Menschen treiben in Augsburg seit über 2000 Jahren Handel. Die Rahmenbedingungen hierfür haben sich immer wieder verändert. Auf die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Märkte folgte um 1900 das – anfangs unter anderem aus antisemitischen Motiven heraus heftig bekämpfte – Kaufhaus. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann die Umgestaltung im Sinne einer „autogerechten Stadt“, gefolgt von einem steigenden Bewusstsein für eine in Kleinteiligkeit, Mischung, Fahrrad- und Fußgängerfreundlichkeit zum Ausdruck kommende Aufenthaltsqualität. Augsburg, einst Standort von vier Warenhäusern, muss nun die Weichen für eine Zeit stellen, die von der Abwesenheit dieses großen Ankers und eine sinkende (nicht: verschwindende) Bedeutung des stationären Einzelhandels als Motiv für den Aufenthalt in der Innenstadt geprägt sein wird. Andere Funktionen, wie etwa Bildung, Kultur, Gastronomie, Spielen, Erholung und Wohnen werden hingegen an Bedeutung gewinnen. Die Bevölkerung ist hierbei mental sehr viel weiter als manche denken. So benennen im Rahmen der regelmäßigen Erhebung der CIMA sehr viel mehr Menschen Gastronomie, Grünflächen und Aufenthaltsqualität als Kennzeichen einer attraktiven Innenstadt als Parkplätze.

Ein gutes Stück weit steuern Marktmechanismen die Struktur der City. Die öffentliche Hand hat jedoch eine enorme Verantwortung, hier durch das Setzen von Rahmenbedingungen steuernd einzugreifen. Öffentliches Engagement kann hierbei nur öffentlichen Mehrwert zum Ziel haben, das heißt die Kommune kommt da ins Spiel, wo das Zusammenspiel privater Akteure nicht die erwünschten Ergebnisse zeitigt. 

Zu den Bausteinen einer Innenstadtstrategie zählen aus Sicht der GRÜNEN-Stadtratsfraktion:

