Status: in Bearbeitung

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

in Deutschland existiert ein ausgeprägter Zusammenhang zwischen Bildungserfolg und sozialer Herkunft. Dies gilt nach wie vor, obwohl es in den vergangenen Jahren seit der Pisa-Debatte erhebliche Bemühungen gegeben hat, mehr Chancengerechtigkeit herzustellen. Vor dieser Herausforderung stehen selbstverständlich auch weiterhin die Stadt Augsburg und insbesondere die Einrichtungen der kommunalen Bildungslandschaft Augsburgs. Bestehende gute Initiativen in Augsburg gilt es daher zu stärken, kontinuierlich weiterzuentwickeln und ggf. durch neue Ansätze zu ergänzen. Ein Instrument ist dabei eine gezielte Ressourcensteuerung via Indizes.

Wir stellen daher folgenden
Antrag:

Die Stadt Augsburg organisiert im Rahmen des Programms Augsburger Bildung gemeinsam verantworten ein Hearing zum Thema „bedarfsorientierte Verteilung der Ressourcen anhand von Sozial- und Bildungsindizes“, das sich an Verwaltung, Politik und Stadtgesellschaft gleichermaßen richtet. Eingeladen werden sollen dazu zum einen Beispielkommunen oder –länder, um deren Modelle vorzustellen und zu diskutieren, zum anderen AutorInnen von Studien zu dieser Thematik.
Begründung:

Die soziale Schichtung in einer Sozial- und Bildungsregion hat nicht nur Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Schülerschaft, auf das Lernumfeld der Bildungsorte, sondern auch auf Bildungsteilhabe sowie Bildungserfolg der Kinder und Jugendlichen in Augsburg. Dies haben auch die zwei Augsburger Bildungsberichte und der Sozialbericht verdeutlicht. Nur zwei Zahlenbeispiele zeigen, dass in Augsburg höchst unterschiedliche Voraussetzungen für eine Bildungskarriere und damit für den individuellen Bildungserfolg gegeben sind:

  • Bei den unter 18-jährigen liegt der Anteil derjenigen mit Migrationshintergrund in Bergheim bei 20,4%. In Links der Wertach-Nord liegt dieser Anteil bei 84,7%.
  • Die Arbeitslosenquote in Bergheim liegt bei 1,2%, in Links der Wertach-Nord bei 9,5%.

Augsburg versucht daher mit diversen Maßnahmen, den Kindern und Jugendlichen überall gleiche Chancen zu ermöglichen und den unterschiedlichen Bedarfen gerecht zu werden. Eine dieser Maßnahmen ist die Jugendsozialarbeit an Schulen. Eine Steuerung dieser Ressourcen erfolgt dabei via Bildungsindex und Hilfen zur Erziehung.

Bildungs- und Sozialindizes können dazu dienen, die Rahmenbedingungen zu ermitteln, innerhalb derer Bildung stattfindet. Sie können und sollten die Basis sein, auf der Ressourcen bedarfsorientiert gesteuert und verteilt werden. Diverse Kommunen und auch Bundesländer setzen daher in unterschiedlicher Weise und in unterschiedlichem Ausmaß bereits seit einiger Zeit eine gezielte Ressourcensteuerung um. So haben zum Beispiel Hessen, Hamburg und NRW auf Basis eines Sozialindex eine zusätzliche Verteilung von pädagogischem Personal eingeführt. Mittlerweile sind auch mehrere Studien zu dieser Thematik vorhanden wie “Schulsegregation messen. Sozialindex für Grundschulen” des Zentrums für interdisziplinäre Regionalforschung und der Bertelsmann Stiftung, “Ungleiches ungleich behandeln. Standortfaktoren berücksichtigen – Bildungsgerechtigkeit erhöhen – Bildungsarmut bekämpfen” der GEW NRW oder “Ungleiches ungleich behandeln! Wege zu einer bedarfsorientierten Schulfinanzierung” des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration.

Ergebnisse dieser Studien und Erfahrungen anderer Kommunen könnten für Augsburg in einem Hearing vorgestellt werden und dabei einen Beitrag dazu leisten, die Anwendung der Bildungs- und Sozialindizes in Augsburg weiterzuentwickeln und damit Ungleichheiten in den verschiedenen Stadtvierteln noch mehr Rechnung zu tragen. Sinnvoll wäre dabei ein ganzheitliches Konzept, das die höchst unterschiedlichen Voraussetzungen an den Schulen, aber auch an Kindertagesstätten und außerschulischen Lernorten berücksichtigt und anhand der Bildungs- und Sozialindizes auch konkret steuernd eingreift. Ziel ist es dabei, mit einem bedarfsgerechten und zielorientierten (und damit auch zugleich effizienten) Mitteleinsatz gleiche Bildungschancen zu erreichen.

Mit freundlichen Grüßen

Martina Wild
Fraktionsvorsitzende
Mitberichterstatterin Bildungsausschuss

Beteiligte Personen