— geführt von Michael Rill
Hallo Herr Erben. Als einziger Referent von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Stadtregierung standen Sie bei unterschiedlichen Themen quasi mit Amtsantritt schon im Feuer. Man denke nur an das Thema Beweidung in der Wolfzahnau, die Startschwierigkeiten in der Kresslesmühle le, die Friedhofsaffäre oder das Thema Baumfällungen. Würden Sie im Rückblick einige Dinge anders machen, als Sie es getan haben?
Das klingt ja nach Einzelkämpfer. So war es aber nicht. Gestützt von einer gestärkten Grünen Fraktion und in guter Zusammenarbeit mit meiner Verwaltung und mit der Kollegin und den Kollegen in der Stadtregierung habe ich Strukturen aufgebaut, um die Themen Umwelt, Nachhaltigkeit und Migration voran zu bringen. In der Wolfzahnau hat sich die Aufregung gelegt, die schottischen Hochlandrinder fressen sich satt und treiben ganz nebenbei Naturschutzarbeit. Seit April läuft es rund mit der neuen Gastronomie in der Müh- le, es ist ein Wohnzimmer für Esskultur entstanden. Beim Nordfriedhof wird von der Staatsanwaltschaft immer noch ermittelt, das liegt nicht in meiner Hand. Allerdings habe ich sehr schnell stadtinterne Ermittlungen beauftragt und Personal umgesetzt.
2014 wurde von vielen, auch von einigen Grünen Mitgliedern, kritisiert, dass die GRÜNEN diese Regierungskonstellation eingehen, obwohl CSU und SPD damals und heute auch eine eigene Mehrheit haben und die GRÜNEN als dritten Partner überstimmen können. Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit in der Kooperation in den vergangenen Jahren und warum ist es wichtig einen GRÜNEN Umweltreferenten zu haben?
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Augsburg haben 2014 mit klarer Mehrheit entschieden, sich an der Stadtregierung zu beteiligen um Impulse zu geben wie unsere Stadt zukunftsfähig wird. Wir haben mit CSU und SPD eine Kooperationsvereinbarung ab- geschlossen und arbeiten jetzt daran, die dort formulierten Ziele umzusetzen. Ohne uns GRÜNE wären die Zukunftsleitlinien zur nachhaltigen Entwicklung der Stadt zwar im Stadtrat durchgewunken worden, so wurden sie intensiv in Verwaltung, Politik und Stadtgesellschaft diskutiert. Wir werden darauf achten, dass sie wichtige Orientierung bei Entscheidungen des Stadtrats sind und damit Klima- und Naturschutz, die offene und vielkulturelle Stadtgesellschaft, der Ausbau von ÖPNV und Radverkehr, gesunde Luft und gute Lebensqualität umgesetzt werden. Deshalb war mir auch wichtig, dass in den nächsten zwei Jahren bei allen Beschlüssen im Stadtrat und den Fachausschüssen von der Verwaltung eine Einschätzung abgegeben wird, ob die jeweilige Entscheidung den Zukunftsleitlinien entspricht oder nicht.
Was ist seit Ihrem Amtsantritt in Angriff genommen worden? Was waren aus Ihrer Sicht die politischen Erfolge seit 2014?
In den ersten drei Jahren meiner Amtszeit habe ich in meinen drei Kernthemen wichtige Grundlagen geschaffen für die weitere Arbeit. Die Diskussion über und die Verabschiedung der Zukunftsleitlinien für eine nachhaltige Entwicklung Augsburgs waren eine wichtige Grundlage. Die Durchführung und das Ergebnis des nach ökologischen und nachhaltigen Kriterien ausgerichteten Architektur-Wettbewerbs für das Umweltbildungszentrum und die Absicherung des Projekts im Investitionsplan der Stadt sind Meilensteine für die Stärkung der Umweltbildungsarbeit in unserer Stadt. Mit dem Beschluss des Stadtrats zum Klimaprogramm 2020 wurde die Grundlage gelegt für die Ausweitung der Klimaschutzaktivitäten der Stadt im Dialog mit der Stadtgesellschaft. Die Klimaschutzarbeit hat eine klare Struktur und konkrete Projekte.
Gerade im Bereich Migration/Integration, der Ihrem Referat neu zugeordnet wurde, sind die Erwartungen an Sie hoch. Wie sieht in diesem Bereich die Bilanz aus, wo soll es hingehen?
