Centerville-Nord war ursprünglich eine Wohnsiedlung für in Augsburg stationierte Angehörige der US-Streitkräfte. Die viergeschossigen Zeilenbauten gruppieren sich um eine etwa 26.700 m² große Freifläche („Weltwiese“), die einst als Baseballplatz genutzt wurde. Nach Abzug der Amerikaner in den 1990er Jahren wurde die Anlage, die insgesamt 344 Wohnungen umfasst, von der Wohnbaugruppe Augsburg (WBG) übernommen* und saniert und wird bis heute sozialverträglich vermietet. Nun soll das Areal besser genutzt und neu bebaut werden.

Bevor das erforderliche Bauleitplanungsverfahren eingeleitet wird, ist ein städtebaulicher und landschaftsplanerischer Realisierungswettbewerb vorgesehen. Am 17.02.2021 hat der Bauausschuss diesem Vorgehen einstimmig grünes Licht gegeben.

Im September 2023 ist ein Gewinnerentwurfs des Realisierungswettbewerbs ausgewählt worden. Mehr dazu im Update (s. unten).

 

Zielsetzung des Bauvorhabens

  • Das zentrale Anliegen ist die Schaffung neuen Wohnraums. Durch eine Neubebauung der Fläche können insgesamt rund 1100 Wohnungen geschaffen werden – mehr als eine Verdreifachung des aktuellen Bestands! Insbesondere in Kriegshaber steigt der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum stetig. Darauf müssen wir mit passenden Angeboten reagieren. Auch in Zukunft wird in diesem Quartier geförderter bzw. preisgebundener Wohnraum deutlich überwiegen.
  • Die Bestandswohnungen entsprechen nicht ansatzweise heutigen Standards im Hinblick auf Wohnwert, Energiestandard, Schallschutz, Barrierefreiheit etc. Zudem haben alle 344 Wohnungen 3 bis 4 Zimmer auf 100 m², was für viele Haushalte nicht passend ist.
  • Im neuen Quartier sollen besonders die Bedarfe von Familien, Senior*innen, Alleinerziehenden und Alleinstehenden berücksichtigt werden. Auch eine ambulant betreute Wohngemeinschaft für Senior*innen, eine Tagespflege für Senior*innen, eine Kinderbetreuungseinrichtung und ein Jugendcafé sowie ein Quartiersplatz mit Nahversorgungseinrichtungen, Arztpraxen und kleinen Gewerbeeinheiten sind vorgesehen.
  • Das unmittelbare Wohnumfeld hat ebenfalls großes Entwicklungspotenzial, das entfaltet werden sollte.

Warum werden die alten Gebäude nicht erhalten?

  • Ein Abriss von Gebäuden bedeutet immer auch einen Verlust sog. „grauer Energie“, weshalb grundsätzlich genau geprüft werden sollte, ob der Abriss wirklich notwendig ist. Im Fall von Centerville-Nord hat eine Untersuchung ergeben, dass eine adäquate Modernisierung unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Aspekte nicht möglich ist.
  • Zudem ermöglicht erst eine Neustrukturierung des Areals die Realisierung der genannten Ziele – insbesondere die annähernde Verdreifachung der Wohneinheiten und die Schaffung heterogener, an den Bedarf angepasster Grundrisse. Allein durch Nachverdichtung oder Aufstockung wäre dies im Areal Centerville-Nord nicht möglich. Durch eine andere Anordnung der Gebäude können Bewohner*innen und Besucher*innen zudem besser vor dem Straßenlärm geschützt werden.
  • Mit dem Abriss der Anlage verschwinden auch historische Spuren. Weil diese allerdings in den Nachbarquartieren weiterhin sichtbar sind, halten wir diesen Schritt, v.a. mit Blick auf die dringend gebotene Schaffung neuen Wohnraums, für gerechtfertigt. Es handelt sich um einfache Wohnbebauung, die keinen besonderen kunst- oder architekturhistorischen Wert aufweist und nicht denkmal- oder ensemblegeschützt ist.
  • Übrigens ist auch ein Umzug der Bewohner*innen ohne Zwischenlösung möglich, denn das Bauprojekt soll in mehrere Abschnitte aufgeteilt werden und sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, so dass die Umzüge schrittweise erfolgen können.

Warum soll die “Weltwiese” in Teilen bebaut werden?

