Wofür lernen wir eigentlich? Und wann haben wir genug gelernt? Wir finden: Man lernt nie aus! Bildung schärft den Blick auf die Welt, vergrößert Handlungsspielräume, öffnet Türen und ermöglicht Teilhabe – ein Leben lang. Deshalb sind Angebote jenseits formaler Bildung so enorm wichtig! Institutionen wie die Volkshochschule (vhs), die Stadtbücherei und Bildungsmittelpunkte spielen dabei eine zentrale Rolle und leisten einen wertvollen Beitrag für mehr Bildungsgerechtigkeit.

Die Auffassung, dass die Welt sich permanent verändert und man ständig dazulernen muss, um schritthalten zu können, war bereits in der Antike verbreitet. Vor mittlerweile über 20 Jahren forderte die EU im Rahmen eines „Memorandums zum lebenslangen Lernen“ dazu auf, erwachsenen Bürger*inne u. a. durch Bildung “vor Ort” Lernen besser zu ermöglichen. Wir GRÜNE nehmen diesen Auftrag ernst und fördern außerschulische Bildungseinrichtungen. Die vhs, die Stadtbücherei mit ihren Stadtteilbüchereien und Bildungsmittelpunkte stehen allen Bürger*innen offen und sind somit inklusive, diversitätsorientierte Entfaltungsräume, die durch niederschwellige Angebote Lücken schließen und Chancengerechtigkeit fördern.

Auch im Hinblick auf unser Grünes Paradigma der „Stadt der kurzen Wege“ wollen wir eine gut funktionierende Bildungsinfrastruktur in den Stadtteilen schaffen und vorhandene Strukturen konsequent weiterentwickeln. Ein Blick nach Lechhausen zeigt, wohin die Reise unter anderem gehen soll: Die Ende 2020 eröffnete Stadtteilbücherei bietet mit ihrem ansprechenden Neubau ganz neue Chancen. So konnte dort im September die „Open Library“ an den Start gehen. Das bedeutet konkret: pro Woche 21 Stunden mehr Zeit, um sich in den Räumen aufzuhalten. Ohne Servicepersonal, nur mit dem eigenen Mitgliedsausweis, kann die Bücherei betreten werden, um Zeitschriften, Zeitungen und Bücher zu lesen oder auszuleihen, sich zu treffen und auszutauschen oder einen der Arbeitsplätze inklusive W-LAN zu nutzen – ein wichtiger Schritt in Richtung kundenorientierter Flexibilität. Die Bücherei wird so für mehr Menschen zu einem einladenden, inspirierenden nicht-kommerziellen Ort – zum öffentlichen Wohnzimmer im Stadtteil.

Bei der Stadtbücherei und den Stadtteilbüchereien tut sich gerade einiges – nicht zuletzt durch den neuen Bibliotheksentwicklungsplan, der momentan vom Team der Stadtbücherei entwickelt wird. Aber auch die vhs befindet sich mit ihrer neuen Vorständin Marina Bilotta-Gutheil aktuell in einer Weiterentwicklungsphase. Wir haben uns mit ihr zum Gespräch getroffen.

Meinolf Krüger: Im neuen Leitbild der vhs gibt es den schönen Begriff des „Lebensbegleitenden Lernens“. Was bedeutet das für die vhs? Welche Angebote können Sie – auch im Vergleich zu anderen Bildungsträgern – machen?

Marina Bilotta-Gutheil: Die vhs hat ein breites und tiefes Angebot. Sprachkurse werden bei uns verortet. Aber auch in der beruflichen Bildung, den kreativ- und handwerklichen Feldern sind wir präsent. Gesundheit und Vorsorge sind wichtige Themen. Unser Bereich Politik / Gesellschaft / Kultur möchte Aufklärung und unabhängige Information gegen „Fake News“ anbieten. Wir möchten Teil einer Bildungskette sein und gemeinsam mit anderen Akteuren die Menschen von der Kita bis ins Alter begleiten. Wir bieten unabhängige Angebote in allen Lebensphasen. Auch gelang es der vhs durch das Angebot zahlreicher Onlinekurse in allen Bereichen weitere Zielgruppen zu erschließen.

Serdar Akin: Die vhs möchte Menschen mit unterschiedlichen Bildungs- und Herkunftshintergründen mit einem breiten Angebot ansprechen. Mit welchen Programmen gelingt das?

Marina Bilotta-Gutheil: Wir gehen als vhs mit unseren Partnern verstärkt in Drittmittelprojekte. Da gibt es das Programm “WIR” mit individueller und arbeitsmarktorientierter Beratung für Asylbewerber*innen, Geduldete und Geflüchtete mit Aufenthaltserlaubnis. Das Projekt “EhAP Plus” bietet Beratung und Begleitung von besonders benachteiligten EU-Bürger*innen. Digitale Teilhabe und ausgebaute Bildungsmittelpunkte führen zu Möglichkeiten des Kennenlernens. Das erfolgreiche Programm „Stark durch Bewegung “, das sich an Frauen in schwierigen Lebensumständen richtet, wird die vhs in enger Kooperation mit dem Gesundheitsamt weiterführen.

Serdar Akin: Und zusammen mit der Lebenshilfe Augsburg bringt die vhs ein besonderes Programm heraus.

Marina Bilotta-Gutheil: Stimmt. Unser Kursprogramm (eine Auswahl) in einfacher Sprache und großer Schrift ist eigentlich an Menschen mit Behinderung adressiert. Aber wir freuen uns, dass dieses Programm gerade auch von älteren Menschen angenommen wird.

Meinolf Krüger: Ein für die vhs immer wichtiger werdender Bereich wird häufig vergessen…

Marina Bilotta-Gutheil: Die Berufliche Bildung! Die vhs hat zum Beispiel ein breites Angebot im Prüfungsbereich und ist u. a. Prüfungszentrum für Cambridge Zertifikate. Auch digitale Qualifizierung, die sich mit einfacher Sprache (B1) an Menschen mit Migrationshintergrund wendet, die ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern wollen, gehört zu unseren wichtigen Leistungen.

Meinolf Krüger: Wie versuchen Sie, Bildung in die Stadtteile zu bringen?

Marina Bilotta-Gutheil: Unsere Bildungsangebote in Lechhausen und Oberhausen werden sukzessive mit niederschwelligen Angeboten ausgebaut. In enger Zusammenarbeit mit dem Quartiersmanagement wirkt die vhs an der Konzeption eines Nachbarschaftshauses im neu zu entwickelnden Zeuna-Stärker-Quartier mit. Dort schwebt mir etwa ein LESEGARTEN vor. Und in St. Johannes bin ich in Gesprächen über ein „Klanghaus“, in dem Menschen bei Tanz und Musik zusammenkommen. Es gibt noch viele tolle Ideen, die nur darauf warten, umgesetzt zu werden!

Beteiligte Personen