  • Spiel- und Sportmöglichkeiten machen die Innenstadt attraktiv für Familien mit Kindern, Jugendliche und Sportbegeisterte jeden Alters. Die Neuanlage und Erweiterung der Spielmöglichkeiten, z.B. durch die Einrichtung eines neuen Innenstadtspielplatzes auf dem Zeugplatz oder in der Annastraße, trägt somit zur Vitalität unserer Stadt bei. Auch Basketballkörbe, Tischtennisplatten, Spielfeld für Ballsportarten usw. könnten vermehrt in der Kernstadt eingerichtet werden, ebenso wie kostenfreie Sitzgelegenheiten ohne Konsumzwang für alle Altersstufen.
  • Eine kluge Stadtentwicklungspolitik nimmt die City auch als Wohnviertel in den Blick. Insbesondere für Familien könnte beispielsweise durch kluge Nachverdichtung ein attraktives Wohnumfeld geschaffen werden. Aber auch für Seniorinnen und Senioren, die ihren Lebensabend bewusst im quirligen Zentrum der Stadt verbringen wollen, sollten entsprechende Angebote bereitstehen. Seniorenwohnen und Einrichtungen für Menschen mit Behinderung lassen sich durchaus auch im Innenstadtbereich anbringen.
  • Sowohl Wohn- als auch Einzelhandelsstandorte profitieren von einer guten Betreuungslandschaft. Freiwerdende Handelsflächen bieten sich auch als Standorte von Kitas und Horten an. Stundenweise buchbare Betreuung an den Wochenenden wäre ein Alleinstellungsmerkmal, das Eltern auf der Grünen Wiese nicht vorfinden.
  • Nicht nur Autofahrerinnen und Autofahrer kaufen ein. Auch wer mit dem (Lasten-) Rad unterwegs ist, konsumiert. Die Innenstadt ist durch die vielen, teils überraschend kostengünstigen, Parkhäuser per Auto gut erreichbar. Die Stadtpolitik sollte daher insbesondere dafür sorgen, dass die City dank eines dichten Radwegenetzes und vielen (überdachten) Abstellplätzen auch mit dem Fahrrad gut erreicht werden kann. Die Zielsetzung der Mobilitätsdrehscheibe, über Hauptbahnhof und Königsplatz den Menschen in Stadt und Region gute Bus- und Bahn-Verbindungen von und in die Innenstadt zu bieten, ist beherzt zur verwirklichen. Nicht von ungefähr zeichnen sich große Einkaufsstädte wie München, Frankfurt, Hamburg oder Berlin durch exzellente S-Bahn-Netze aus. Sich sicher und gern zu Fuß in der Innenstadt bewegen zu können muss das klare Ziel städtischer Verkehrspolitik sein. 
  • Innovative Logistik-Lösungen können eine Schlüsselfunktion ausüben und verdienen daher Aufmerksamkeit und Förderung. Die Option einer kostengünstigen, zeitnahen Lieferung der in der Innenstadt getätigten Einkäufe nach Hause erhöht Flexibilität und Spontaneität und hat das Potenzial, deutlich mehr Menschen dazu zu bewegen, die Innenstadt ohne das eigene Auto aufzusuchen. Auch existierende Angebote wie das Swaxi können eine entsprechende Funktion erfüllen und sollte von Stadt und Handel stärker in das Bewusstsein der Kundschaft gerückt werden.   
  • Der kulturell-kreative Sektor hat ein enormes Potenzial für eine attraktive Innenstadt. Kreativwirtschaftlich genutzte Flächen, Kunsthandwerk, Kreativwerkstätte, Leseecken und -clubs und viele andere Angebote mehr können für eine Atmosphäre sorgen, wie sie kein Speckgürtel-Gewerbegebiet bereithält. Hierzu zählen auch Experimentierflächen für innovative Ideen und Gründungen. Die städtische Kultur- und Wirtschaftsförderung sollte diese Zielsetzung stärker berücksichtigen.
  • Abendöffnung und Marktsonntage können zur Attraktivität des Einzelhandelsstandortes beitragen und die Ausstrahlung in die Region erhöhen. Die Stadt sollte daher in Abstimmungen mit dem Handel unter anderem von den neuen landesgesetzlichen Regelungen Gebrauch machen, die unter anderem an acht Tagen im Jahr die anlasslose Öffnung der Geschäfte über 20 Uhr hinaus erlauben. Digitale Kleinstverkaufsstellen sind eine gute Ergänzung der bisherigen Geschäftswelt und sollten daher befördert anstatt ausgebremst werden.
  • Ein lebendiges Quartier zeichnet sich durch eine bunte Durchmischung aus. Das gilt auch für die Innenstadt. Städtische Planungsmaßnahmen müssen daher unbedingt auf eine vielfältige Geschäfts- und Wohnlandschaft hinwirken, die kleine und größere, inhabergeführte Läden und Filialbetriebe umfasst und Menschen aller Einkommensstufen und Bildungsgrade ein Zuhause bietet.  
  • Auch die Verfügbarkeit städtischer Dienstleistungen kann die Attraktivität einer Innenstadt erhöhen. Wenn etwa freiwerdende Gewerbeflächen zur Dokumentenausgabe genutzt werden, kann der Behördenhang mit dem Bummel oder dem Einkauf verbunden werden.
  • Der Stadtmarkt muss integraler Bestandteil jeglicher konzeptionellen Überlegungen sein. Auch dort geht die Verkaufsfläche tendenziell zu einer stärker durchmischten und zunehmend Gastronomie-geprägten Nutzung zurück. Gerade für kulturell und kreative Angebote eignet sich der Stadtmarkt besonders. Die Möglichkeit, die Geschäfte abends und samstags länger zu öffnen, würde den Markt für neue Zielgruppen (z.B. Tourist*innen) attraktiver machen.