Nach dem Integrierten Stadtentwicklungskonzept für Kriegshaber aus dem Jahr 2014 “soll die ‘Weltwiese’ erhalten bleiben bzw. im Fall einer Nachverdichtung in diesem Bereich sollen die Grünbezüge erhalten bleiben”. Aus folgenden Gründen erscheint eine Anpassung dieser Zielsetzung vertretbar bzw. sogar geboten:

  • Die „Weltwiese“ ist momentan eine ungegliederte Rasenfläche mit geringem Mehrwert für Ökologie und Freizeitnutzung. An den Rändern wachsen vereinzelt Bäume.
  • Im Rahmen des landschaftsplanerischen Realisierungswettbewerbs sollen „neue differenziert nutzbare und vielfältige Freiräume mit hoher Aufenthaltsqualität und gleichzeitig ökologischem Nutzen“ geschaffen werden, „die zentral im Wettbewerbsgebiet verortet zur Identifikation mit dem Quartier beitragen“.
  • Zur Steigerung des ökologischen Mehrwerts sollen gezielt Maßnahmen zur Förderung von Biodiversität (z.B. Biotopverbund durch Verknüpfung mit Westpark) umgesetzt werden. Außerdem sollen Flächen entsiegelt und Retentionsräume für Niederschlagswasser geschaffen werden. Der Grünflächenverlust soll also durch eine qualitative Verbesserung kompensiert werden.
  • Von den derzeit ca. 26.700 m² „Weltwiese“ bleiben ca. 22.000 m² erhalten. Der gemessen an der signifikanten Erhöhung des Wohnraumangebots relativ geringe Grünflächenverlust hängt mit einer flächensparenden Bauweise (u.a. maßvolle Erhöhung von Bebauungsdichte und Gebäuden) zusammen.

Mobilitätskonzept

  • Im heutigen Centerville-Nord beanspruchen nach amerikanischem Vorbild eine überbreite Straße und zahlreiche Autostellplätze enorm viel Platz. Künftig soll eine Durchfahrt nicht mehr möglich sein, um die Verkehrsbelastung im Quartier zu verringern. Stattdessen sollen drei bis vier oberirdische Quartiersgaragen den Parkverkehr bündeln. Es gilt ein Stellplatzschlüssel von 0,7 / Wohneinheit.
  • Das Quartier ist über die Buslinie 32 an den ÖPNV angeschlossen. Das Neubauprojekt unterstreicht die Bedeutung der Linie 5, welche Centerville Nord mit Innenstadt, Hauptbahnhof und Universitätsklinikum verbinden wird.
  • Auch Fuß- und Radwegverbindungen sollen ausgebaut werden.
  • Ein angemessenes Sharing-Angebot (Rad, Lastenrad und Auto) soll nachhaltige Mobilität fördern.
  • Nach aktuellem Planungsstand sind 2.300 Fahrradstellplätze vorgesehen. Wie viele Lastenrad-Stellplätze es geben wird, hängt auch von der neuen Stellplatzsatzung ab, die infolge des Vertrags zwischen Stadt und dem Aktionsbündnis “Fahrradstadt jetzt” demnächst zum Beschluss ansteht.

* Auf dem Areal befinden sich außerdem noch zwei Reihenhausgruppen mit 4 bzw. 9 Wohneinheiten in Privateigentum und die katholische Kindertagesstätte „St. Thaddäus“ auf einem von der Stadt Augsburg im Erbbaurecht vergebenen Grundstück.

Update 2023

Wie lief der Wettbewerb?

  • Im Rahmen des städtebaulichen und landschaftsplanerischen Realisierungswettbewerbs wurden 15 Entwürfe eingereicht. Ein Preisgericht hat am 20. September 2023 einen Gewinnerentwurf ausgewählt. Das Preisgericht setzte sich aus Fachpreisrichter*innen sowie Sachpreisrichter*innen und nicht stimmberechtigten sachverständigen Berater*innen zusammen. Protokoll und Ergebnisse des städtebaulichen und landschaftsplanerischen Realisierungswettbewerbs „Centerville-Nord / Weltwiese“ sind online einsehbar. Der erste Platz ging an asp Architekten und Bäuerle Landschaftsarchitektur + Stadtplanung, beide aus Stuttgart.
  • Beurteilt wurden die Entwürfe nach mehreren Kriterien, die sich u.a. auf die Bebauung, Wohnverhältnisse, die Gestaltung der Grün- und Freiräume sowie die Funktionalität und Qualität der öffentlichen und privaten Verkehrs- und Aufenthaltsflächen beziehen. Auch das jeweilige Mobilitätskonzept, Barrierefreiheit, Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit und Energieeffizienz, Lärmminderung sowie die Innovations-, Anpassungs- und Entwicklungsfähigkeit der jeweiligen Konzepte wurden berücksichtigt.

Was zeichnet den Gewinnerentwurf aus?

