinterherhinkt. In letzter Zeit werden zudem immer mehr Vereine Opfer von gezielten Angriffen auf ihren Status der Gemeinnützigkeit durch die AfD, vor allem auf Landesebene. Eine Gefährdung der Gemeinnützigkeit und die damit einhergehende Existenzbedrohung von Vereinen, die sich für unseren Rechtsstaat einsetzen, wäre fatal für die Augsburger Stadtgesellschaft.
Die Friedensstadt Augsburg ist in ihren Bestrebungen, Augsburg zu einem Ort des demokratischen, solidarischen und friedlichen Zusammenlebens zu machen, seit jeher auf zivilgesellschaftliche Akteur*innen und das Ehrenamt angewiesen. Dies gilt in Zeiten des aktuellen Rechtsrucks insbesondere, aber nicht nur, für den Kampf gegen Rechtsextremismus, Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Viele der in diesen Bereichen aktiven Vereine wären ohne die Vorzüge der Gemeinnützigkeit langfristig nicht überlebensfähig. Auch Vereine aus anderen Bereichen – z.B. Sport-, Umwelt- und Tierschutzvereine – sollten sich gelegentlich für tagespolitische Themen einsetzen können, ohne um ihre Existenz fürchten zu müssen, denn genau dieses Engagement in der Breite unserer Gesellschaft brauchen wir so dringend. Umso stärker aber diese Vereine in ihrem Engagement unter Druck gesetzt und bedroht werden und umso tagtäglicher dies geschieht, brauchen sie Gewissheit, dass ihr Engagement für Demokratie, Antidiskriminierung, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte und gegen Hass und Hetze, ihre Gemeinnützigkeit langfristig nicht gefährdet. Die Verabschiedung der Resolution soll deshalb nicht nur ein Zeichen der Solidarität mit bedrohten Vereinen setzen, sondern einen bundesweiten Prozess anstoßen, der langfristig unsere wichtigste Voraussetzung für das Fortleben unserer Demokratie ist: eine engagierte, pluralistische Zivilgesellschaft.