Migration ist eine Querschnittsaufgabe und sie ist eine Herausforderung für die gesamte Stadtgesellschaft. Auch hier sind arbeitsfähige Strukturen wichtig. Die Migrationsarbeit der Stadt wurde mit der Verdopplung des Personals im Büro für Migration deutlich ausgebaut. So konnte die interkulturelle Öffnung der Verwaltung als wichtige Grundlage für eine gelingende Integration in Angriff genommen werden. Über 90 städtische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden schon geschult. Und in Zeiten hoher Flüchtlingszahlen im vorletzten Jahr konnte das Büro für Migration wichtige Unterstützung und Information leisten. Mit dem neu zusammengesetzten Integrationsbeirat und einer besseren Struktur habe ich eine gute Grundlage geschaffen um in den nächsten Monaten ein Integrationskonzept zu erarbeiten, mit der Stadtgesellschaft zu diskutieren und in der Stadt umzusetzen. Mein Ziel ist es, die bestehenden gut funktionieren- den Integrationsangebote zu stärken, wo nötig besser zu vernetzen und neue Angebote wie z.B. die Bildungsberatung für neu Zugewanderte zu schaffen.
Mit Ihrer Arbeit als Grüner Referent werden unweigerlich auch zukünftige Wahlergebnisse der GRÜNEN in Augsburg direkt oder indirekt verbunden. Bis zum Ende der Stadtratsperiode sind es noch weitere drei Jahre. Welche Projekte wollen Sie bis 2020 noch vorantreiben? Wo sind Ihre Schwerpunkte, mit denen Sie für die GRÜNEN punkten wollen?
Nachdem die Pläne für ein ökologisch vorbildliches Umweltbildungszentrum jetzt vorliegen, geht es in den nächsten zwei Jahren um die Umsetzung, den Baubeginn und den Ausbau von Umweltbildungsangeboten. Ich will diesen Bereich nicht nur mit einem neuen ökologisch vorbildlichen Haus sichtbar machen. Ich bin vom Stadtrat auch beauftragt Umweltbildung bzw. Bildung für Nachhaltige Entwicklung zu stärken und besser zu koordinieren. Ein weiteres Bauvorhaben wird in den nächsten drei Jahren realisiert werden: Das neue Wertstoff- und Straßenreinigungsdepot Süd für den aws in Haunstetten. Wenn alles nach Plan läuft, wird im Frühsommer 2018 Baubeginn sein. Es wird ein kundenfreundliches und modernes Depot für die Wertstoffsammlung entstehen. Aber auch dieser Bau wird ein Beispiel sein für eine besonders energieeffiziente und ökologische Bauweise. Mit Erdwärme werden die Gebäude geheizt oder gekühlt, eine Solaranlage erzeugt den notwendigen Strom und alles zusammen ergibt ein Energie-Plus Haus. Damit passt diese Anlage zum neuen Claim des aws: Umwelt. Bewusst. Sein. Gemeinsam mit dem Landschaftspflegeverband werden wir die Beweidung von wert- vollen Flächen im Stadtgebiet mit Rindern, Schafen und Ziegen ausbauen und so den Naturschutz stärken. Zum Thema Baumschutz werde ich im Juli einen Leitfaden vorlegen. Der wurde in den letzten Monaten auf meine Veranlassung hin innerhalb der Verwaltung intensiv diskutiert. Zum ersten Mal wird ein abgestimmtes Verfahren zum Baumschutz fest- gelegt. Aktuelle Ereignisse am Bahnhof und in der Holbeinstr. machen aber deutlich, dass ein Leitfaden alleine nicht ausreicht. Ich werde den Gremien die Verschärfung der Baumschutzverordnung vorschlagen mit der klaren Botschaft, dass unsachgemäßer Umgang mit Bäumen teuer kommen kann. Ein ganz persönliches aber auch politisches Anliegen ist mir der Ausbau der Elektromobilität. Seit Dienstantritt als Referent bin ich über 7000 km auf meinem E-Bike in der Stadt unterwegs. Zum Thema wird im Herbst ein gerade ausgeschriebenes Konzept vorliegen. Ein Teil der Verkehrswende muss mit E-Mobilität aus regenerativ erzeugtem Strom bewerkstelligt werden. Das ist gut für die Luftqualität und E-Mobilität ist ein wichtiger Beitrag für den Klimaschutz. Mit einer aufsuchenden und unabhängigen Energieberatung in verschiedenen Stadtvierteln werden wir vermitteln, was jede und jeder Einzelne zum Klimaschutz beitragen kann.
Wollen Sie 2020 weiter machen bzw. wo sehen Sie sich im Mai 2020?
Was 2020 ist, wird 2020 entschieden. Ich bin auch die nächsten drei Jahre zuständig für wichtige Querschnittsaufgaben in dieser Stadt. Daran werde ich mit viel Engagement und Freude arbeiten.
dieses Interview und mehr in der Sonderausgabe Stadtgrün 2017