  • Angesichts von mangelndem Wohnraum eine gute Nachricht: Es sollen rund 1200 neue Wohnungen entstehen, die den neuesten Gebäudestandards und den veränderten Anforderungen an Wohnungen und deren Aufteilung entsprechend gestaltet werden. Die geplanten Wohnungen teilen sich auf in 900 einkommens geförderte Wohnungen, 100 freifinanzierte Wohnungen sowie 200 Wohneinheiten für Student*innen.
  • Das Konzept entwirft um das Gebiet der Weltwiese ein eigenes Quartier, das neben größtenteils drei- bis fünfgeschossigen Gebäuden auch gemeinschaftliche Höfe und Nachbarschaftsplätze, Kitas, einen Jugendtreff, Studentisches Wohnen und ein Seniorenzentrum umfasst und somit einen großen sozialen Mehrwert mit sich bringt.
  • Mit Holzbau, zirkulärem Bauen (die für den Bau verwendeten Rohstoffe können für andere Projekte weiter-/wiederverwendet werden oder sind komplett biologisch abbaubar, sodass kein Abfall entsteht) und einer guten Isolierung gegen Straßenlärm wurden in dem Entwurf Nachhaltigkeit und Wohnqualität zusammengedacht.
  • Die Weltwiese soll zentrales Biotop und Mittelpunkt des neuen Viertels werden. Wenngleich sie verkleinert werden soll, ist eine ökologische Aufwertung Teil des Konzepts. Dadurch wird nicht nur die Artenvielfalt, sondern auch die Aufenthaltsqualität der bisherigen Rasenfläche gesteigert. Eine Verknüpfung zum Reesepark im Osten und Osterfeldpark im Westen ist ebenfalls vorgesehen. Auch können große Laubbäume erhalten werden, Bepflanzungen sollen als grüner Lärmschutz fungieren und die Dächer begrünt werden.
  • Insgesamt wird das Prinzip der Schwammstadt in dem Entwurf umgesetzt. Im Hinblick auf Extremwetterereignisse, die im Zuge des Klimawandels auch in Augsburg zunehmen werden, ist der Entwurf überzeugend: Durch die Bepflanzung wird Hitze vorgebeugt, die Grünanlagen dienen bei hohen Regenmengen als natürliche Auffangbecken (sog. Retentionsflächen). Eine geringe Versiegelung, die vorgesehenen Versickerungsflächen sowie die geplante Nutzung von Grauwasser sind ebenfalls Teil des nachhaltigen Wasserkonzepts.
  • Dem im Wettbewerb ausgeschriebenen Mobilitätskonzept entsprechend ist das Viertel als weitgehend autofreie Zone konzipiert, was einen Boulevard für Fahrradfahrer*innen und Fußgänger*innen im Grünen vorsieht. Die Mobilität beruht auf drei Quartiersgaragen, die an den Eingängen platziert werden sollen und Stellplätze für Pkw und (Lasten-)räder bieten sowie Anlaufstelle für den Lieferverkehr sein werden. Die Quartiersgaragen sind an künftige Entwicklungen in der Mobilität flexibel anpassbar und können entsprechend umgewandelt oder rückgebaut werden. So können bspw. weitere Fahrradstellplätze können in den Mobility Hubs, aber auch an den Gebäuden entstehen.

Wie geht es nun weiter mit dem Areal rund um die Weltwiese?

  • Zunächst muss die Bauverwaltung der Stadt Augsburg gemeinsam mit der für die Gebäude und den Neubau zuständigen WBG einen Bebauungsplan erstellen. Grundlage für den Bebauungsplan ist der Gewinnerentwurf des Realisierungswettbewerbs. Das Stadtplanungsamt muss dabei die Bürger*innen in die Planungen einbeziehen und die Öffentlichkeit informieren. Mehr Informationen zum Verfahrensablauf eines Bebauungsplans sind auf der Homepage der Stadt Augsburg verfügbar.
  • Sobald ein Bebauungsplan vorliegt und beschlossen wurde, kann eine genauere zeitliche Bauplanung erfolgen. Dabei werden die Bewohner*innen stets über die Entwicklungen und nächsten Schritte auf dem Laufenden gehalten.
  • Eines der Kriterien im Wettbewerb war, dass die bisher in den 350 Wohnungen lebenden Menschen dauerhaft eine Bleibe haben. Der Bau beginnt daher auf bisher freistehender Fläche. In die dort neu entstehenden Wohnungen können die Bestandsmieter*innen umziehen. Erst dann werden die alten Wohnblöcke abgerissen und das Areal wird schrittweise neu gestaltet.

Beteiligte Personen