Status: beantwortet

Antwort des Referats für Wirtschaft, Arbeit, Smart City, Liegenschaften und Marktwesen vom 18.02.2021

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,

Digitalisierung ist inzwischen in vielen Lebensbereichen Realität geworden und verändert jetzt schon viele Bereiche von Verwaltung, Wirtschaft und Stadtgesellschaft. Die Corona-Krise hat diese Entwicklung beschleunigt.

Der lokale Einzelhandel und damit die Innenstädte verlieren gegenüber den immer größer werdenden sogenannten Online Pure Playern an Boden. Das Internet hat die Wettbewerbssituation im Handel grundlegend verändert. Neue Maßstäbe in punkto Service und Auswahl wurden gesetzt – der stationäre Handel ist unter Druck. Die Konkurrenz des Augsburger Einzelhandels findet sich heute oft nicht mehr drei Straßen weiter, sondern in Hamburg, London oder in den USA. Eine erfolgreiche Einzelhandelsstrategie und Innenstadtentwicklung müssen diesen Fakt zur Kenntnis nehmen.

Folge dieses Wandels ist eine Veränderung des Liefer- und Logistikverkehrs. Während früher ein großer Anteil des Lieferverkehrs zwischen Groß- und Einzelhändlern, also B2B stattfand, steigt heute der Anteil von B2C-Lieferungen enorm. Dies hat zur Folge, dass der Lieferverkehr, der ursprünglich schwerpunktmäßig auf die “Einzelhandelszentren”, wie die Innenstädte konzentriert war, sich jetzt durch die direkte “Endverbraucherlieferung” in und über die ganze Stadt verteilt. Dies führt zu einer enormen Steigerung des Liefer- und Logistikverkehrs in der Stadt. Hinzu kommt, dass der lokale Einzelhandel in punkto Service mit den Online Pure Playern mithalten muss, hierbei ist die Lieferung von Waren bis vor die Haustüre ein wichtiger Punkt. Auf diese Entwicklungen müssen wir als Stadt reagieren und entsprechende Voraussetzungen sowohl für einen umweltfreundlichen Lieferverkehr, als auch für die notwendigen Serviceleistungen des Augsburger Einzelhandels schaffen. Aufgrund des Digitalisierungswandels im Einzelhandel, kombiniert mit den Veränderungen der Mobilität, hat der Lieferverkehr in der Stadt massiv zugenommen. Die Folgen sind u.a. zugeparkte Radwege, generelle Zunahme von Verkehr sowie mehrfaches Anfahren von Endkunden und damit die Zunahme von Emissionen. Die erleichterte und kostengünstige Lieferung von Einkäufen nach Hause hat somit ein großes Potenzial für ein verändertes, nachhaltiges Mobilitätsverhalten, bei dem eine verringerte Nutzung von Kraftfahrzeugen nicht als Verzicht, sondern als Bereicherung wahrgenommen wird.

Deshalb ist es unbedingt nötig, den aktuellen Veränderungs- und Anpassungsprozess zu begleiten und nachhaltig zu gestalten. Um weiterhin lebenswert, handlungs- und konkurrenzfähig zu bleiben, muss die Stadt Augsburg verstärkt neue Technologien nutzen und eine Digitalisierungs- und Logistikoffensive starten.
Daher stellen die CSU-Stadtratsfraktion, Bündnis 90/DIE GRÜNEN und Generation Aux folgenden Antrag:

Die Verwaltung wird beauftragt:

  1. das bestehende „Shop and Drop“ Konzept über 2020 hinaus weiterzuführen und auszubauen. Hierfür soll die bestehende Förderung mindestens weitergeführt, wenn nicht sogar erweitert werden. Zu prüfen sind eine Ausweitung des Liefergebiets, samt der zu erwartenden Effekte und möglicher Finanzierungsoptionen.
  2. die Entwicklung und Umsetzung einer gemeinsamen, funktionalen digitalen „Augsburg-Plattform“ zu prüfen, um den Augsburger Einzelhandel zu vernetzen, sich zu präsentieren und dort eigene Onlineshops anbieten zu können. Auf dieser Plattform sollen Einkäufe in unterschiedlichen Läden sowie Bezahlvorgänge abgewickelt werden können. Die Plattform soll perspektivisch auf weitere Branchen und Dienstleistungen erweiterbar werden. Der Stadtmarkt soll hier ebenfalls einbezogen werden.
  3. ein alternatives und damit nachhaltigeres Konzept zur Anlieferung der “Letzten Meile” zu erarbeiten, in dem Microdepots zum Warenumschlag von LKW auf Rad/Lastenrad oder E-Mobilität sowohl für die Innenstadt, als auch für ausgewählte Standorte in den Stadtteilen dargestellt werden.
  4. die Umsetzung des Konzepts der „Letzte Meile Delivery“ zu prüfen, um den Wirtschaftslieferverkehr zu reduzieren. Hierbei sollen insbesondere auch Optionen geprüft werden, um entsprechende „Cityhubs“, also gebündelte Lager- und Auslieferungsmöglichkeiten, für die Anlieferung und Abholung der “Letzten Meile Delivery” zu realisieren und eventuell Public-Private Partnerships einzugehen.
  5. zu prüfen, wie dieses Konzept auch zur Stärkung von einzelnen Stadtteilen funktionieren kann (dezentrale Läden, dezentrale Auslieferung)
  6. einen Dialog mit Expert/innen aus den verschiedenen betroffenen Branchen (Logistiker wie zum Beispiel Fahrradkuriere, Paketdienstleister und andere, Immobilienbesitzer/innen, Vertreter/innen der Einzelhändler usw.) zu führen und sich damit Expertenwissen als Grundlage anzueignen.
  7. zu prüfen, ob die Stadt Augsburg sich zur Unterstützung dieser Maßnahmen beim „Programm zur Förderung der städtischen Logistik“ des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) oder bei anderen Projektträgern um entsprechende Fördermittel bewerben kann.
  8. zu prüfen, wie das Stadtmarketing und Regio Augsburg dabei einzubinden sind.

Begründung

Die aktuellen Herausforderungen für den stationären Einzelhandel kann der Augsburger Handel nicht einzeln und für sich lösen. Um hier eine konkrete Wirkung zu erzielen, den “Klick” in der Stadt zu lassen und eine deutliche Verbesserung zu erreichen, ist ein vernetztes, gesamtstädtisches Handeln notwendig. Ein/e Händler/in alleine kommt gegen die Vielfalt der Online Pure Player nicht an. Eine ganze Stadt schon.

Deshalb ist ein entsprechendes Vorgehen durch die Wirtschaftsförderung der Stadt Augsburg zu koordinieren und zu unterstützen. Ein hybrides Angebot – eine lebendige Innenstadt mit der Möglichkeit direkt zu kaufen kombiniert mit Online Service und einem innovativen örtlichen Lieferkonzept – birgt zudem ein beachtliches Potenzial, um die Innenstadt für einen lebendigen Einzelhandel attraktiv zu halten und zugleich ein nachhaltiges Mobilitätsverhalten zu befördern.

 

Beteiligte Personen