Status: in Bearbeitung

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,

Augsburg ist eine Stadt mit vielen kulturhistorisch bedeutsamen Gebäuden und Ensembles. Ihr Schutz muss hoch priorisiert werden, denn sie haben identitätsstiftende sowie touristische Bedeutung und sollen für künftige Generationen erhalten bleiben. Doch Denkmalschutz muss auch mit anderen gesellschaftlichen Belangen in Einklang gebracht werden. Eine eindimensionale und statische Betrachtung kann den komplexen Anforderungen der Gegenwart nicht gerecht werden. Der Einbau von Brandschutztüren etwa ist gängige Praxis, auch wenn Brandschutztüren nie denkmalgerecht sind. Mit der “Richtlinie für Photovoltaik- und Solarthermieanlagen im Denkmalbereich” hat die Stadt Augsburg einen Weg gefunden, Klimaschutz und Denkmalschutz aufeinander abzustimmen und damit bayernweit Pionierarbeit geleistet. Auch bei der Klimawandelanpassung im Denkmalbereich gibt es mitunter Interessenskonflikte, die angesichts der voranschreitenden Klimakrise nicht einseitig zugunsten des Denkmalschutzes entschieden werden dürfen, denn durch dichte Bebauung und einen hohen Versiegelungsgrad sind gerade Städte von den Folgen des voranschreitenden Klimawandels besonders stark betroffen (z.B. Hochwasserrisiko, Hitzeinseleffekt). Daraus ergibt sich für die Bevölkerung eine existenzielle, absehbar zunehmende gesundheitliche und ökonomische Bedrohung. Notwendige Gegenmaßnahmen dürfen nicht am Denkmalschutz scheitern, denn Augsburg soll auch eine bewohnbare Stadt sein und bleiben.

Vor diesem Hintergrund stellen die Stadtratsfraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CSU folgenden Antrag:

1. Die Verwaltung wird beauftragt, Richtvorgaben für die Beurteilung von Klimawandelanpassungsmaßnahmen im Bereich von Einzelbaudenkmälern und Ensembles zu erarbeiten. Hierbei sind für Klimawandelanpassungsmaßnahmen wie z.B. Entsiegelung, Baumpflanzungen, Dach- und Fassadenbegrünungen oder Außenjalousien Leitlinien zu entwickeln, durch die eine Verbesserung der Klimaresilienz im Einklang mit den situativ geltenden Anforderungen des Denkmalschutzes ermöglicht wird. Dabei ist darauf zu achten, im Denkmalschutzrecht angelegte Beurteilungs- und Ermessensspielräume im Verwaltungsvollzug weitestmöglich zugunsten der Klimaresilienz zu nutzen.

2. Die Verwaltung wird beauftragt, die Bevölkerung durch geeignete Informationsangebote über mögliche Klimawandelanpassungsmaßnahmen im Denkmalbereich aufzuklären. Darüber hinaus soll geprüft werden, ob es für denkmalgerechte bauliche Klimawandelanpassungsmaßnahmen passende Fördermöglichkeiten gibt.

3. Die Stadt Augsburg soll sich auf Landesebene dafür einsetzen, dass in das Bayerische Denkmalschutzgesetz analog zu den Regelungen für Maßnahmen zur Gewinnung erneuerbarer Energien für den Energiebedarf im Baudenkmal und für die energetische Gebäudeverbesserung in Art. 6 Abs. 2 S. 3 BayDSchG auch für Klimawandelanpassungsmaßnahmen eine entsprechende Vorrangklausel eingefügt wird.

Begründung:

Es liegt im Interesse der Stadtbevölkerung, den Einfluss der Klimakrise im Stadtgebiet nach Möglichkeit zu begrenzen. Dicht bebaute Bereiche wie die Innenstadt oder Stadtteile wie Lechhausen sind vom Klimawandel besonders stark betroffen. Aber auch außerhalb dieser Bereiche können die Belastungen enorm sein.

Zu 1.: Wirksame Klimawandelanpassungsmaßnahmen müssen auch im Denkmalbereich möglich sein. Die Verwaltung soll daher unter Einbeziehung relevanter Akteur*innen wie der Unteren Denkmalschutzbehörde Richtvorgaben für die Beurteilung von Klimawandelanpassungsmaßnahmen im Bereich von Einzelbaudenkmälern und Ensembles erarbeiten. Dabei sollen vorhandene Entscheidungsspielräume weitestgehend zugunsten der Klimaresilienz genutzt werden.

Zu 2.: In vielen Fällen gibt es bereits denkmalschutzkonforme Klimawandelanpassungsmaßnahmen. Um historische Bausubstanz nicht zu gefährden, kann Fassadenbegrünung beispielsweise in Form von Spalierbäumen realisiert werden. Eine effiziente außenliegende Verschattung ist je nach Bautypus durch Fensterläden oder Jalousien hinter geprägten Schabracken auch im Denkmalbereich möglich. Die Bevölkerung soll durch geeignete Informationsangebote (Broschüre, individuelle Beratung etc.) über denkmalschutzkonforme Klimawandelanpassungsmaßnahmen und entsprechende Fördermöglichkeiten aufgeklärt werden, da denkmalgerechte Lösungen häufig hohe Kosten verursachen.

Zu 3.: Die Stadt soll sich außerdem dafür einsetzen, dass auch der gesetzliche Rahmen (Bayerisches Denkmalschutzgesetz) an die aktuelle Bedarfslage angepasst wird und Klimaresilienz gemäß ihrer außerordentlichen Relevanz gewichtet wird.
An dieser Stelle muss aber auch betont werden, dass sich Klimaresilienz und Denkmalschutz keineswegs ausschließen, sondern durchaus voneinander profitieren können. Klimawandelanpassungsmaßnahmen können ein Ensemble z.B. durch die Ausbildung von Sichtachsen bei der Bepflanzung (mit ensemblegerechten Baum- und Straucharten) optisch aufwerten. Entsiegelung und Begrünung schaffen Retentionsräume und schützen auch die historische Bausubstanz vor Wasserschäden. Eine durch die Untere Denkmalschutzbehörde angeordnete denkmalgerechte Entsiegelung von Vorgärten wie im Thelottviertel dient unmittelbar der Klimaresilienz.

Beteiligte Personen